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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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es uns überhaupt möglich war, das Museum zu verlassen –, aber Sie sind zusammengebrochen, kaum dass wir in der Droschke saßen. Ich hatte meine liebe Mühe, den Kutscher dazu zu überreden, überhaupt loszufahren.«
    »Das tut mir leid«, sagte Bast ehrlich. »Ich wollte nicht, dass …«
    »… Sie mir etwas schuldig sind? Also, ich schon.« Mrs Walsh lächelte flüchtig, aber Maistowe wurde immer nervöser und begann unruhig in seinem Sessel hin und her zu rutschen, ohne dass er etwas gegen die Bewegung tun konnte. »Finden Sie nicht, dass Sie uns ein paar Erklärungen schulden?«, fuhr Mrs Walsh fort.
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel über das, was heute Morgen geschehen ist«, antwortete Mrs Walsh. »Was ich gesehen habe.«
    »Was haben Sie denn gesehen, Mrs Walsh?«, fragte Bast. Sie hob die Hand. »Nein, ich meine diese Frage ernst. Was man sieht, muss nicht unbedingt das sein, was wirklich ist.«
    »Sie sprechen in Rätseln«, antwortete Mrs Walsh, leicht verstimmt. »Also gut, wenn Sie darauf bestehen, Spielchen zu spielen, dann muss ich mich wohl oder übel …«
    »So ist es nicht, Mrs Walsh«, fiel ihr Bast ins Wort. »Ich kann mir gut vorstellen, wie Sie und Kapitän Maistowe sich fühlen, und ich könnte gut verstehen, wenn Sie jetzt verärgert oder auch zornig auf mich sind, aber …«
    »Das bin ich keineswegs«, fiel ihr nun Mrs Walsh ins Wort. »Ich bin ein wenig enttäuscht.«
    »Weil ich Ihnen nicht vertraue«, vermutete Bast.
    »Weil Sie mich für dumm zu halten scheinen«, versetzte Mrs Walsh, nun doch hörbar verärgert, »und sich nicht einmal die Mühe machen, es irgendwie zu verhehlen.«
    Bast seufzte. »Bitte, Mrs Walsh! Ich kann Ihre Reaktion verstehen, und glauben Sie mir, es tut mir aufrichtig leid, dass es so kommen musste. All das heute Morgen … Sie hätten nichts davon sehen sollen.«
    »Weil es gefährlich für mich sein könnte?«, fragte Mrs Walsh spöttisch.
    »Für Sie und den Kapitän, ja«, antwortete sie ernsthaft. Maistowe fuhr bei diesen Worten sichtbar zusammen und sah plötzlich noch nervöser aus, aber Mrs Walsh lachte nur noch einmal, und diesmal klang es beinahe schon verächtlich.
    »Wie kommt es nur, dass mich diese Antwort nicht überrascht?«, fragte sie spöttisch. »Vielleicht, weil ich sie erwartet habe?«
    »Das mag sein, aber es ändert nichts daran, dass es die Wahrheit ist«, sagte Bast. »Heute Morgen habe ich Ihnen gesagt, dass ich mir eine andere Unterkunft suchen werde, und ich hätte es besser sofort getan, statt mit Ihnen in dieses Museum zu gehen. Dann wäre Ihnen eine Menge erspart geblieben … und mir auch.«
    »Eine ziemlich unangenehme Begegnung zum Beispiel.«
    »Und dieses Gespräch, ja«, bestätige Bast ungerührt. So wie ihr und Maistowe die mindestens ebenso unangenehme Erfahrung, für den Rest ihres Lebens mit der Erinnerung an zwei komplette Tage herumzulaufen, an die sie sich eben nicht erinnerten. Bast fragte sich, warum sie es nicht gleich tat; Mrs Walsh und Maistowe zwang, ihr einfach zuzuhören, ihre Erinnerungen auslöschte und ging. Es wäre möglich. Sie hatte so etwas schon oft getan. Sehr oft. Früher war sie den komplizierten, aber auch eleganteren Weg gegangen und hatte die Erinnerungen ihrer Opfer nicht einfach nur ausgelöscht, sondern durch neue und unverfängliche ersetzt; Mrs Walsh und Kapitän Maistowe beispielsweise hätten sich sehr wohl an einen Gast erinnert, allerdings an einen Mann mit vielleicht heller Haut und eher unauffälligem Aussehen, und auch nur insofern, dass an ihm rein gar nichts Außergewöhnliches gewesen war und sie eher froh gewesen waren, als er auszog. Aber irgendwann hatte sie begriffen, wie tückisch ein solches Vorgehen war. Falsche Erinnerungen waren wie vermeintlich harmlose Wege voller heimtückischer Fallgruben, in denen sich der arglose Wanderer hoffnungslos verstricken und manchmal auch verirren konnte. Sie konnte keine Erinnerungen an Dinge fälschen, von denen sie nichts wusste. Menschen wurden von Bekannten und Nachbarn auf Begebenheiten und Gespräche angesprochen, an die sie sich nicht mehr erinnerten, oder bezogen sich auf Vorfälle, die es nie gegeben hatte. Sie hielten Dinge für erledigt, ohne sie getan zu haben, oder taten sie doppelt, und irgendwann begannen sie nervös zu werden und Nachforschungen anzustellen, die niemals zu einem Ergebnis führten. Manche zerbrachen daran. Der menschliche Geist war ungeheuer belastbar und zu geradezu unvorstellbaren Leistungen fähig,

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