Antrag nach Mitternacht
unweigerlich in den Sinn, sie sah vor sich, wie er lächelte und wie sich dann diese reizenden Fältchen in seinen Augenwinkeln bildeten. Sobald sie sich daran erinnerte, was sie am Abend zuvor getan hatte, begann ihr Herz schneller zu schlagen, und ihr wurde sofort heiß.
Zwar zwang sie sich dazu, sich auf den Brief zu konzentrieren, den sie schreiben wollte, doch nach mehreren Anläufen gab sie es auf und beschloss, sich irgendeiner Beschäftigung zuzuwenden, bei der sie ihre Überlegungen wandern lassen konnte. Also widmete sie sich dem Nähen und Stopfen, aber auch das half nicht, da sie nicht gleichzeitig Strümpfe stopfen und versonnen lächelnd an Rochford denken konnte.
Sie sagte sich, dass die Zeit schneller verstreichen würde, wenn sie am Nachmittag ein paar Besucher empfing, doch auch in diesem Punkt irrte sie. Tatsächlich war das der schlimmste Zeitvertreib überhaupt, da sie vorgeben musste, dem anderen zuzuhören und an dessen Ausführungen interessiert zu sein. Beim Stopfen hatte sie zumindest niemand dabei beobachtet, wie sie zwischendurch ihre Arbeit unterbrach und mit leerem Blick und verträumter Miene vor sich hinstarrte, während sie an Sinclairs Küsse dachte.
Sie verlor im Verlauf der Gespräche so oft den Faden, dass eine Besucherin sich bei ihr erkundigte, ob sie sich womöglich unwohl fühle, wohingegen eine andere ihr einen frostigen Blick zuwarf, als sie ging. Dann endlich suchte der Duke of Rochford sie auf.
Fenton kündigte ihn an, als sie mit Lady Feringham und deren Tochter im Salon saß. Francescas Herz machte einen Satz, und sie sprang von ihrem Platz auf, noch bevor ihr deutlich wurde, wie sie sich verhielt. Mit ernster Miene tat sie so, als würde sie bei jedem Besucher gleichermaßen begeistert reagieren. Sie nickte ihrem Butler zu. „Lassen Sie ihn bitte eintreten.“
Sie wagte es nicht, Lady Feringham oder deren Tochter anzusehen, während sie sich wappnete, Sinclair wieder gegenüberzutreten. Sie durfte sich nichts von dem anmerken lassen, was sich zwischen ihnen beiden abgespielt hatte. Diskretion lautete die Devise.
Rochford folgte dem Butler ins Zimmer, und Francesca sah den Anflug von Enttäuschung auf seinem Gesicht, als er erkannte, dass er nicht der einzige Besucher war. Gleich hinter der Tür blieb er kurz stehen, schließlich trat er näher und verbeugte sich vor ihr. „Lady Haughston.“
„Rochford. Wie erfreulich, Sie zu sehen“, begrüßte sie ihn mit betont ruhiger Stimme. Ihre Wangen fühlten sich etwas wärmer als üblich an, und sie konnte nur hoffen, dass sie nicht errötete – zumindest nicht so sehr, dass es jemandem auffiel.
Sie hielt ihm die Hand hin und sehnte sich zutiefst danach, von ihm berührt zu werden. Natürlich durfte sie sich diesen Wunsch nicht ansehen lassen. Er gab ihr die Hand, während sie ihm kurz in die Augen sah. Es kostete sie alle Mühe, den Blick von ihm abzuwenden.
Mit einem strahlenden Lächeln und einer vagen Geste deutete sie auf die freien Sessel. „Nehmen Sie doch bitte Platz. Soweit ich weiß, kennen Sie Lady Feringham und ihre Tochter Lady Cottwell bereits, nicht wahr?“
„Oh, ja, natürlich.“ Er verbeugte sich tief vor den Frauen und begrüßte sie höflich, während Francesca sich wieder hinsetzte und versuchte, gelassen zu bleiben.
Es war absurd, dass sie in diesem Moment nur daran denken konnte, wie Rochford auf ihr gelegen hatte, die Haut schweißnass, die Augen pechschwarz, als er in sie eingedrungen war.
Sie zog ihr Taschentuch hervor und tupfte ihr Gesicht ab. War sie die Einzige, der es hier viel zu heiß war? Unwillkürlich überlegte sie, ob es seltsam aussah, wenn sie Fenton kommen ließ, damit der das Fenster öffnete.
Im Zimmer herrschte plötzlich Stille, und als Francesca sich umsah, wurde ihr klar, dass etwas nicht stimmte. Nach den erwartungsvollen Mienen der anderen zu urteilen, warteten die offenbar auf irgendeine Antwort von ihr.
„Ich … ich bitte um Verzeihung, aber ich … ich war wohl mit den Gedanken woanders. Ich hatte überlegt, dass es hier recht warm ist. Soll ich ein Fenster öffnen lassen?“
„Oh, nein, es ist sehr angenehm“, beteuerte ihre jüngere Besucherin. „Ich hatte Sie gerade danach gefragt, ob Ihnen Lady Smythe-Fultons Abendempfang in der letzten Woche gefallen hat. Ich muss gestehen, ich hielt es für ein schreckliches Gedränge.“
„Das stimmt, aber ist das nicht Sinn und Zweck eines Abendempfangs?“, gab Francesca lächelnd zurück und versuchte,
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