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Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert

Titel: Anti Freud - die Psychoanalyse wird entzaubert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Illustrationen der (jüdischen) Bibel von Philippson zu kennen. Freuds Vater hatte oft in dem monumentalen, mit Hunderten von Holzschnitten illustrierten Werk gelesen, das auch Anmerkungen über frühe Kulturen und andere Religionen enthält. Im alttestamentarischen Teil findet sich eine ägyptische Ikonographie, darunter auch ein Grabrelief. Freud schrieb, Philippson habe ihn an einen gleichaltrigen Jungen erinnert, mit dem er immer auf der Wiese vor dem Haus gespielt habe: »[U]nd ich möchte [ sic ] sagen, der hieß Philipp.« (ebd.) Der Junge, der vielleicht Philipp hieß, habe seinem Spielkameraden ein anzügliches Wort beigebracht, das eine sexuelle Handlung bezeichnet. Freud genügte also die klangliche Verwandtschaft von »Vogel« und »vögeln«, um die Existenz der Männer mit den Vogelschnäbeln zu erklären.
    Er fügte hinzu: »Der Gesichtsausdruck der Mutter im Traume war vom Angesicht des Großvaters kopiert, den ich einige Tage vor seinem Tode im Koma schnarchend gesehen hatte. Die Deutung der sekundären Bearbeitung im Traume muß also gelautet haben, daß die Mutter stirbt, auch das Grabrelief stimmt dazu.« (ebd.) Als Kind wachte Freud nach diesem Traum auf, weinte und rief nach den Eltern. Der Anblick der Mutter ließ die Angst vergehen. Seine Schlussfolgerung lautete: Es war ein Angsttraum.
    Die letzte Zeile dieser Traumanalyse ist einigermaßen sibyllinisch: »Die Angst aber läßt sich mittels der Verdrängung zurückführen auf ein dunkles offenkundig sexuelles Gelüste, daß in dem
visuellen Inhalt des Traumes seinen guten Ausdruck gefunden hat.« (ebd., S. 590) Sie ist sibyllinisch und klar in der Charakterisierung dieses Gelüstes als dunkel und deshalb möglicherweise sexueller Natur. Warum wagte Freud es nicht, Rom zu betreten? Hier löste er das Rätsel, doch er wollte sich der Lösung nicht stellen  – vielleicht aus Angst, in einer Paarung mit der eigenen Mutter zu erscheinen.
     
    Lesen wir Freuds Deutung dieses Traums noch einmal und interpretieren wir seine Interpretation. Hiermit meine ich nicht, dass ich meine (wahre) Lesart Freuds (falscher) Lesart gegenüberstellen will. Das maße ich mir nicht an. Meine eigene Deutung biete ich aus Freude an der epistemologischen Lektion an, die in ihr enthalten ist. Es ist eine hypothetische Lesart, die zeigen soll, dass die Traumdeutung keine Wissenschaft oder verbindliche Lösungsmuster, keine endgültige Gewissheit und keine objektive Erkenntnis liefert, sondern aus subjektiven Ansichten besteht, die als Wahrheiten präsentiert werden. Ich nehme also einen nietzscheanischen Blickwinkel ein, denn mit dem von Freud vorgelegten Material könnte man auch andere Vermutungen anstellen und zu anderen Schlüssen kommen, sogar zu solchen, die Freuds eigenen widersprechen. Versuchen wir deshalb ein alternatives Deutungsmuster.
    Freud verschwieg den Namen Horus, den Rächer des Vaters, und bezüglich der Bedeutung des Namens Philippson für den Traum legte er eine falsche Spur. Die Thesen über die Bibel und den Ursprung der Vogelmänner im vulgären Wortgebrauch des Jungen vermeiden eine andere Erklärung. Denn Philipp hieß auch der Sohn von Freuds Vater aus dessen erster Ehe. Vielleicht schrieb Freud deshalb, er wolle ihn Philipp nennen.
    Es ist also der Name des Stiefsohns seiner eigenen Mutter, der Name von Freuds Halbbruder. Freud berichtete, angesichts des Altersunterschieds zwischen seinen Eltern geglaubt zu haben, der eigene Bruder sei nicht das Kind seines alten Vaters und seiner jungen Mutter, sondern seine junge Mutter habe ihn mit diesem
Jungen gezeugt, der fast genauso alt wie sie und ihr Stiefsohn war. Philippson mag wohl der Name des Herausgebers der jüdischen Bibel sein, die Freud als kleiner Junge gelesen hatte. Etymologisch bedeutet er aber auch: Philipps Sohn.
    Verdrängung: Weshalb dachte Freud, der sich lang und breit über Symbole ausließ und im selben Text bemerkte, dass der Vogel auf das Fliegen verweise, welches »meist eine grobsinnliche Bedeutung hat« ( Die Traumarbeit, Bd. II/III, S. 399), nie daran, die Vögel aus diesem Traum mit der Sexualität in Zusammenhang zu bringen; wieso verschwieg er den Namen Horus und bevorzugte eine auf das Grabmal bezogene Lesart? Was könnte der Grund für diese Verdrängung sein, im Zuge derer sich der sexuelle Vogel in einen Todesvogel verwandelte? Hatte Freud das starke Bedürfnis, seine Mutter zu schützen und den sexuellen Charakter dieses Traums auszublenden?
    Blindheit: Der

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