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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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ein Risiko.«
    Benommen hörte Julie dem Arzt mit den rot geränderten Augen zu. Eine Krankenschwester versuchte, einen Wagen mit Frühstückstabletts an ihnen vorbeizubugsieren. Erst als sie Julie bat, einen Schritt zur Seite zu gehen, wachte diese auf.
    Â»Entschuldigung … ich … das kam alles so plötzlich …« Sie schüttelte den Kopf, als wolle sie ihn von Spinnweben befreien. »Als ich vorhin meine Großtante besuchen wollte und die Nachbarin mir sagte, sie sei ins Krankenhaus eingeliefert worden, habe ich mich riesig erschreckt.«
    Der Arzt nickte unverbindlich. »Hat Ihre Tante Ihnen denn nichts von der bevorstehenden OP erzählt?«
    Julie schüttelte den Kopf.
    Â»Nun ja, ich glaube, in ihrer Akte gelesen zu haben, dass sie sich ziemlich kurzfristig zu diesem Schritt entschlossen hat. Ihr Hausarzt hatte ihr allerdings schon vor einem halben Jahr dazu geraten.«
    Julie schluckte. »Kann ich sie sehen?«
    Â»Im Prinzip sind auf der Intensivstation nur die allernächsten Angehörigen zugelassen. Aber selbst wenn Sie eine solche wären, würde ich Ihnen von einem Besuch abraten. Für viele Menschen ist es eine traumatische Erfahrung, ihre Liebsten an die vielen Geräte und Schläuche angeschlossen zu sehen. Warum fahren Sie nicht nach Hause, machen sich einen ruhigen Sonntag und besuchen Ihre Tante morgen?«
    Das Lächeln des Arztes war bemüht. Unruhig trat er von einem Bein aufs andere. Wahrscheinlich war seine Schicht längst zu Ende, und er hoffte auf ein paar Stunden Schlaf, bevor ihm der nächste Dienst bevorstand.
    Ruhiger Sonntag! Julie spürte Panik aufwallen, wie Milch, die bei zu hoher Hitze über den Topfrand quillt. Antonia rang um ihr Leben! Was, wenn sie es nicht schaffte? Was, wenn Antonia starb, bevor ihr sehnlichster Wunsch in Erfüllung ging?
    Hastig bedankte sie sich bei dem Arzt für seine Auskünfte. Sie musste sofort zurück! Es gab viel zu tun.
    Sie war schon am Ausgang des Krankenhauses angelangt, als sie abrupt stehen blieb und in ihrer Tasche nach Zettel und Stift kramte. Sie schrieb:

    Â»Liebe Antonia,
    unser ›Projekt‹ macht gute Fortschritte und Sie hoffentlich auch. Wenn ich mit meinen Gedanken nicht bei Rosanna und Simone bin, dann bin ich bei Ihnen.
    Gute Genesung wünscht Ihnen
    Ihre Julie«
    Am Eingang zur Intensivstation fing Julie eine Schwester ab und bat sie, Antonia ihre Nachricht zu geben, sobald sie aufgewacht und in der Lage war, sie zu lesen.
    Â»Theo!« Julie sprang aus ihrem Auto, rannte auf die Freundin zu und umarmte sie. »Als ich dein Auto sah, hab ich es im ersten Moment für eine Fata Morgana gehalten! Ach, ich bin so froh, dass du da bist!« Sie drückte Theo noch fester an sich. Auf einmal war der Druck in ihrer Magengegend wie weggeblasen.
    Â»Ich bin’s, in Fleisch und Blut. Und mit einem großen Vorrat von Lorenzos Marktstand.« Strahlend befreite sich Theo aus Julies Klammergriff und wies auf den Korb, den sie auf der Bank vor dem Haus abgestellt hatte. »Ich dachte, nach Mengen von Schwarzwälder Schinken und Heidelbeermarmelade steht dir der Sinn vielleicht nach ein paar Oliven und einem Häppchen Parmaschinken.«
    Â»Und nach italienischem Weißbrot. Nach einem Glas Prosecco. Nach gefüllten Pilzen. Und nach Auberginencreme …« Julie, die den Korb durchwühlte, schaute auf. »Dafür bekommst ausnahmsweise einmal du ein Sternchen. Ach was, ein ganzes Dutzend Sternchen kriegst du!« Sie sah die Freundin strahlend an, doch im nächsten Moment spürte sie, wie ihre Augen zubrennen begannen. »Ach Theo, ich bin so froh, dass du da bist«, wiederholte sie mit zittriger Stimme.
    Theo schaute Julie kritisch an. »Ich glaube, es ist höchste Zeit, dass ich dich vorübergehend aus deinem Robinson-Crusoe-Dasein befreie. Na los, zeig mir mal das Haus, und ich sage dir, ob das alles die Mühe überhaupt wert ist!«
    Nach der Hausbesichtigung, während der Theo einen Entzückensschrei nach dem anderen ausstieß, breiteten die beiden Freundinnen alle Köstlichkeiten aus Theos Korb auf dem Tisch vor dem Haus aus. Die Sonnenstrahlen wärmten noch ein wenig, doch bald stand Julie auf und holte zwei Decken, in die Theo und sie sich einwickelten. Bei Prosecco und Parmaschinken erzählte Julie von ihrem Besuch bei Antonia. Theo zeigte sich zwar betroffen darüber, dass Antonia im

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