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Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Titel: Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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Wahrscheinlichkeitsverteilung als exponentiell bezeichnet werden), oder der Ältere hat – im Verhältnis zum jeweiligen relativen Alter – eine höhere Lebenserwartung als der Jüngere. In letzterem Fall – wenn der Ältere 80 und der Jüngere zehn Jahre alt ist – würde man sagen, dass der Ältere eine achtmal so hohe Lebenserwartung hat wie der Jüngere.
Tabelle 6 – Vergleich der Lebenserwartung von »Alt«
und »Jung« in verschiedenen Bereichen
Verhältnis der Lebenserwartung
Bereich
Wahrscheinlichkeitsverteilung
Das Jüngere wird sehr wahrscheinlich länger leben als das Ältere
Vergängliches: Menschen, überhaupt Lebewesen
Gauß-Kurve (oder etwas Ähnliches, aus der gleichen Familie)
Das Junge und das Alte haben dieselbe Lebenserwartung
Unvergänglich-Informationelles: Lebenszeit biologischer Arten
Exponentiell
LINDY-EFFEKT: Das Alte wird sehr wahrscheinlich länger dableiben als das Junge, in Abhängigkeit von ihrem Alter
Unvergänglich-Informationelles: Geistesleben, Lebenszeit von Gattungen
Potenzgesetz
    In Abhängigkeit davon, zu welcher Kategorie etwas gehört, schlage ich folgende Formel vor (sie basiert auf dem so genannten Lindy-Effekt in der später entwickelten Formulierung des großen Benoît Mandelbrot 72 ):
    Für Vergängliches gilt, dass jeder weitere Tag seiner Existenz zu einer Verkürzung der Lebenserwartung führt. Für Unvergängliches gilt, dass jeder weitere Tag seiner Existenz möglicherweise auf eine Verlängerung der Lebenserwartung schließen lässt.
    Je länger sich also eine bestimmte Technologie gehalten hat, desto länger wird sie sich wahrscheinlich auch weiterhin halten. Ich verdeutliche den Punkt noch etwas (wird man zum ersten Mal damit konfrontiert, ist er nicht ohne Weiteres nachzuvollziehen). Nehmen wir an, ich weiß über einen Mann lediglich, dass er 40 Jahre alt ist, und ich möchte eine Vorhersage treffen, wie lange er noch leben wird. Ich kann seine altersangepasste Lebenserwartung in Tabellen nachschlagen, wie sie von Versicherungsgesellschaften verwendet werden. Die Tabelle wird mir die Auskunft geben, dass er noch weitere 44 Jahre vor sich hat. Im nächsten Jahr, wenn er 41 wird (oder wenn wir heute die Untersuchung für eine 41-jährige Person durchführen), wird er noch etwas mehr als 43 Jahre vor sich haben. Mit jedem Jahr, das vergeht, reduziert sich also seine Lebenserwartung um ungefähr ein Jahr (beziehungsweise um etwas weniger als ein Jahr, wenn also seine Lebenserwartung bei seiner Geburt 80 Jahre beträgt, dann wird sie an seinem 80. Geburtstag nicht null sein, sondern ungefähr ein weiteres Jahrzehnt.) 73
    Das Gegenteil gilt für nicht vergängliche Dinge. Um die Sache nicht unnötig kompliziert zu machen, vereinfache ich hier die Zahlenverhältnisse. Wenn ein Buch über 40 Jahre hinweg immer wieder aufgelegt wurde, kann man davon ausgehen, dass es weitere 40 Jahre verlegt werden wird. Aber – und hier liegt nun der Hauptunterschied – wenn es sich dann noch ein weiteres Jahrzehnt behaupten kann, dann kann man erwarten, dass es noch weitere 50 Jahre im Druck sein wird. Diese Regel erklärt, warum Dinge, die es schon lange gibt, nicht wie Personen »altern«, sondern sozusagen »rückwärts altern«. Jedes weitere Jahr, das sie überstehen, verdoppelt die zusätzliche Lebenserwartung, 74 was auf ein hohes Maß an Robustheit schließen lässt. Die Robustheit einer Sache steht in einem proportionalen Verhältnis zu ihrer Lebensdauer!
    Der Physiker Richard Gott brachte ein scheinbar völlig anderes Argument vor: Alles, was wir stichprobenartig beobachten, befindet sich mit großer Wahrscheinlichkeit gerade weder am Anfang noch am Ende seiner Existenz, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit irgendwo in der Mitte. Dafür wurde er wegen Lückenhaftigkeit angegriffen, und in Verbindung mit einer Überprüfung seiner Argumentation kam auch mein oben skizzierter Fall ins Spiel, dass die zu erwartende zukünftige Lebensdauer eines Objekts in einer Beziehung zur Dauer seiner bisherigen Existenz steht. Gott erstellte eine Liste der Broadwayshows, die an einem bestimmten Tag – dem 17. Mai 1993 – auf dem Spielplan standen, und er prognostizierte, dass diejenigen, die bereits am längsten gegeben wurden, auch noch am längsten weitergespielt werden würden, und umgekehrt. Mit einer Genauigkeit von 95 Prozent wurde seine Prognose bestätigt. Als Kind hatte er sowohl die (5700 Jahre alten) Pyramiden als auch die (zwölf Jahre alte) Berliner Mauer besucht und

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