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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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auf.
    Â»Wie oft muss man Stanislaus eigentlich noch sagen, dass er mit den Waren hintenherum fahren soll?«, zischte sie, als sie das Gespann ihres Lieferanten erkannte. Vor lauter Ärger schmerzte ihr ohnehin schon verspanntes Kreuz noch mehr.
    Rosanna hatte aufgehört zu weinen, trotzdem verharrte sie in ihrer Höhle.
    Die Sonne fiel in grellen Streifen ins Zimmer. Schon jetzt war der Tau auf den Geranien in der Blumenbank getrocknet. Es sah so aus, als würden Mensch und Tier für das verregnete Frühjahr mit einem wunderbaren Sommer entschädigt werden. Der Duft nach frischem Heu strömte ins Zimmer. Auf den Spazierwegen, die auf den einstigen Ziegenweiden angelegt worden waren, flanierten schon die ersten Damen, deren beigefarbene Sonnenschirme an riesige Butterblumen erinnerten.
    Simone startete einen neuen Versuch.
    Â»Was für ein wunderschöner Tag! Da werden die Tennisplätze von früh bis abends belegt sein. Los, steh auf, dir wird die frische Luft auch gut tun. Wie lange willst du dich denn noch in deinem Schneckenhaus verkriechen?«
    Â»Solange es mir passt! Ich geh heute nicht unter Leute. Ich will niemanden sehen!«, kam es gepresst unter dem Kissen hervor.
    Stirnrunzelnd betrachtete Simone die halbnackte Gestalt auf dem Bett. Wie kindisch sich Rosanna benahm!
    Â»Es ist wegen des Schildermalers, nicht wahr? Helmut Fahrner.«
    Schlagartig tauchte Rosannas Kopf auf.
    Â»Was ist mit ihm?« Ihre verheulten Augen waren vor Angst geweitet. »Ist ihm etwas geschehen?«
    Simone spürte, wie sich ein eiserner Panzer um ihre Brust legte. Sie schluckte.
    Die ganze Zeit über hatte sie es gewusst, sich jedoch mit aller Macht dagegengestemmt.
    Nun, da sie seinen Namen ausgesprochen hatte, galoppierten ihre Gefühle davon, ließen ihr keine Zeit, sie zu verdrängen. Das unterschwellige Gefühl einer drohenden Gefahr, das ihr ständiger Begleiter geworden war, brach mit einer Heftigkeit an die Oberfläche, dass es ihr die Luft zum Atmen raubte.
    Diesen Augenblick hatte sie ein Leben lang gefürchtet: dass jemand daherkommen und Rosannas Herz stehlen würde. Nach Zacharias und dem Großvater war es jedoch keinem mehr gelungen. Weil sie, Simone, auf ihren geliebten Engel aufgepasst hatte.
    Lieber Gott, mach, dass es nicht wahr ist!
    Doch ein Blick auf Rosanna, die aufgesprungen war, sich das erstbeste Kleid übergeworfen hatte und nun zur Tür rannte, ließ Simone erkennen, dass ihre Furcht berechtigt war.
    Â»Bleib!«
    Ihr Befehl, wie ein Peitschenknall, ließ Rosanna innehalten.
    Â»Was ist mit dir und diesem Mann?« Simone erkannte ihre eigene Stimme nicht. Sie klang so kalt … »Du hast dich in ihn verliebt.« Keine Frage, eine Feststellung.
    Rosanna nickte fast unmerklich. Als sie sich umdrehte, stand in ihrem von Schlaflosigkeit gezeichneten Gesicht Verwunderung, Ungläubigkeit, aber auch etwas wie Scham, als sei sie bei einer verbotenen Tat ertappt worden.
    Â»Ich … ja. Nein! Doch, ich glaube … ja.«
    Simone empfand ihr hilfloses Lächeln wie einen Schlag. Einem Blasebalg gleich, aus dem sämtliche Luft entwichen war,sank sie auf der Bettkante nieder. Ihre Fäuste ballten sich im Schoß zusammen, ihre Nägel krallten sich schmerzhaft in die Haut, und die Knöchel wurden weiß vor lauter Anstrengung. »Und er?«
    Rosanna rutschte mit dem Rücken an der Tür hinab, bis sie auf dem Fußboden saß. Ihr Blick verlor sich irgendwo zwischen Simones Knien und Füßen. Sie seufzte tief.
    Â»Er liebt mich auch, jedenfalls sagt er das immer wieder. Aber … kann ich es wirklich glauben? Vielleicht sagt er es ja auch nur so daher … Ach, bei dem Gedanken könnte ich gleich wieder losheulen!« Ihre Unterlippe zitterte.
    Als Simone Rosannas weinerliche Stimme hörte, wäre sie am liebsten aufgestanden und hätte Rosanna geschüttelt und geschüttelt, bis sie –
    Â»Wie kann man sich nur so den Kopf verdrehen lassen! Und dann noch von einem dahergelaufenen Schildermaler«, fuhr sie auf. »Was willst du denn von so einem? Das ist doch einer, der seine Zeit mit unnützen Bildchen für unnütze Leute vertut! Und dann sein Bein … Er ist ein Krüppel!«
    Â»Ich verbiete dir, so von ihm zu sprechen! Er ist im Krieg verwundet worden«, kam es scharf von Rosanna zurück. Der Blick, den sie Simone zuwarf, war voller Abscheu. Sie

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