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Antonias Wille

Antonias Wille

Titel: Antonias Wille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Hände auf die Schultern und schaute sie streng an.
    Â»Heute, meine liebe Rosanna, wird nicht geputzt und geschrubbt! Und der Blütenstaub klebt nächste Woche auch noch auf den Fenstern. Heute nehmen wir die alte Nähmaschine in Betrieb, und dann nähst du dir das schönste Gewand, das Rombach je gesehen hat. Du kannst doch nähen?«
    Â»Ja, aber –«
    Â»Kein Aber! Auf geht’s!«

Diesen Nachmittag werde ich nie vergessen! Karl und ich hockten zwischen all den ausgebreiteten Stoffen, dem Nähkorb seiner Frau und der Nähmaschine. Als ich ihm sagte, dass ich solch eine Maschine nicht kenne und demzufolge auch nicht bedienen könne, hat er sich vor Erstaunen mächtig verschluckt und musste wieder einmal furchtbar husten. Das Ende vom Lied war, dass Karl an der Nähmaschine saß und die von mir zugeschnittenen Teile zusammennähte. Dabei grummelte er immer wieder: »Wenn mich einer sehen würde …« Diese Vorstellung brachte mich zum Lachen. Er war mit solchem Feuereifer bei der Sache! Schon damals merkte ich, dass Karl alles, was er anpackte, mit Leib und Seele tat. Nun ahnte ich, woher Franziska ihren Fleiß hatte. Nur – bei Karl war es nicht Fleiß allein. Es ging ihm nicht darum, anfallende Arbeit möglichst rasch hinter sich zu bringen. Er arbeitete vielmehr leidenschaftlich gern, ganz gleich, ob er einen seiner Grenzsteine beschlug, einen Anbau für die Scheune plante oder eine Pfeife schnitzte. Wenn man etwas tut, dann muss man es entweder richtig machen oder es bleiben lassen! Das habe ich an diesem Tag verstanden. Jedenfalls besaß ich am Ende einen neuen, dunkelblauen Rock und eine blau gestreifte Bluse mit silberfarbenen Knöpfen. Karl wollte unbedingt, dass ich auch noch eine neue Schürze bekam, da meine alte doch nur noch aus geflickten Löchern bestand. Aus dem Vorrat an Stoffen hätte man das halbe Dorf neu einkleiden können, und die Verlockung war schon sehr groß. Aber es war bereits nach sieben Uhr, und ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil ich außer der Küche nichts geputzt und auch kein Essen gekocht hatte. So packten wir auf mein Drängen die Stoffe wieder in den Schrank und die Nähmaschine in die Kammer.
    An jenem Abend kehrte ich später als sonst ins Dorf zurück und war auf Schelte eingestellt, aber nicht darauf, dass Franziska vor lauter Wut fast platzen würde! Als sie mich in meinem neuenAufzug sah, fielen ihr fast die Augen aus dem Kopf. Dann ging die Fragerei los: Wie ich es wagen konnte, den Tag mit Nähen statt mit der Arbeit im Haushalt ihres Vaters zu verbringen? Was mir einfiele, mich einfach an den Stoffen ihrer Mutter zu bedienen? Ob der alte Mann nicht mehr bei Sinnen wäre? Und so weiter. Später, es waren bereits die ersten Gäste da, gab sie noch immer keine Ruhe. Ob ich mir nun zu fein wäre, das schmutzige Geschirr von Tisch vier abzuräumen, fauchte sie, als ich gerade andere Gäste mit Suppe versorgte. Hätte ich die Suppe kalt werden lassen, um zuerst die leeren Teller abzutragen, hätte Franziska auch gemeckert.
    Ausgerechnet an dem Abend musste mir ein Bierkrug aus der Hand rutschen! Er blieb zwar zum Glück heil, aber dennoch brachte dies das Fass zum Überlaufen. Wie eine Furie schoss Franziska aus der Küche und gab mir vor allen Gästen eine Ohrfeige. Ich sei zu dumm für die einfachsten Arbeiten und nur eine Last für die Familie. Alle haben es mitbekommen – die Gäste, Zacharias … Ich habe dagestanden wie der dümmste Tölpel. Nur mit größter Mühe gelang es mir, meine Tränen zurückzuhalten. Doch obwohl ich am ganzen Leib vor Wut und Scham zitterte, ging ich hoch erhobenen Hauptes an Franziska vorbei und fuhr mit meiner Arbeit fort, als wäre nichts gewesen. Das hatte sie nicht erwartet! Aus dem Augenwinkel sah ich ihre verwirrte Miene. Am Ende trollte sie sich wieder in die Küche. Und im nächsten Moment konnte man hören, wie sie dort Simone und Anton anfuhr.
    Ich hab es mir zwar nicht anmerken lassen, aber den Spaß an meinem neuen Kleid hatte sie mir gründlich verdorben …
    Â»Gräm dich nicht!« Unbeholfen strich Simone Rosanna über die Wange. Dann begann sie Rosannas Haare zu bürsten. Wie jeden Abend hatte sie dafür ihre eigene Bürste geholt. Gesponnenes Gold, nannte sie Rosannas Haar im Stillen. Und Engelshaar. Normalerweise erzählte Rosanna

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