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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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seiner Erleichterung allerdings sehr viel höheren Stollen, der auf der anderen Seite der Höhle tiefer in die Erde hineinführte. Der Zugang war mit einer grob aus Latten zusammengefügten Tür verschlossen, die allerdings einen alles andere als stabilen Eindruck erweckte. Selbst Mogens, der von eher schwächlicher Konstitution war, traute sich zu, sie ohne besondere Mühe aufzubrechen.
    Mercer und McClure eilten voraus, während sich Hyams nicht von ihrem Platz rührte, sondern ihnen nur mit finsterem Gesicht nachblickte. »Begleiten Sie uns nicht, meine Liebe?«, fragte Mercer.
    »Ich habe zu tun«, antwortete Hyams knapp und mit einer erklärenden Geste auf den überladenen Tisch. »Doktor Graves wollte die Übersetzung bis heute Abend fertig haben.«
    »Er wird Ihnen gewiss nicht den Kopf ab …«, begann Mercer, sprach den Satz aber dann nicht zu Ende, sondern beließ es bei einem angedeuteten Achselzucken und einem leisen Seufzen, bevor er sich wieder umwandte und seinen Weg fortsetzte. Schweigend öffnete er die Lattentür – Mogens fiel auf, dass sie nicht einmal ein Schloss hatte –, trat hindurch und wartete, bis Mogens und McClure ihm gefolgt waren.
    »Nehmen Sie es ihr nicht übel«, sagte McClure. »Suzan ist im Grunde ganz umgänglich. Sie macht im Moment nur eine … schwierige Zeit durch.«
    Mogens hatte das sichere Gefühl, dass er eigentlich etwas ganz anderes hatte sagen wollen, aber er zuckte nur mit den Schultern und wandte sich um, um seine Umgebung in genaueren Augenschein zu nehmen. Auch dieser Stollen wurde elektrisch beleuchtet, wenn auch nicht annähernd so grell wie die große Höhle, durch die sie gerade gekommen waren.In Abständen von vielleicht fünfzehn oder zwanzig Schritten hingen nackte Glühbirnen unter der Decke, deren gelblicher Schein einen geradezu unglaublichen Anblick enthüllte.
    »Aber das ist doch …« Mogens ächzte, trat mit zwei raschen Schritten an Mercer und McClure vorbei an die Wand und ließ seinen Blick ungläubig über den grauen Fels gleiten. Was er sah, war … unmöglich!
    »Ich wusste, dass es Ihnen gefällt«, sagte Mercer fröhlich.
    Mogens hörte seine Worte gar nicht. Er starrte die Wand vor sich an, das Unglaubliche, das darauf zu sehen war, hob den Arm und ließ die Hand dann wieder sinken, als hätte er Angst, das Bild könne wie eine Seifenblase zerplatzen, wenn er es berührte. Verwirrt drehte er den Kopf und starrte abwechselnd Mercer und McClure an.
    »Das … das ist ein Scherz, oder?«, murmelte er.
    »Keineswegs«, antwortete Mercer. Er strahlte wie ein Honigkuchenpferd, und auch McClure lächelte mit unübersehbarem Stolz. Und natürlich war es kein Scherz. Ganz davon abgesehen, dass nicht einmal der infantilste Witzbold der Welt einen solchen Aufwand betrieben hätte, nur um sich einen Jux zu machen, hätte es niemand gekonnt . Was er sah, war echt.
    Ebenso echt wie unmöglich. Die Wand vor ihm war übersät mit Bildern. Etliche waren gemalt, mit kräftigen, plakativen Farben, denen das blasse elektrische Licht den Großteil der Leuchtkraft nahm, die sie zweifellos hatten, die meisten aber waren mit tiefen Linien in den Stein hineingemeißelt, Bilder, die vor einer Ewigkeit und für die Ewigkeit geschaffen worden waren.
    Da war eine riesige, hundeköpfige Gestalt mit nachtschwarzer Haut und glühenden Augen, daneben die katzenköpfige Bastet und Isis, ein Stück weiter der krokodilsgesichtige Sobek, Seth, Aton und Amun-Ra … Auf dem vielleicht zwanzig Schritte messenden Teilstück der Wand, das Mogens überblicken konnte, tummelte sich ein ganzer Reigen ägyptischer Gottheiten und Pharaonen. Manche der abgebildeten Gestalten waren Mogens gänzlich unbekannt, viele wirktenauf sonderbare Weise … falsch, als wären sie nach demselben Vorbild erschaffen, aber von einem vollkommen anderen Künstler, der aus einer anderen Schule mit gänzlich verschiedener Tradition stammte, viele aber waren Mogens so vertraut, dass ihm ein eisiger Schauer nach dem anderen über den Rücken lief. Erneut streckte er die Hand aus, um das Relief zu berühren, und wieder wagte er es nicht und zog die Finger unverrichteter Dinge zurück.
    »Nun?«, griente Mercer. »Ist die Überraschung gelungen?«
    Mogens schwieg. Er konnte nichts sagen. Fassungslos starrte er abwechselnd Mercer, die Wandreliefs und -malereien, McClure und wieder die unglaublichen Bilder vor sich an.
    »Das … das ist …«
    »… noch nicht einmal das Beste«, fiel ihm Mercer ins

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