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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hatte.
    »Oh ja, bitte entschuldigen Sie«, sagte sie hastig. »Wie schon gesagt, wir sind keine Menschen wie die meisten anderen. Und wir verfügen über gewisse … Fähigkeiten.«
    »Und welche wären das?«, fragte Mrs Walsh.
    Bast sah sie traurig an. Nun blieb ihr wirklich keine Wahl mehr. Sie würde Mrs Walsh und Kapitän Maistowe jede Erinnerung an sie und alles, was mit ihr zusammenhing, nehmen. Aber nicht jetzt. Das würde nichts nutzen. Sie könnte aufstehen und gehen, und alles, woran sie sich erinnern würden, wäre ein Gefühl sonderbarer Leere und verlorener Zeit, aber das würde sie nicht retten, denn Horus würde kommen. Und er würde sie töten, denn er war nie der sanftmütige und verzeihende Gott gewesen, als den die Menschen ihn zu kennen glaubten. Sie musste hierbleiben, ob sie wollte oder nicht, und sie musste sie zumindest bis zu einem gewissen Punkt einweihen, wollte sie ihre Leben retten. Plötzlich war alles furchtbar kompliziert geworden.
    Statt Mrs Walshs Frage zu beantworten, zeigte sie es ihr.

    Sie selbst war in die Küche gegangen, um Tee aufzubrühen, auf die Art ihrer Heimat, süß und stark und so heiß, wie es gerade noch ging, ohne sich ernsthaft zu verbrühen.
    Sowohl Mrs Walsh als auch Maistowe hatten ihn getrunken, ohne zu protestieren, und Maistowe hatte sogar nach einer zweiten Tasse verlangt und sie kommentarlos heruntergestürzt. Seine Hände hatten noch immer gezittert, als er die geleerte Tasse auf den Unterteller zurückstellte, und hätte es noch irgendeines Beweises dafür bedurft, wie sehr sie das Gesehene erschreckt hatte, so wäre es wohl die Tatsache gewesen, dass Mrs Walsh keinerlei Einwände erhob, als er sich mit zitternden Fingern einen Zigarillo anzündete.
    Und es war auch Mrs Walsh, die als Erste ihre Fassung wiederfand – nach guten fünf Minuten, in denen sich Bast immer wieder vergebens fragte, ob sie nicht gerade einen weiteren und vielleicht sogar den bisher schwersten Fehler gemacht hatte.
    »Das war … wirklich beeindruckend«, sagte sie mit belegter Stimme. »Ich war richtig erschrocken. Dabei sollte ich es nicht sein, nicht wahr?« Sie versuchte zu lächeln, brachte aber nur ein nervöses Verziehen der Lippen zustande. »So haben Sie es also bewerkstelligt, uns aus dem Museum herauszuholen, nicht wahr? Ich habe mich die ganze Zeit über gefragt, wie Sie es geschafft haben. Ich hatte schon fast angefangen, an Zauberei zu glauben.«
    Sie lachte nervös, und auch Bast lächelte zurück, zollte Mrs Walsh in Gedanken zugleich aber auch abermals Respekt. Diese grauhaarige Frau war offenbar härter im Nehmen, als es den Anschein hatte. Immerhin hatte sich Bast gerade vor ihren Augen in einen grauhaarigen, missmutig dreinblickenden Mann in der dunkelblauen Uniform eines Museumswächters verwandelt, dieselbe Gestalt, die sie auch angenommen hatte, um unter den Augen ihrer vermeintlichen Kollegen aus dem Museumsgebäude herauszuspazieren. So mancher wäre bei diesem Anblick schreiend zusammengebrochen. Maistowe machte übrigens ganz den Eindruck, als stünde er kurz davor.
    »Mit Zauberei hat das rein gar nichts zu tun«, antwortete sie, ebenso sanft wie unrichtig. »Wenn man es genau nimmt, dann ist es nicht viel mehr als ein Taschenspielertrick.«
    »Sie nehmen mich auf den Arm«, antwortete Mrs Walsh.
    »Vielleicht vereinfache ich es ein wenig«, räumte Bast ein. »Aber eigentlich läuft es genau darauf hinaus: Illusion.«
    »Illusion?«, wiederholte Mrs Walsh zweifelnd … aber vielleicht auch nicht nur zweifelnd. Da war noch etwas. Etwas, das sie immer noch nicht greifen konnte.
    »Der Mensch sieht nur das, was er sehen will«, erklärte sie. »Die menschlichen Sinne sind sehr leicht zu täuschen, wenn man weiß, wie es geht. Ich gebe zu, es ist ein bisschen mehr als das, was Sie vielleicht von einem Ihrer Jahrmarktszauberer geboten bekommen.«
    »Oder in einem Varieté«, fügte Mrs Walsh hinzu.
    »Oder in einem Varieté«, bestätigte Bast, äußerlich ungerührt. »Aber im Prinzip ist es dasselbe. Nur dass wir es … ein wenig besser können.«
    »Wir?«, hakte Mrs Walsh nach.
    »Die Männer, die … meine Freundin und mich verfolgen …«, begann sie und verfluchte sich selbst für ihr plötzliches Ungeschick, auch nur die simpelsten Worte zu finden. »Die Männer, vor denen ich Sie warnen muss«, fuhr sie unbeholfen fort, »beherrschen diese Kunst leider ebenso gut wie ich. Sehr wenig von dem, was Sie gesehen zu haben glauben, ist wirklich

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