Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)
geborene Entwicklungen, die auf Versuch, Irrtum und dem Experimentieren erfahrener Handwerker beruhten, denen es um Produktivitätssteigerung und um die Profitmaximierung ihrer Fabriken ging.«
David Edgerton untersuchte die Beziehung zwischen akademischer Wissenschaft und ökonomischem Erfolg, in Verbindung mit der weit verbreiteten Meinung, man hätte früher an das »lineare Modell« (also daran, dass eine Technologie grundsätzlich ihren Ausgang von der Wissenschaft nimmt) geglaubt. Die Menschen des 19. und 20. Jahrhunderts waren keine Dummköpfe ;wir glauben heute, dass sie an besagtes lineares Modell geglaubt hätten, aber das trifft nicht zu. Es ist vielmehr so, dass Akademiker bis weit ins 20. Jahrhundert hinein in erster Linie Lehrer, nicht Forscher waren.
Um herauszufinden, ob die Schriften eines Gelehrten glaubwürdig sind oder nicht, empfiehlt es sich grundsätzlich zu überprüfen, was seine Kritiker zu sagen haben – sie werden mit Sicherheit den Finger auf den wunden Punkt legen. Ich begab mich also auf die Suche nach Gegnern Kealeys und Kritikern, die seine Ideen ablehnten, um herauszubekommen, ob sie etwas Stichhaltiges einzuwenden hatten – und um zu sehen, woher sie kamen. Außer einigen Kommentaren von Joel Mokyr, der, wie bereits erwähnt, das Phänomen der Optionalität noch nicht entdeckt hat, und der Attacke eines Wirtschaftswissenschaftlers von der Sorte, die nicht zählt angesichts der generellen gegenwärtigen Abwertung der Wirtschaftswissenschaften, wurde die wichtigste Kritik von einem Wissenschaftsbürokraten in der einflussreichen Zeitschrift Nature veröffentlicht; Kealey wurde darin vorgeworfen, er habe für sein Argument gegen aus Steuermitteln finanzierte Forschungen Daten von regierungsfinanzierten Behörden wie der OECD benutzt. Bislang also kein stichhaltiger Beleg dafür, dass Kealey falschliegt. Aber kehren wir die Beweislast doch einfach um: Für die Richtigkeit der gegenteiligen These gibt es keinen einzigen Beleg. Überwiegend sind diese Ansätze vielmehr von einem religiösen Glauben an die bedingungslose Macht der organisierten Wissenschaft geprägt, der den bedingungslosen religiösen Glauben an die organisierte Religion abgelöst hat.
Regierungen sollten a-teleologisches Tüfteln subventionieren, nicht die Forschung
Ich bin keineswegs der Meinung, aus diesen Überlegungen folge, dass eine Regierung in diesem Bereich überhaupt kein Geld mehr ausgeben sollte. Meine Argumentation zielt eher auf die Teleologie, anstatt auf Forschung generell. Es muss eine Art von Förderung geben, die funktioniert. Durch eine unglückliche Wendung der Dinge flossen aus der Forschung riesige finanzielle Erträge an die Regierungen zurück – man denke nur an das Internet. Oder an die Vorteile, die sich aus militärischen Aufwendungen für Innovationen und, wie wir sehen werden, aus medizinischen Heilmethoden ergaben. Das Problem besteht einfach darin, dass Funktionäre (besonders in Japan) bei der Suche nach Erkenntnissen zu teleologisch vorgehen; dasselbe gilt für große Firmen. Die schlimmsten Feinde der meisten großen Firmen wie etwa Big Pharma sind sie selbst.
In der nicht angewandten Forschung werden Forschungszuschüsse und Subventionierungsleistungen an Menschen vergeben, nicht an Projekte, und sie werden in jeweils begrenzter Höhe auf viele Forscher verteilt. Der Wissenschaftssoziologe Steve Shapin, der eine Zeitlang in Kalifornien die Vorgehensweise von Risikokapitalanlegern beobachtete, berichtete, dass Investoren zumeist Unternehmer unterstützen und nicht Ideen. Entscheidungen sind weitestgehend Ansichtssache, gepaart mit den Fragen: »Wen kennt man?« und »Wer hat was gesagt?« – denn, um es im Fachjargon dieser Leute zu formulieren, Sie wetten ja auf den Jockey und nicht auf das Pferd. Warum? Weil Innovationen driften und man die Fähigkeiten eines Flaneurs braucht, um die Gelegenheiten zu nutzen, wenn sie sich bieten; man darf nicht in einer vorgegebenen bürokratischen Struktur verhaftet bleiben. Shapin zeigte, dass die wirklich bedeutenden Risikokapitalentscheidungen ohne Geschäftsplan im engeren Sinn gefällt werden. Wenn es also überhaupt eine »Analyse« gäbe, müsste sie eine Art Stütze und Bestätigung darstellen. Ich habe selbst auch einige Zeit mit Risikokapitalanlegern in Kalifornien verbracht – immer in der Gefahr, selbst auch einiges zu investieren –, und das war mit Sicherheit eine vorgegebene Struktur.
Das Geld sollte also zusehends an
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