Anubis 02 - Horus
schwankte ganz leicht. »Sie aber auch, meine Liebe«, sagte er.
Bast tat ihm nicht den Gefallen, darauf zu antworten, und für eine Weile machte sich ein fast betretenes Schweigen zwischen ihnen breit, das Maistowe zwar schließlich selbst brach, dies aber auf eine Weise, die Bast beinahe ebenso unangenehm war. Sein Blick tastete noch einen Moment unstet über ihr Gesicht und ihre Gestalt und blieb schließlich an ihrer rechten Hand hängen. Seine Augen verengten sich überrascht. »Ihre Hand!«
»Was ist damit?« Bast unterdrückte gerade noch im letzten Moment den Impuls, die Finger der Rechten zur Faust zu ballen.
»Sie …« Maistowe schüttelte verwirrt den Kopf, ohne dass sein Blick ihre Hand auch nur für einen Atemzug losgelassen hätte. »Sie waren verletzt!«
Bast ballte nun doch für einen ganz kurzen Moment die Faust, öffnete sie dann wieder und spielte mit den Fingern. Gleichzeitig sah sie Maistowe mit einem verzeihenden, aber auch ganz sacht spöttischen Lächeln an. »Sie müssen sich geirrt haben, Kapitän«, sagte sie. »Da ist nichts, sehen Sie?«
Maistowe starrte ihre Hand nur weiter an, und er zweifelte ganz offensichtlich einfach an dem, was er sah, nämlich nichts. Von dem tiefen Schnitt, den ihr die Klinge des Kerls zugefügt hatte, war nichts mehr zu sehen. »Aber da … da war doch …«, stammelte er. »Ich meine … all das Blut, und …«
»Das nicht das meine war«, unterbrach ihn Bast. »Sie haben sich getäuscht, Kapitän, aber das sollten Sie sich nicht selbst zum Vorwurf machen. Immerhin waren Sie halb bewusstlos, und es war dunkel in der Gasse, und alles ging sehr schnell.«
»Ja, so … muss es wohl gewesen sein«, antwortete Maistowe schleppend. Aber er klang nicht überzeugt, und er war es ganz offensichtlich auch nicht, denn nach einer weiteren Sekunde ergriff er plötzlich Basts Hand und zog sie ein Stück zu sich heran. Seine Fingerspitzen fuhren über ihre schwarze, vollkommen unversehrte Haut.
Die Berührung ließ Bast erschauern, wenn auch auf eine vollkommen andere Art, als er auch nur ahnen konnte. Irgendwie war es ihr gelungen, die Bestie in ihrem Inneren noch einmal zu bändigen, aber sie hatte sich längst nicht wieder vollkommen beruhigt, und das würde sie auch nicht, bevor sie nicht bekommen hatte, was ihr zustand.
Hinter ihr schlug eine Tür, und als Bast sich herumdrehte, sah sie genau in Mrs Walshs Gesicht, die hereingekommen und überrascht stehen geblieben war. Sie sagte nichts, aber zwischen ihren Augen war eine dafür umso vielsagendere senkrechte Falte aufgetaucht, und der Ausdruck in ihren Augen schwankte zwischen Verblüffung und etwas, das vielleicht noch kein Ärger war, es aber sehr leicht werden konnte.
Maistowe ließ ihren Arm hastig los und straffte die Schultern. Auch er sah plötzlich unangenehm berührt aus.
»Ihre Besorgnis ehrt Sie, Kapitän«, sagte Bast, »aber sie ist unnötig. Wie Sie selbst sehen: Mir fehlt nichts.« Sie drehte sich ganz zu Mrs Walsh um und hob die Handfläche in ihre Richtung. »Der gute Kapitän war in Sorge, ich könnte verletzt worden sein, aber er muss sich geirrt haben – was ja auch nur zu verständlich ist bei all der Aufregung.«
In der ersten Sekunde änderte sich weder Mrs Walshs Blick noch der misstrauische Ausdruck auf ihrem Gesicht, während sie zuerst Basts Handfläche und dann einen Punkt hinter ihr ansah.
Bast drehte sich nicht herum, aber sie konnte regelrecht spüren, wie Maistowe errötete.
»Sie hätten beide verletzt werden können oder Schlimmeres«, sagte Mrs Walsh schließlich. Das Misstrauen wich endlich aus ihrem Blick, aber nicht, um dem gewohnten freundlichen Lächeln Platz zu machen. Sie sah jetzt eindeutig verärgert aus, und sie machte keinen Hehl aus ihren Gefühlen. »Ich dachte, ich hatte mich deutlich genug ausgedrückt, was diese Gegend angeht«, sagte sie. »Anscheinend haben Sie mir nicht richtig zugehört. Gibt es dort, wo Sie herkommen, keine schlechten Menschen?«
Mehr, als du dir vorstellen kannst. Und nicht nur Menschen. »Doch«, antwortete sie schuldbewusst. »Und Sie haben recht, Mrs Walsh. Sie haben mich gewarnt, und ich hätte auf Sie hören sollen. Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass sie mir zu fünft auflauern würden.«
»Zu fünft?«, ächzte Mrs Walsh.
»Miss Bast hat sie …«, begann Maistowe.
Bast fiel ihm eine Spur zu hastig ins Wort: »Ich fürchte, es war ganz allein meine Schuld. Ich habe wohl nicht begriffen, wie gefährlich diese
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