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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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kollektiven Halluzination in Reinform studieren kann. Sie war beispielhaft für einen Sophismus, der Freud in seiner Leugnung noch des geringsten Einflusses von Nietzsches Denken bestärkte. Die Diskutanden Friedmann und Frey steuerten folgenden Paralogismus bei: »Ohne die Freudsche Lehre zu kennen, habe Nietzsche hier vieles daraus empfunden und vorausgeahnt. So den Wert des Vergessens, Vergessen-Könnens, dann daß er die Krankheit als eine übergroße Empfindlichkeit gegen das Leben versteht u. a. m.« ( Protokolle der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung, Bd. II, S. 25)
    Kümmern wir uns nicht um das »u. a. m.«, sondern lieber um das Ausmaß der Verzerrung: Freud als Vorläufer Nietzsches!
    Ungeachtet der historischen Daten fand sich Freud durch eine spektakuläre Umkehrung als Vorläufer Nietzsches wieder! Freud nicht zu kennen, aber vieles daraus zu empfnden ist eine große intellektuelle Leistung! Denn hätte Nietzsche Freud gelesen, bevor er im Wahnsinn versank, hätte er nur zwei oder drei Artikel über die Keimdrüsen der Aale, die Neuronen der Flusskrebse oder das Nervensystem der Fische in Händen gehalten. Von einer Theorie des Vergessens beispielsweise ist darin nicht die
Rede. Und vom »u. a. m.« wollen wir gar nicht erst sprechen. Entgegen jeder grundlegenden Logik wird uns hier beinahe ein von Freud beeinflusster Nietzsche präsentiert, obwohl der gesunde Menschenverstand nur einen von Nietzsche beeinflussten Freud nahelegt.
    Um den Vater Nietzsche zu ermorden, musste man ihn also ignorieren, seine Existenz kleinreden, so tun, als kenne man ihn nicht, oder gar vorgeben, er sei einem gleichgültig, er zähle nichts in unserem Leben. Man konnte ihn auch symbolisch ermorden, indem man ihn durch eine hinterhältig moralisierende Darstellung in Misskredit brachte. So wurde Nietzsche zum Homosexuellen, zum perversen Besucher von Männerbordellen, in denen er sich die Syphilis einfing. Dass es für eine solche sexuelle Neigung bei ihm keinen Beweis gab, war unwichtig. Es genügte, einen weiteren Sophismus in Umlauf zu bringen: Wenn die Homosexualität nicht zutage trat, dann deshalb, weil sie verdrängt wurde und sich in der Folge umso stärker und machtvoller auswirkte. Die zugrunde liegende Logik lautet: Er ist homosexuell, macht aber nicht den Anschein, und zwar weil seine Homosexualität verdrängt ist, und aufgrund dieser weitgehenden Verdrängung hat sie bei ihm einen besonders starken Effekt. Einer solchen Dialektik konnte niemand entfliehen, niemand konnte sich ihrer erwehren. Als Schlussfolgerung aus der Debatte verzeichnet das Protokoll, eine gewisse sexuelle Anomalie liege sicher vor. Gab es dafür Beweise? Die erste Prämisse besagte, Ecce Homo zeuge von einem offensichtlichen Narzissmus; eine zweite, der Narzissmus sei ein offensichtliches Zeichen der Homosexualität. Daraus folgte: Nietzsche war homosexuell.
    Und Homosexualität ist eine Perversion. Nietzsche wurde dargestellt als Perverser, der Männer bezahlte und sich dabei mit Treponema ansteckte; als Mensch, der an einer sexuellen Anomalie litt, als paralysiert und hysterisch; als Unterdrücker der Frauen, als Narzisst. Wie hätte ein solches Monster Freud auch nur im Geringsten beeinflussen können?

    Das dicke Ende kam auch hier zum Schluss. Auf den Vatermord ließ Freud eine Art nette Geste folgen: Nietzsche hätte dennoch ein bisher selten oder gar nicht erreichtes Niveau der Selbstbeobachtung demonstriert. Hatte Freud Augustin gelesen? Oder Montaigne? Oder auch Rousseau? Jedenfalls scheint es, als hätte die nette Geste die Situation zunächst gerettet. Doch das täuscht. Denn in Wahrheit sagte Freud damit, Nietzsche hätte nur subjektive und individuelle Erkenntnisse gewonnen, die für niemanden als ihn selbst galten. Die, mit anderen Worten, uninteressant seien. Freud selbst dagegen entdeckte universelle Wahrheiten.
    Am 21. und 22. September 1911 fand ein psychoanalytischer Kongress in Weimar statt. Zwei der Teilnehmer, Sachs und Ernest Jones, besuchten bei dieser Gelegenheit Nietzsches Schwester Elisabeth Förster-Nietzsche – nicht ohne jedoch Freuds Zustimmung eingeholt zu haben. Er selbst machte sich nicht auf den Weg zur Villa Silberblick. Zwei Apostel der freudschen Lehre besuchten also eine der größten Tatsachenverdreherinnen aller Zeiten! Diese Frau tat alles, um ihren Bruder mit Falschaussagen, Lügen und Boshaftigkeiten in die Arme der Nationalsozialisten zu treiben. So veröffentlichte sie Der Wille zur Macht,

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