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Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Titel: Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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Zusammenhänge (im theoretischen Sinn) stützen – und ich bin überzeugt, dass meine Stärke genau darin liegt. Ich möchte gerade so viel verstehen, dass ich die Regelmäßigkeiten der Erfahrung nachvollziehen kann.
    Der Modus Operandi bei jeder Unternehmung sollte also so aussehen, dass man gegen Theorieveränderungen so robust wie möglich ist (um es noch einmal zu sagen: Meine Hochachtung vor Mutter Natur hat rein statistische, mit Risikomanagement zusammenhängende Gründe, ist also in der Vorstellung von Fragilität begründet). Der Arzt und Medizin-Essayist James Le Fanu hat gezeigt, dass unser Verständnis von biologischen Prozessen mit dem Niedergang von Entdeckungen im pharmazeutischen Bereich einherging, als würden rationalistische Theorien uns blind machen, also in gewisser Weise behindern.
    Mit anderen Worten: Wir haben in der Biologie ein Grünholzproblem!
    Und nun etwas Medizingeschichte der Antike und des Mittelalters. Die Medizin wurde traditionellerweise in drei Traditionen aufgeteilt: die Rationalisten (die sich auf vorgegebene Theorien stützten und umfassend zu verstehen suchten, wofür die Dinge erschaffen wurden); die skeptischen Empiristen (die Theorien ablehnten und Ideen mit dem Anspruch, Aussagen über das Unsichtbare machen zu können, skeptisch gegenüberstanden); und die Methodiker (welche sich gegenseitig einfache ärztliche Heuristiken beibrachten, die mit Theorien nichts zu tun hatten, und als Empiristen einen noch praxisbetonteren Weg als die skeptischen Empiristen einschlugen). Da Differenzen möglicherweise durch die Kategorisierung zu stark hervortreten, kann man die drei Traditionen auch als nicht gänzlich dogmatische Vorgehensweisen interpretieren, sondern eher den unterschiedlichen Ausgangspunkten zuordnen, dem Gewicht, das den Annahmen zugemessen wird: Die einen fangen mit den Theorien an, die anderen mit dem Augenschein.
    Spannungen zwischen den drei Richtungen gab es immer wieder – ich selbst positioniere mich als Verteidiger mitten im Feld der Empiristen, die als philosophische Schule in der Spätantike aufhörten zu existieren. Ich habe versucht, die Ideen von Ainesidemos von Knossos, Antiochos, Menodotos von Nikomedeia, Herodot von Tarsos und natürlich von Sextus Empiricus wieder zum Leben zu erwecken. Die Empiristen beharrten auf ihrem »Ich habe nicht gewusst«, wenn sie mit Situationen konfrontiert waren, die sie nicht genau so aus der Vergangenheit kannten, also von nahezu identischen Umständen. Die Methodiker hatten keine solchen Vorbehalte gegen Analogien, waren aber trotzdem vorsichtig.
    Die beißende Kritik unserer Vorfahren
    Das Problem mit den Nebenwirkungen ist nicht neu – Ärzte waren schon immer eine Zielscheibe des Spotts.
    Martial vermittelt in seinen Epigrammen eine Vorstellung davon, wie das Expertenproblem in der Medizin zu seiner Zeit gesehen wurde: »Ich dachte, Diaulus sei ein Arzt, kein Bestatter – aber für ihn läuft es offenbar auf dasselbe heraus.« ( Nuper erat medicus, nunc est uispillo Diaulus: quod uispillo facit, fecerat et medicus.) Oder: »Ich habe mich zuvor nicht krank gefühlt, Symmachus, jetzt aber, nach deiner Behandlung, fühle ich mich krank.« (Non habui febrem, Symmache, nunc habeo.)
    Der griechische Begriff pharmakon ist zweideutig, er bedeutet sowohl »Gift« als auch »Heilmittel«; der arabische Arzt Ruhawi benutzte das Wortspiel, um vor schädlichen Nebenwirkungen zu warnen.
    Problematisch wird es, wenn jemand seine Erfolge den eigenen Fähigkeiten zuschreibt , sein Scheitern jedoch den unglücklichen Umständen. Nikokles stellte bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. fest, dass Ärzte ihre Erfolge auf ihr Können zurückführen, ihr Scheitern aber auf die Natur oder andere äußere Gründe. Eben diese Vorstellung wurde von Psychologen einige vierundzwanzig Jahrhunderte später wiederentdeckt und nicht nur auf Ärzte, sondern auch auf Aktienhändler und Firmenchefs angewandt.
    Einer alten Anekdote zufolge rief Kaiser Hadrian, als er im Sterben lag, ein ums andere Mal aus, seine Ärzte hätten ihn umgebracht. Montaigne, der vieles von Schriftstellern der Antike übernommen hat, führt in seinen Essays immer wieder Anekdoten an: Ein Lakedämonier wurde gefragt, wie er ein so hohes Alter erreicht habe; er antwortete: »Indem ich um die Ärzte einen Bogen gemacht habe.« Außerdem legte Montaigne den Finger auf das Agency-Problem bei Ärzten – auf den Grund, warum für einen Arzt das Letzte, was er braucht, ein gesunder

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