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Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Mercer in der Tiefe anlangte, und sein Atem ging so schnell, als wäre er eine Meile weit um sein Leben gerannt. Er blieb ein paar Sekunden mit geschlossenen Augen stehen und wartete, bis sich sein hämmernder Herzschlag wieder beruhigt hatte.
    »Man gewöhnt sich daran«, sagte Mercer noch einmal, als Mogens die Augen wieder öffnete und sich mit klopfendem Herzen umsah. Es waren dieselben Worte, aber sein Tonfall hatte sich verändert. Mogens hörte nun echtes Mitgefühl in seiner Stimme, vielleicht sogar eine Spur von Sorge.
    »Ich war nur … ein wenig überrascht«, sagte er nervös. »Damit habe ich nicht gerechnet.«
    Mercer sah ihn noch einen Herzschlag lang durchdringend an und wechselte dann mit einem unbehaglichen Räuspern das Thema. »Von jetzt an geht es nur noch geradeaus. Kommen Sie.«
    Mogens warf noch einen unbehaglichen Blick in die Runde, bevor er sich seinem Führer anschloss. Der Schacht, der oben kreisrund war und einen Durchmesser von gut sieben Fuß hatte, erweiterte sich hier zu einer asymmetrischen Höhle von der gut doppelten Größe. Ein Teil der Wände bestand aus verwittertem grauem Fels. Die Konsistenz des Restes war nicht zu erkennen, denn er war mit groben Brettern abgestützt, zwischen denen hier und da kleine Rinnsale hervorsickerten, die sich am Boden zu ölig schimmernden Pfützen sammelten. Mogens sah stirnrunzelnd auf seine Schuhe hinab. Der Morast, über den er sich gerade geärgert hatte, war verschwunden, aber dafür waren sie nun völlig durchnässt.
    »Ich fürchte, das ist meine Schuld«, sagte Mercer in einem Ton ehrlichen Bedauerns. »Ich hätte Sie warnen sollen. Aber wir haben uns alle schon so sehr daran gewöhnt …« Er hob entschuldigend die Schultern.
    »Das … macht nichts«, sagte Mogens. Was Unsinn war. Die Schuhe, die er trug, waren nicht nur sein bestes, sondern zugleich auch sein einziges Paar. »Wohin führt dieser Gang?«, fragte er mit einer entsprechenden Geste auf einen knapp fünf Fuß hohen, sorgsam mit Brettern und fast armdicken, gehobelten Balken abgestützten Tunnel, der unmittelbar hinter Mercer tiefer in die Erde hineinführte. An seinem Ende schimmerte ein blasses, gelbes Licht.
    »Wir haben hier überall elektrischen Strom«, sagte Mercer, dem Mogens’ erstaunter Blick keineswegs entgangen war. »Graves hat einen Generator herbeischaffen lassen, der das ganze Lager versorgt, sowohl ober- als auch unterirdisch.« Er nickte gewichtig. »Man kann gegen den guten Doktor sagen, was man will, aber was er anpackt, das macht er richtig.«
    »Was kann man denn gegen ihn sagen?«, erkundigte sich Mogens.
    Statt zu antworten, grinste Mercer nur, beugte sich ächzend vor und drang gebückt in den Tunnel ein. Mogens musste ein Grinsen unterdrücken, als er den unbeholfenen Watschelgang sah, zu dem die niedrige Decke und seine eigene Körperfülle Mercer zwangen, und er ließ ihm einen angemessenen Vorsprung, bevor er ihm folgte; schon aus ästhetischen Gründen. Mercers gewaltiges Hinterteil füllte den Gang vor ihm aus wie ein heruntergefallener Vollmond, und sein gekrümmter Rücken scharrte unter der Decke entlang, sodass der Doktor unentwegt ächzte und schnaubte wie eine altersschwache Lokomotive, die sich eine viel zu große Steigung hinaufquälte. Dann und wann lösten sich Holzsplitter oder auch kleine Steinchen von der nur zum Teil verkleideten Decke, sodass es Mogens schon aus diesem Grund angeraten schien, einen gewissen Sicherheitsabstand einzuhalten – er trug nicht nur sein einziges Paar Schuhe, sondern auch seinen besten Anzug.
    Gottlob war der Tunnel nicht besonders lang. Nach kaum drei Dutzend Schritten richtete sich Mercer schnaufend vor ihm wieder auf. Dann trat auch Mogens aus dem Tunnel heraus und in einen unerwartet großen, von einer Anzahl elektrischer Glühbirnen fast taghell erleuchteten Raum.
    Im ersten Moment blinzelte er, geblendet durch das ungewohnt grelle Licht, und er erkannte nur Schemen. Immerhin identifizierte er zwei oder drei weitere Schemen; vermutlich die anderen Kollegen, von denen Mercer gesprochen hatte.
    »Kommen Sie, Professor!« Mercer wedelte aufgeregt mit beiden Händen. »Ich stelle Ihnen den Rest der Bande vor!«
    Mogens blinzelte noch einmal, um seinen Augen Gelegenheit zu geben, sich an die fast schattenlose Helligkeit zu gewöhnen, die das elektrische Licht verbreitete, dann richtete er sich vollends auf und fuhr sich glättend mit beiden Händen über den zerknitterten Anzug. Nicht, dass da

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