Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
aber zugleich auch so zerbrechlich wie feinstes chinesisches Porzellan. Letzten Endes hatte sich die uneleganteste und direkteste Methode als am besten erwiesen: Sie löschte die entsprechenden Erinnerungen aus und hinterließ nichts als Leere, über die sie sich den Kopf zerbrechen konnten, bis sie schwarz waren. Brutal, aber effizient.
    Bast setzte dazu an, genau das zu tun, und Mrs Walsh sagte: »Aber wir sind doch bereits in Gefahr, man Kind.«
    Die unsichtbare Faust, die bereits zum Hieb ausgeholt hatte, verharrte mitten in der Bewegung. Bast blinzelte. »Wie?«
    Mrs Walsh lächelte. »Sie vergessen anscheinend, dass ich dabei war, mein Kind. Sie mögen ja tapfer sein, und außerordentlich stark, und ganz zweifellos verfügen Sie noch über eine Menge anderer Fähigkeiten, von denen ich nichts weiß, aber wenn Sie mir meine Offenheit verzeihen: Sonderlich klug scheinen Sie mir nicht zu sein.«
    »Wie meinen Sie das?« Bast spürte selbst, dass ihr Lächeln ziemlich verunglückte.
    »Nun, ich weiß nicht, welchen Streit Sie mit Professor Renouf haben, oder ob das überhaupt sein richtiger Name ist, aber er hat mich gesehen. Sie haben ihm meinen Namen genannt. Wenn er tatsächlich so gefährlich ist, wie Sie anzunehmen scheinen, dann wird er meinen Aufenthaltsort rasch herausfinden und hierherkommen.«
    »Nein, Mrs Walsh«, sagte Bast beruhigend. »Das wird er nicht. Dafür habe ich gesorgt.«
    Aber hatte sie das wirklich? Ganz plötzlich war da ein Gefühl in ihr, das sie nur sehr selten verspürte: Zweifel. Da war etwas, etwas, das sie – beunruhigend genug – vergessen hatte, und das wichtig war. Hing es mit Horus zusammen – oder mit Gloria Walsh?
    »Wer sind Sie wirklich?«, fragte Mrs Walsh geradeheraus.
    »Das habe ich Ihnen gesagt«, antwortete Bast.
    »Ja, das haben Sie«, sagte Mrs Walsh. »Ich beginne mich allerdings zunehmend zu fragen, ob Sie nicht tatsächlich die Wahrheit gesagt haben, Bastet. «
    »Ich fürchte, ich … verstehe nicht ganz, worauf Sie hinauswollen, Mrs Walsh«, sagte Bast steif »Sie sind Bastet, habe ich recht?«, fragte Mrs Walsh.
    Bast starrte sie viel zu lange und viel zu erschüttert an, um ihrer Antwort noch irgendeine Glaubwürdigkeit zu verleihen. »Sie wissen selbst, wie sich das anhört, nicht wahr?«
    Mrs Walsh schwieg, aber sie hielt ihrem Blick auch so unerschütterlich stand, dass Bast sich ernsthaft zu fragen begann, ob es ihr überhaupt möglich sein würde, ihren Willen zu brechen, und Maistowe sagte: »Ich habe mich gestern Abend nicht geirrt, habe ich recht?«
    »Womit?«
    »Als Sie dem Kerl das Messer aus der Hand geschlagen haben, da war ich sicher, Sie hätten sich dabei verletzt«, antwortete er. »Später war Ihre Hand unversehrt, aber als ich Sie darauf angesprochen habe, haben Sie behauptet, ich hatte mich wohl getäuscht.«
    Bast fragte sich immer mehr, warum sie dieses Gespräch nicht einfach beendete – aber da war auch noch immer das verstörende Gefühl, etwas sehr Wichtiges vergessen zu haben. Sie schwieg beharrlich weiter.
    »Und Ihr kleiner Zusammenstoß mit Professor Renouf heute Morgen ist auch nicht ganz folgenlos geblieben, nicht wahr?«, fügte Mrs Walsh hinzu. »Sie wurden verletzt. Vor meinen Augen.«
    Daher also ihre so sonderbar betonten Worte vorhin, dachte Bast. Sie gestand sich ein, dass sie nicht nur Maistowe, sondern auch Mrs Walsh unterschätzt hatte. Und sich selbst überschätzt. Sie begann nachlässig zu werden, und sie begann Fehler zu machen; immer mehr und immer schlimmere Fehler.
    »Sie haben recht«, sagte sie leise, hob aber auch sofort die Hand und zwang ein knappes Lächeln auf ihre Lippen. »Nicht mit dem, was Sie über meinen Namen gesagt haben. Aber Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, dass ich eine Göttin bin. Götter findet man heute nur noch im Museum. Aber ich – ich und die anderen –, wir sind auch keine Menschen wie der Kapitän oder Sie.«
    »Oder irgendjemand sonst hier in London«, stellte Mrs Walsh fest. »Und was genau sind Sie?«
    Und dann wusste sie es. Horus kannte Mrs Walsh. Er kannte auch Maistowe, und er musste nur wie ein ganz normaler Mensch zwei und zwei zusammenzählen, um dieses Haus und damit auch Mrs Walsh zu finden. Deine grauhaarige Freundin, hatte er unten in der Kanalisation zu ihr gesagt. Wie hatte sie das nur vergessen können?
    »Miss Bast?«, fragte Mrs Walsh.
    Bast fuhr leicht zusammen, als ihr klar wurde, dass sie sekundenlang einfach dagesessen und ins Leere gestarrt

Weitere Kostenlose Bücher