Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Anubis - Roman

Titel: Anubis - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
anliegende Lederhandschuhe trug. »Bin ich der Wahrheit damit nahe gekommen, oder habe ich noch etwas vergessen … O ja: Man hat dich nur eingestellt, weil man sich mit einem Akademiker deines Kalibers schmücken wollte. Und weil du billig warst.«
    »Du hast dich gut informiert, Jonathan«, sagte Mogens düster. Seine Worte abzuleugnen wäre sinnlos gewesen. Lächerlich. Nicht nur Graves, sondern auch sich selbst gegenüber. Graves hatte mit wenigen Worten seine Situation so präzise beschrieben, wie es nur möglich war; und zugleich brutaler, als Mogens es jemals über sich gebracht hätte.
    Die behandschuhten Finger klappten das Etui auf, nahmen eine Zigarette und eine kostbare Zigarettenspitze aus poliertem Schildpatt heraus und klappten es wieder zu. Mogens hatte für einen ganz kurzen Moment Mühe, seinen Worten noch zu folgen. Was er beobachtete, verwirrte und faszinierte ihn zugleich. Graves’ Finger bewegten sich auf eine Art und Weise, wie er es noch nie zuvor gesehen, ja, nicht einmal für möglich gehalten hatte, die er nicht einmal wirklich beschreiben konnte. Schnell, fließend, scheinbar unabhängig voneinander und auf eine Art, als folgten sie dabei einem nicht erkennbaren, aber vorhandenen Muster. Graves’ Hände schienen ihm viel mehr eigenständig denkende Wesen zu sein als Anhängsel seines Körpers, die nicht wirklich den Befehlen seines Geistes gehorchten, sondern eilfertig darum bemüht schienen, seinen Wünschen vorauszueilen.
    »Selbstverständlich habe ich mich informiert«, antwortete Graves spöttisch. Seine Finger verstauten das Zigarettenetui wieder in der Jacke und zauberten in der gleichen spinnenhaften Bewegung ein goldenes Feuerzeug hervor. »Ich fahre nicht zweieinhalbtausend Meilen weit, ohne mich vorzubereiten.« Er ließ sein Feuerzeug aufschnappen und drehte das Zündrädchen. Ein schwacher Geruch nach Benzin schlug Mogens entgegen, und er sagte schnell: »Bitte nicht. Ich verabscheue den Geruch von kaltem Rauch.«
    Graves hielt ungerührt das Ende seiner Zigarette in die Flamme und nahm einen tiefen Zug. »Du wirst ihn nicht lange ertragen müssen«, sagte er, während sein Gesicht langsam hinter einem Vorhang aus grauem Qualm verschwand, der ihm aus Mund und Nase quoll. »Wenn wir uns einig werden – woran ich im Grunde nicht zweifle, Mogens, denn ich halte dich nach wie vor für einen sehr klugen Mann –, dann kannst du dieses elende Kaff und diese jämmerliche Bruchbude hier schon heute verlassen.«
    Mogens starrte missbilligend auf die brennende Zigarette im Mundwinkel seines Gegenübers; im Grunde nur, um den Anblick seiner Hände nicht weiter ertragen zu müssen, war sich aber nach einem Augenblick nicht mehr sicher, wirklicheinen guten Tausch gemacht zu haben. Aus Graves’ Mund und Nase quoll noch immer Rauch von dunkelgrauer, zäher Konsistenz, der sich in trägen Schwaden rings um ihn herum in der Luft ausbreitete und nur langsam zu Boden sank, ehe er – ungefähr in der Höhe seiner Knie – vom Luftzug des Kamins ergriffen und in die Flammen gesaugt wurde. Er bewegte sich nicht, und er sah auch nicht wirklich aus wie Zigarettenrauch, fand Mogens. Es sah eher aus, als … als sondere Graves grauen Schleim ab, der aus seinem Mund und seinen Nasenlöchern tropfte und sich wie eine Flüssigkeit verhielt, die leichter als Luft war.
    »Interessiert?«, fragte Graves, als Mogens nicht sofort antwortete und er sein Schweigen anscheinend falsch deutete.
    »Wie ich bereits sagte: Ich habe eine Anstellung«, antwortete Mogens steif.
    Graves wollte antworten, doch in diesem Moment klopfte es an der Tür, und noch bevor Mogens reagieren konnte, wurde aufgemacht, und Miss Preussler kam herein. Sie ging ein wenig schräg, was wohl daran lag, dass sie ein Tablett in den Händen balancierte, auf dem sich eine Teekanne und zierliche Porzellantassen befanden, und sie außerdem in einer schon fast komplizierten Haltung nach vorne und zur Seite geneigt ging, um mit dem Ellbogen die Türklinke herunterzudrücken. Das Porzellan auf dem Tablett klirrte leise. Mogens war zu weit entfernt, um rechtzeitig aufzustehen und ihr zu helfen, und Graves, der näher stand, rührte keinen Finger. Er runzelte nur missbilligend die Stirn und folgte Miss Preussler mit Blicken, als sie ungeschickt an ihm vorbeistolperte und ihre Last mit mehr Glück als Geschick unversehrt zum Tisch trug.
    »Ich dachte mir, dass die Herren vielleicht eine kleine Erfrischung wünschen«, sagte sie. »Bester

Weitere Kostenlose Bücher