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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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unterwegs.
    Bevor sie sich anzog, wickelte sie gegen Mrs Walshs Rat den Verband von ihrer Leibesmitte. Es war so, wie Mrs Walsh gesagt hatte: Ihre Wunde war noch nicht vollständig verheilt, befand sich aber auf dem besten Wege dazu. Noch ein paar Stunden, und von der schrecklichen Verletzung würde nicht einmal mehr eine Narbe zu sehen sein.
    Trotzdem veranlasste sie dieser Anblick zu einem weiteren, tiefen Stirnrunzeln. Mrs Walsh war mit ihrer Behauptung, sie wäre in der vergangenen Nacht beinahe gestorben, der Wahrheit näher gekommen, als sie zugeben wollte. Es hatte tatsächlich nicht viel gefehlt, und das hätte nicht passieren dürfen. Von Ben einmal abgesehen waren die anderen keine Gegner gewesen, an die sie normalerweise auch nur einen Gedanken verschwenden würde, und doch wäre sie um ein Haar getötet worden – nicht weil ihre Kräfte sie im Stich gelassen hätten oder sie unaufmerksam gewesen wäre, sondern weil sie Rücksicht auf Mrs Walsh und die anderen genommen hatte. Sie wurde weich. Vielleicht die gefährlichste aller möglichen Schwächen.
    Bast verscheuchte auch diesen Gedanken, streifte ihr Kleid über und verließ das Zimmer, um nach unten zu gehen.
    Sie erlebte eine Überraschung. Sie hatte natürlich damit gerechnet, noch einen Leichnam zu finden, oder auch nur Spuren des Kampfes, aber der Salon blitzte regelrecht vor Sauberkeit. Wären da nicht der beschädigte Kaminsims und das Loch in der Haustür gewesen – im Vorbeigehen registrierte sie, dass Maistowe es offensichtlich von außen mit Brettern vernagelt hatte –, hätte man meinen können, es wäre überhaupt nichts passiert. Mrs Walsh musste die halbe Nacht geschrubbt und aufgeräumt haben. Nirgendwo war auch nur der winzigste Blutfleck zu sehen, und der Gestank nach Schießpulver, Blut und Furcht war Mrs Walshs Lieblingsgeruch gewichen – frischer Kernseife –, und sie hatte die Gelegenheit offensichtlich beim Schopf ergriffen und auch gleich noch ihre Bagage für die Abreise zusammengepackt. Neben der Tür stapelten sich zwei ausgewachsene Schrank-, ein halbes Dutzend normaler, wenngleich ebenfalls großer, Koffer und nahezu ein Dutzend Hutschachteln, Kisten und Reisetaschen. Bast ertappte sich dabei, tatsächlich einen flüchtigen Blick in die Nische neben der Treppe zu werfen, in der die antike Standuhr stand. Aber sie war noch da.
    Mrs Walsh und Cindy rumorten hinter der offen stehenden Küchentür, während Maistowe am Tisch saß und in irgendwelchen Papieren blätterte. Als er ihre Schritte hörte, wollte er aufspringen, aber Bast hielt ihn mit einem raschen Kopfschütteln zurück. »Bleiben Sie sitzen, Jacob. Bitte.«
    Maistowe war offensichtlich müde genug, um dieses Angebot, gegen die Regeln des Anstandes zu verstoßen, anzunehmen und ließ sich mit einem erschöpften Seufzen wieder zurücksinken. Bast nahm an, dass sie die Einzige im Haus war, die in dieser Nacht geschlafen hatte.
    Sie deutete auf die beschädigte Tür. »Wieso hat der Bobby das Loch nicht bemerkt?«
    »Das hat er«, antwortete Maistowe. »Er hat mir sogar geholfen, es notdürftig zu reparieren und mir die Adresse eines Tischlers gegeben, der die Reparatur fachgerecht und preiswert ausführen kann … nachdem er sich köstlich über mein Ungeschick amüsiert hat.« Er lächelte müde. »Ich bin nun einmal Kapitän eines Schiffes, und kein Möbelpacker. Manche Dinge sollte man vielleicht doch besser Leuten überlassen, die wissen, was sie tun. Ein Profi hätte sich kaum so ungeschickt mit diesem schweren Schrankkoffer angestellt, dass er die Tür damit eingeschlagen hätte.«
    Bast maß das unregelmäßig gesplitterte Loch mit einem prüfenden Blick. »Und das hat er geglaubt?«, fragte sie skeptisch.
    Maistowe nickte. »Die Leute glauben viel, wenn man ihnen ein ganzes Pfund Trinkgeld gibt, nur damit sie einem die Nägel reichen. Wer weiß – für ein weiteres Pfund hilft er meinen Männern vielleicht heute Abend sogar, gewisse schwere Kisten auf den Wagen zu laden.«
    »Übertreiben Sie es nicht, Jacob!«, sagte Bast ernst, aber Maistowe hob nur die Schultern und lächelte noch melancholischer.
    »Ich bin nicht sicher, ob es da noch viel zu übertreiben gibt«, seufzte er. »Verstehen Sie das jetzt nicht falsch, es geht gewiss nicht gegen Sie – ganz bestimmt nicht. Sie können wahrscheinlich am allerwenigsten für das, was gestern Nacht passiert ist. Schließlich haben Sie es nur gut gemeint – aber ich fürchte, diese Angelegenheit wird mehr

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