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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Kaff Zeitungen gegeben, mit deren Hilfe er sich auf dem Laufenden gehalten hatte. Doch schon als er in San Francisco aus dem Zug gestiegen war, war ihm klar geworden, dass Thompson offensichtlich nicht wirklich in der Vergangenheit, sondern irgendwie neben der Zeit zu existieren schien. Es hatte auch dort Automobile gegeben, natürlich, aber sie waren stets Fremdkörper geblieben, Absonderlichkeiten, bei deren Anblick man stehen blieb und den Kopf drehte, vielleicht mit einem angedeuteten Lächeln, das dieser neumodischen Verrücktheit galt, die sich bestimmt nicht lange halten würde. San Francisco hingegen war das genaue Gegenteil. Und auch wenn sie sich seit einer halben Stunde beharrlich von der Stadt entfernten und die sanften Hügel, durch die sie nun fuhren, gar nicht so anders waren als die, zwischen denen Thompson eingebettet war, so hatte er dennoch das Gefühl, sich nicht nur in einer anderen Gegend, sondern gewissermaßen in einer anderen Welt zu befinden, wenn nicht in einem anderen Universum.
    »Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, wenn’s ein bisschen holperig wird«, fuhr sein Chauffeur fort. Mogens blickte fragend, und der Junge mit den fast schulterlangen blondenLocken machte eine wedelnde Handbewegung, von der Mogens inständig hoffte, dass sie nicht dem entsprach, was er gerade als holperig bezeichnet hatte. »Die Straße führt direkt übern Berg. Es gibt ein paar üble Schlaglöcher, aber keine Sorge – ich kenn mich aus.«
    »Und die Hauptstraße?«, fragte Mogens zögernd.
    »Zwanzig Meilen um den Berg rum, oder eine drüber«, sagte der Junge, als sei das Antwort genug. Mogens verzichtete darauf, etwas dazu zu sagen; eine solche Antwort – noch dazu in einem solchen Ton – konnte nur jemand geben, der noch nicht alt genug war, um zu wissen, mit was für unangenehmen Überraschungen das Leben zuweilen aufzuwarten pflegte. Und mit jemandem, der solche Antworten gab, zu diskutieren war vollkommen sinnlos.
    Dennoch fragte er nach kurzem Zögern: »Haben wir es denn so eilig?«
    »Sie haben einen anstrengenden Tag hinter sich, Professor«, antwortete der Junge. »Ich dachte, es wär Ihnen recht, ein bisschen früher anzukommen.« Er lachte, aber es klang plötzlich ein ganz kleines bisschen nervös. In seinen hellblauen, sehr klaren Augen zeigte sich zum ersten Mal, seit Mogens zu ihm in den Wagen gestiegen war, eine Spur von Unsicherheit, während er Mogens rasch und sehr aufmerksam musterte. »Ich kann natürlich auch …«
    »Nein, nein, schon gut«, fiel ihm Mogens ins Wort. »Nehmen Sie ruhig den Weg, den Sie sich zutrauen. Ich gehe davon aus, dass Sie wissen, was Sie tun, Mister …?«
    »Tom«, antwortete der Junge. »Sagen Sie einfach Tom zu mir. Und Sie können mich ruhig duzen. Eigentlich heiß ich Thomas, aber keiner nennt mich so. Auch nicht Doktor Graves.«
    »Kennst du den Doktor schon länger, Tom?«
    Tom schüttelte den Kopf. »Ich bin hier aufgewachsen.«
    Mittlerweile hatte er den Wagen nahezu auf Schritttempo abgebremst und verlangsamte noch weiter, bis sie nahezu zum Stehen gekommen waren. Ein Knirschen erscholl, als Tom den Ganghebel nach vorne schob. Es kostete ihn sichtbareMühe, dann vollführten seine Füße wieder jene kompliziert trampelnde Abfolge von Bewegungen, und der Ford bog in rechtem Winkel von der asphaltierten Hauptstraße ab. Noch bevor seine Hinterräder den festen Untergrund gänzlich verließen, senkte sich das rechte Vorderrad mit solcher Wucht in ein Schlagloch, dass sich nicht nur der gesamte Wagen wie ein waidwund geschossenes Tier schüttelte, sondern auch Mogens’ Zähne mit solcher Gewalt aufeinander schlugen, dass er nur mit Mühe einen Schmerzlaut unterdrückte. Instinktiv sah er nach vorne, halbwegs darauf gefasst, das abgebrochene Vorderrad noch ein Stück davonrasen zu sehen, ehe es sich schwankend neigte und dann wie ein auslaufender Brummkreisel auf die Seite fiel. Stattdessen jedoch mühte sich der Ford schnaufend aus dem Graben heraus und wurde wieder schneller.
    »’tschuldigung«, sagte Tom hastig, als Mogens den Kopf drehte und ihn ansah. Er zuckte verlegen mit den Schultern und versuchte ein um Verzeihung heischendes Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern, erreichte damit aber nichts anderes, als noch jünger und damit endgültig wie ein Kind auszusehen, das sich den Wagen seines Vaters zu einer verbotenen Spritztour ausgeliehen hatte. »Ich vergess dieses verdammte Kaninchenloch immer wieder!«
    Mogens fuhr sich mit der

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