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Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Titel: Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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so besorgniserregend? Wenn Sie bisher dem Glauben anhingen, ein Statistiker verstünde, was es mit »statistischer Signifikanz« in der komplizierten Textur des wirklichen Lebens (in der »großen Welt« im Gegensatz zur »kleinen Welt« der Lehrbücher) auf sich hat, dann machen Sie sich auf eine Überraschung gefasst. Kahneman und Tversky zeigten, dass Statistiker im Alltag praktische Fehler machten, die ihrem theoretischen Wissen zuwiderliefen – sie vergaßen einfach, dass sie Statistiker sind (ich darf den Leser daran erinnern, dass Denken anstrengend ist). Mein Kollege Daniel Goldstein und ich stellten einige Forschungen zu »Quants« an, Profis auf dem Gebiet der Finanzmathematik, und wir fanden heraus, dass die überwältigende Mehrheit die praktische Auswirkung so elementarer Begriffe wie »Varianz« oder »Standardabweichung« – also Begriffe, mit denen sie in annähernd jeder einzelnen Gleichung arbeiten – nicht versteht. Eine kürzlich durchgeführte beeindruckende Studie von Emre Soyer und Robin Hogarth zeigte, dass viele Profis und Experten im Bereich Ökonometrie, die so bombastische Zahlen wie »Regression« und »Korrelation« bereitstellen, ungeheuerliche Fehler machten, wenn sie die von ihnen berechneten Zahlen in die Praxis übersetzten – ihre Gleichungen bekommen sie richtig hin, wenn es aber an die Umsetzung in die Realität geht, machen sie gravierende Übersetzungsfehler. In allen Fällen unterschätzen sie Zufälligkeit und die Ungewissheit in den Resultaten. Und ich spreche hier von Interpretationsirrtümern, die nicht etwa denjenigen unterliefen, die mit den Statistiken arbeiten (Sozialwissenschaftlern und Ärzten), sondern den Statistikern selbst .
    Leider lösen all diese Verzerrungen Handlungen aus und fast nie Handlungsabstinenz.
    Darüber hinaus wissen wir mittlerweile, dass die Hysterie gegenüber Fetten und die Werbung mit »fettfreien« Slogans auf einen elementaren Fehler bei der Interpretation der Resultate einer Regression zurückgeht: Wenn zwei Variablen gemeinsam zu einem Effekt führen (wie in diesem Fall Kohlehydrate und Fett), dann zeigt sich manchmal nur einer von beiden als Verantwortlicher. Doch viele nahmen fälschlicherweise an, die Probleme, die durch den gleichzeitigen Verzehr von Fett und Kohlehydraten verursacht wurden, seien eher dem Fett als den Kohlehydraten zuzuschreiben. Der große Statistiker David Freedman, der zahlreiche statistische Fehlinterpretationen aufgedeckt hat, wies gemeinsam mit einem Koautor zudem sehr überzeugend nach, dass die Verbindung, die so häufig und nachdrücklich zwischen Salzkonsum und Blutdruck hergestellt wird, keinerlei statistische Grundlage hat. Für manche Menschen mit hohem Blutdruck mag der Zusammenhang existieren, er ist aber sehr wahrscheinlich eher die Ausnahme als die Regel.
    »Mathematische Stringenz« in der Medizin
    Diejenigen unter uns, die sich über den Scharlatanismus hinter der fiktionalen Mathematik in den Sozialwissenschaften amüsieren, fragen sich vielleicht, warum man sich nicht auch über die Medizin lustig macht.
    Und tatsächlich beweist der Friedhof der schlechten (und versteckten) Ideen, dass wir uns hier immer wieder von der Mathematik in die Irre führen ließen. Ein ums andere Mal wurden mittlerweile in Vergessenheit geratene Versuche gemacht, die Medizin zu mathematisieren. Es gab eine Zeit, in der die Medizin sich ihre Erklärungsmodelle aus der Physik holte. Giovanni Borelli verglich in De motu animalium den Körper mit einer Maschine, die aus belebten Hebeln besteht – infolgedessen könnten wir mit den Regeln der linearen Physik arbeiten.
    Um es noch einmal deutlich zu sagen: Ich bin nicht gegen den rationalen Gelehrtendiskurs – vorausgesetzt, er ist nicht fragil gegenüber Irrtümern; ich bin zuerst und zuletzt ein nicht auflösbares Mischwesen aus Entscheidungsträger, Macher und philosophischem Probabilisten, und eine solcherart zusammengesetzte Persönlichkeit bin ich ständig und immer: morgens, wenn ich das alte Kulturgetränk Kaffee zu mir nehme, mittags, wenn ich mit meinen Freunden esse, und abends, wenn ich mich mit einem Buch ins Bett lege. Ich bin ein Gegner des naiv rationalen, pseudo-gelehrten Diskurses, des Diskurses mit Grünholzproblemen, der sich lediglich auf das Bekannte konzentriert und das Unbekannte ausklammert . Ich bin aber kein Gegner des Einsatzes von Mathematik, wenn es darum geht, den Stellenwert des Unbekannten abzuschätzen – das ist vielmehr der robuste

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