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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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immer vollkommen überrascht, und dann war die Chance vorbei, Basts Lippen wurden weich und fordernd, und Isis’ Zunge fand wie von selbst den Weg in ihren Mund … gerade lange genug, um eine Explosion aus reiner weißer Glut in Bast auszulösen und sie ein leises, sinnliches Stöhnen ausstoßen zu lassen. Dann lösten sich nicht nur Isis’ Lippen von den ihren, auch ihre Hände, die bisher ihr Gesicht festgehalten hatten, glitten hinab, und sie trat einen Schritt zurück. Nur ihr Blick hielt den Basts weiter unerbittlich fest.
    »Du hast mich immer geliebt«, fuhr sie fort, »vom ersten Tag an. Ich liebe dich auch, Bastet – aber nicht so.«
    »Aber du …«
    »Diese eine Nacht in Memphis war wunderschön, Bastet«, fuhr Isis ungerührt fort. »Ich habe sie genossen, und ich denke selbst heute noch manchmal daran. Aber es war nur eine Nacht, und es ist lange her. Zu lange, um es zu wiederholen. Was zwischen uns war, war ein herrlicher Traum. Mach ihn nicht kaputt.«
    »Aber es könnte … mehr werden«, flüsterte Bast mühsam. Ihre Stimme zitterte. Sie hatte Mühe, überhaupt zu sprechen, geschweige denn einen klaren Gedanken zu fassen. »Der Traum könnte Wirklichkeit werden. Wir … wir könnten gemeinsam weggehen. Wir müssen nicht zurück zu den anderen. Ich meine, egal ob sich Horus durchsetzt oder die anderen, wir müssten nicht zu ihnen zurück. Nicht einmal nach Ägypten. Die Welt ist groß genug!«
    »Ich bin genau da, wo ich sein will«, antwortete Isis ernst, aber auch auf eine unbestimmte Art traurig. »Und ich lebe genau so, wie ich es möchte. Ich wollte, du hättest mir dieses Gespräch nicht aufgezwungen. Aber wahrscheinlich musste es sein.«
    »Aber du …«
    »Ich«, fiel ihr Isis ins Wort, »werde hier bleiben. Allein. Oder zumindest ohne dich. Du solltest überlegen, wo dein wirklicher Platz ist.«
    »Was … meinst du damit?«, fragte Bast verwirrt. Sie konnte immer noch nicht wirklich klar denken. Alles in ihr war in hellem Aufruhr.
    Ihre Gedanken überschlugen sich, und ihr ganzer Körper schrie vor Verlangen. Es kostete sie fast all ihre Kraft, sich nicht auf Isis zu stürzen und sich zu nehmen, was sie so unvorstellbar dringend brauchte, was ihr zustand. Sie zitterte am ganzen Leib.
    »Bist du wirklich sicher, dass du nicht weiter auf Horus’ Seite stehst, als du zugeben willst?«, fragte Isis. »Vielleicht hat er ja recht.«
    »Recht?« Bast lachte schrill. »Womit? Dass wir alle Götter sind und die Menschen nur unsere Spielzeuge oder bestenfalls Schlachtvieh?«
    Statt zu antworten, deutete Isis auf die Photoplatte, die sie noch immer in der rechten Hand hielt. Basts Blick folgte ihrem, und sie registrierte ein dünnes Rinnsal aus Blut, das an der Glasplatte hinunterlief. Erst dann spürte sie den brennenden Schmerz. Sie hatte die Platte so fest umklammert, dass das empfindliche Glas gesprungen war.
    » Das da ist es, wovor Horus wirklich Angst hat«, sagte Isis. »Die Zeit bleibt nicht stehen, und das weiß Horus auch. Er glaubt, dass er auf einem heiligen Kreuzzug ist, um die Ungläubigen zu bestrafen, die unsere Gräber plündern und uns unsere Vergangenheit stehlen, aber in Wahrheit versucht er, die Zeit aufzuhalten. Bist du sicher, dass du nicht dasselbe willst?«
    »Das ist doch … Unsinn«, sagte Bast schleppend. »Horus ist verrückt. Er …«
    »Weil er spürt, dass unsere Zeit abläuft?«, fuhr Isis ungerührt fort. »Vielleicht ist er verrückt, aber wenn, dann allerhöchstens, weil er versucht, mit dem Schwert gegen das Unvermeidliche zu kämpfen.« Sie lächelte traurig. »Vielleicht ist es sogar gut so.«
    »Was?«
    »Vielleicht ist unsere Zeit vorüber, Bastet.« Isis deutete abermals auf die Photoplatte. »Wie lange gibt es uns schon, Bastet? Und was haben wir erreicht?«
    »Alles, was wir wollten«, antwortete Bast automatisch.
    Isis lachte. »Ach, haben wir das? Nun, man könnte es auch anders sehen, meinst du nicht? Am Anfang waren wir Götter, später Könige und Kriegsfürsten, und dann wurden wir zu Legenden. Und was sind wir heute?« Sie beantwortete ihre Frage selbst, und in bitterem, aber nicht resignierendem Tonfall. »Mystische Gestalten, mit denen man Kinder erschreckt.« Sie bückte sich nach ihrem Mantel und streifte ihn über. »Was haben wir hinterlassen, Bastet? Ein paar Ruinen und eine Handvoll Bilder und Vasen in den Museen. Viele von uns sind tot, und ich fürchte, auch die Zeit von uns wenigen Übriggebliebenen läuft ab. Vielleicht gibt es uns

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