Antiheld - Thriller (German Edition)
endlich in Ruhe!«, schrie sie, sodass nun ausnahmslos jeder als Zuschauer fungieren konnte. »Sieh es ein. Wir sind auch ohne dich glücklich.«
Dann schallten ihre hohen Absätze empor und schwanden mit jedem ihrer Schritte, die sie auf ihren Wagen zuging.
»Rachel.« Seine Stimme klang so leise, dass sie niemand außer Christian selbst sie vernehmen konnte. Er erhob seine Hand, wel che er sogleich schloss. »Er wird dich umbringen, Rachel.«
Sein Arm sank wieder nieder. Er musste es einsehen. Es hatte keinen Sinn mit Rachel oder Ruby zu sprechen. Es gab nur noch eine Möglichkeit.
Er musste Keller töten, bevor dieser tötete.
*
In letzter Zeit besuchte Jack das Café immer öfter. Es tat ihm gut unter Menschen zu sein. Das half ihm, seine Einsamkeit zu verdrängen.
Seine Eltern wandten sich bereits von ihrem Sohn ab, da sie mit dessen brutaler Ader einfach nicht mehr zurecht kamen. Und selbst jetzt, wo sich ihr Sohn zum besseren gewandt hatte, mieden sie weiter jeglichen Kontakt zu ihm. Doch Jack brauchte sie nicht. Er war schon immer ein Einzelgänger gewesen. Trotzdem konnte er nur schwer leugnen, dass er Claire vermisste.
Eine Weilte starrte er bereits den rabenschwarzen Kaffee an, ohne bisher auch nur einen Schluck von diesem genommen zu haben. Wie gesagt, ging es ihm einfach nur um etwas Gesellschaft, als um eine genussvolle Tasse Kaffee. Gerade jetzt, Anfang No-vember, tummelten sich einige Leute in dem kleinen Laden, um sich mit dampfenden Getränken aufzuwärmen. Darunter auch die geheimnisvolle Frau, die er bereits das letzte mal gesehen hatte.
Wie er, saß auch sie allein. Die behandschuhten Finger umfassten die Tasse. Ihr Blick verlief starr ins Leere.
Jack konnte sich nicht helfen. Irgendetwas an der Frau faszinierte ihn. Womöglich lag es an ihrer Maskierung. Der gesamte Kopf wurde von einem schwarzen dichten Schleier verborgen. Die Augen lagen hinter einem ebenfalls dunklen Netzstoff, der zwar für den Träger eine einigermaßen klare Sicht auf die Umgebung zuließ, doch die Augen vor neugierigen Blicken schützte. Nicht ein Stück ihrer Haut war zu erkennen und dennoch vermutete Jack, dass sie ziemlich hübsch sein musste. Vielleicht nicht so hübsch wie Claire, aber dennoch nett anzusehen.
Mit den Fingern trommelte er gegen das Porzellan der Tasse, während er seinen Blick verharren ließ. Sie schien, wie er auch, niemanden zu haben. Keinen Partner, keine Kinder, Eltern oder wenigstens einen Freund. Sie begann ihm Leid zu tun. Womög lich sollte er sich einfach zu ihr setzen. Mit ihr ein Gespräch be ginnen. Sie konnte unter Umständen recht nett sein.
Was aber, wenn dann doch ein aufgebrachter Scheich durch die Tür stürmte und seine Frau zurückverlangte!? Eine groteske Vor stellung, doch schloss Jack nichts aus, zumal er mit der Kultur der Frau alles andere als vertraut war. Das, was er wusste, kannte er ausschließlich aus billigen Fernsehberichten, die nicht immer für ihre Wahrheitstreue bekannt waren.
Jäh wurden seine Gedanken unterbrochen, als die hübsch ge schwungenen Augen Jack visierten. Er versuchte seinen Blick er neut abzuwenden, ließ es dann aber doch bleiben, weil dies die Blamage bloß unnötig vergrößert hätte.
Ich könnte rüber gehen. Ich könnte mit ihr reden. Mehr als eine Abfuhr kann mir nicht passieren.
Äußerst vorsichtig stand Jack auf. Seinen Kaffee ließ er hierbei einfach an seinem Platz stehen. Er ging auf den Tisch der Frau zu, ohne von den anderen Anwesenden Notiz zu nehmen. Beinahe wäre er dadurch gegen eine der Bedienungen gestoßen. Ohne sich bei dieser zu entschuldigen, setzte Jack seinen Weg fort. Für ihn existierten die anderen Menschen gar nicht mehr. Die einzige Person, die er noch wahrnahm, war die verschleierte Gestalt. Sie machte sich auch nicht die Mühe wegzuschauen. Ganz im Gegenteil, starrte sie weiter gezielt auf Jack. Es schien, als ob sie bereits eine geraume Zeit auf diesen Moment gewartet hätte.
Was er nicht sehen konnte war, dass sie ihn mit einem Lächeln begrüßte.
»Hallo.«
Was sollte er sagen!?
»Wie geht’s?«
Keine Frage. Sie lachte. Das entnahm er dem klangvollen Laut, der unter dem Schleier hervor drang.
»Sehr gut. Danke der Nachfrage.« Zu seiner Überraschung ver nahm er keinen hörbaren Akzent in ihrer Stimme. »Und Ihnen?«
»Auch.«
Die dunklen Augen sahen auf.
»Ich meinte, dass es mir auch sehr gut geht.« Er sah verlegen zu dem freien Stuhl, der gegenüber von der Sitznische stand,
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