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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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letzten Anfall schloß sich Lungenödem und ein eigentlich leichter Tod.« (26. Oktober 1896, ebd., S. 212)
     
    Die Toten sind alle mutig – nicht jedoch bei Freud, am wenigsten sein Vater. Im Folgejahr äußerte er sich in einem Brief (8. Februar) unverändert. Sein Leben war der Zerstörung oder der Missachtung des Vaters gewidmet. Das Sterben des Vaters markierte eine kurze Pause und ein Mindestmaß von Anstand, doch schon zu Beginn des Jahres 1897 nahm Freud den Kampf mit voller Kraft wieder auf. Diesmal stürzte er sich auf die Leiche des Vaters. Freud zerrte den verwesenden Kadaver aus dem Grab und ging blind auf ihn los. Wie aus dem Nichts stellte er die These auf, sein Vater sei »einer von den Perversen gewesen« (8. Februar 1897, ebd., S. 245) und habe die Hysterie seines anderen Sohnes und einiger seiner jüngeren Töchter zu verantworten.
    Hier beginnt die extravagante Theorie der Verführung, auf die ich später noch zurückkommen werde. Bevor ich die schrecklichen Details dieser freudschen Neurose nachzeichne, beschränke ich mich darauf, dass die sexuelle Ätiologie der Neurosen sich meist auf ein Trauma aus der frühesten Jugend bezieht, während der Freuds Erzeuger seine eigenen Kinder sexuell missbraucht haben soll! So verwandelte Freud den Kadaver des Vaters in einen
Perversen, der den eigenen Nachwuchs vergewaltigte! Hätte Hannibal einen solchen Vater rächen wollen?
    Es wundert kaum, dass Freud im gleichen Jahr, in dem er seinen Vater zum sexuellen Täter an der eigenen Familie machte, auch zwei wichtige Träume hatte. Sie sind unter den Namen »Hella« und »nackt Treppensteigen« in die Geschichte eingegangen. Ausgehend von ihnen entwickelte er die Theorie vom Ödipuskomplex. 1897 war das Jahr, in dem er seine neurologischen Arbeiten aufgab und seine wissenschaftliche Psychologie entwickelte, und es war auch das Jahr, in dem er beschloss, seinen Text Die Traumdeutung zu schreiben. 1897 begann er offiziell mit seiner Selbstanalyse, 1897 kümmerte er sich um die Auswahl eines Grabsteins für den Vater, und schließlich war 1897 das Jahr seiner Italienreise! Und – wie sein Brief vom 15. Dezember an Fließ bezeugt – das Jahr der Entdeckung des angeblichen Ödipuskomplexes. Der Tod des Vaters wurde von Freud selbst als das wichtigste Ereignis im Leben eines Individuums dargestellt. Und tatsächlich war es ein entscheidender Moment im Leben des kleinen Jungen, der von der sexuellen Vereinigung mit der Mutter besessen war, denn er gab dem Sohn die vom Vater geraubte Mutter zurück.
    Der Vater spielte nach seinem Tod auch in zwei weiteren Träumen eine Rolle. Sie zeigen, dass Freud seinen Frieden mit ihm gemacht hatte, auch weil dieser ihn nicht mehr bedrohte. Der am Vortag verstorbene Jakob suchte also den Sohn nachts im Traum heim. Überspringen wir die Details. Freud bemerkte in diesem Traum ein Plakat, auf dem stand: »Man bittet, die Augen zuzudrücken/ Oder/ Man bittet, ein Auge zuzudrücken« ( Die Traumarbeit, Bd. II/III, S. 322) Der Sohn hatte für den »Alten« das günstigste Begräbnis ausgewählt! Unvorstellbar, mehr für den Vater zu bezahlen. Als Begründung behauptete Freud, der Vater sei kein Freund unnützer Ausgaben gewesen. In seinem Traum sah der Sohn eine Art Vorwurf der Familie, die seine Knauserigkeit womöglich mit anderen Augen betrachtete. Der Psychoanalytiker interpretierte den Traum als Aufforderung, die Augen zu
schließen, in anderen Worten als Bitte, großzügig über die unschöne Tat des Sohnes hinwegzusehen.
    In einem anderen Traum verwandelte sich der Vater, den Freud zu Lebzeiten für seine schwache Reaktion auf eine antisemitische Handlung verachtete, in einen magyarischen Helden. Der alte Mann saß umringt von einer Menschenmenge wie in der Nationalversammlung und hatte anscheinend den Status eines Königs oder Weisen. Der Sohn kommentiert: »Ich erinnere mich daran, daß er auf dem Totenbette Garibaldi so ähnlich gesehen hat, und freue mich, daß diese Verheißung doch wahr geworden ist.« (ebd., S. 430) Nach seinem Tod und im Traum konnte der Vater zum Helden werden, denn für den Sohn, der seine Aufmerksamkeit nun auf die endlich befreite Mutter richtete, stellte er keinerlei Gefahr mehr dar.
    Lesen wir in der Traumdeutung nach: »Der Traum ist die (verkleidete) Erfüllung eines (unterdrückten, verdrängten) Wunsches.« ( Die Traumentstellung, Bd. II/III, S. 166) Um welchen Wunsch handelte es sich hier? Sollte der Vater ein für alle mal tot sein?

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