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Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition)

Titel: Antifragilität: Anleitung für eine Welt, die wir nicht verstehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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sich nicht wie in einer Gebrauchsanweisung anzupreisen, hält gewisse Fragilisten leider nicht davon ab, ihrerseits – ausgehend von ihrem »Wissenschafts«-Verständnis – eine Gebrauchsanweisung abzufassen.
    Dank der Fragilisten ist die moderne Zivilisation immer blinder geworden für das Geheimnisvolle, das Undurchdringliche – für den Bereich des Lebens, den Nietzsche als das »Dionysische« bezeichnete. Oder, um Nietzsche in den nicht ganz so poetischen, doch ebenso erhellenden Brooklynslang zu übersetzen: Hier haben wir das vor uns, was Fat Tony ein »Spiel von Dummköpfen« nennt.
    Kurz, der Fragilist (medizinischer, ökonomischer, sozialplanerischer Provenienz) ist ein Mann, der Sie dazu bringt, sich Strategien und Tätigkeiten zu eigen zu machen, deren Nutzen klein und sichtbar, deren Nebenwirkungen hingegen potentiell schwerwiegend und unsichtbar sind.
    Es gibt den Mediziner-Fragilisten, der zuviel therapiert, weil er die naturgegebenen Selbstheilungskräfte des Körpers nicht anerkennt und Ihnen Medikamente mit möglicherweise schweren Nebenwirkungen verschreibt; den Strategie-Fragilisten (den intervenierenden Sozialplaner), der das Wirtschaftssystem mit einer Waschmaschine verwechselt, die ständig (von ihm) repariert werden muss und die deshalb als Schrotthaufen endet; den Psychotherapie-Fragilisten, der Kindern Medikamente verschreibt, um ihre Intelligenz und ihre Belastbarkeit zu »steigern«; die Übermutti-Fragilistin; den Trader-Fragilisten, der seine Kunden dazu verleitet, mit »Risikomodellen« zu arbeiten, die das Bankensystem zerstören (und unverdrossen weiter eingesetzt werden); den Militär-Fragilisten, der komplexe Systeme aufmischt; den Prognose-Fragilisten, der Sie ermutigt, immer noch mehr Risiken einzugehen, und viele andere. 2
    Dem politischen Diskurs fehlt ganz einfach ein Konzept. Politiker führen in ihren Reden als Ziel und Versprechen so zaghafte Vorstellungen wie »Resilienz« oder »Stabilität« an, nicht aber Antifragilität, 3 und ersticken damit Wachstums- und Evolutionsprozesse im Keim. Als Menschen haben wir es nicht dank der zaghaft-feigen Vorstellung der Resilienz so weit gebracht. Und wir wären heute nicht da, wo wir sind, wenn unsere Entwicklung von Politikern abhängig wäre – sie beruht vielmehr auf der Risiko- und Irrtumsbereitschaft einer bestimmten Sorte von Menschen, die wir ermutigen, in Schutz nehmen und respektieren müssen.
    Wenn das Einfache das Klügere ist
    Ein komplexes System benötigt – entgegen der allgemeinen Meinung – keine komplizierten Systeme, keine Regulierungsmethoden, keine ausgefeilten politischen Strategien. Je einfacher, desto besser. Kompliziertheit hat vielfältige, nicht vorhersehbare Wirkungsketten zur Folge. Da die Dinge nicht bis ins Letzte durchschaubar sind, hat ein Eingreifen unvorhergesehene Auswirkungen. Darauf folgen Entschuldigungen für den »unvorhergesehenen« Aspekt dieser Konsequenzen; dann wird wieder interveniert, um die Sekundäreffekte zu korrigieren, was zu einer sich in alle Richtungen vermehrenden Serie von »unvorhergesehenen« Reaktionen führt, jede schlimmer als ihre Vorgängerin.
    Allerdings ist es schwer, das Konzept der Einfachheit in das moderne Leben einzubringen, da Einfachheit dem Geist einer bestimmten Sorte von Menschen zuwiderläuft, die Gehirnakrobatik zur Legitimation ihres Berufszweigs nötig haben.
    Weniger ist mehr und meist auch effektiver. Daher möchte ich ein paar Tricks, Richtlinien und Verbote im Zusammenhang mit der Frage vorlegen: Wie können wir in einer Welt leben, die wir nicht verstehen, oder besser gesagt, wie können wir angstfrei mit Dingen umgehen, die wir offenkundig nicht verstehen, und vor allem, wie können wir sie produktiv nutzen? Oder noch genauer: Wie können wir uns mit unserer Unwissenheit konfrontieren, ohne das Gefühl zu haben, dass wir uns schämen müssen, zur Gattung Mensch zu gehören – wie können wir stattdessen im Gegenteil offensiv und stolz Mensch sein? Dafür wären allerdings einige strukturelle Veränderungen vonnöten.
    Was ich vorschlage, ist eine Landkarte, anhand derer wir unsere menschengemachten Systeme so verändern, dass das Einfache, das Natürliche sich entfalten kann.
    Allerdings ist es alles andere als einfach, den Zustand der Einfachheit zu erreichen. Von Steve Jobs stammt die Erkenntnis, dass »Sie schwer an sich arbeiten müssen, um Ihr Denken zu reinigen und es damit einfach zu machen«. Die Araber haben einen Ausdruck für

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