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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel
Autoren: Mary Stanton
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Einbruch entdeckt und seinen Chef angerufen haben. Daraufhin hatte Chandler seine Streitkräfte mobilisiert, zuerst Lindquist und Stubblefield. Diesen beiden Anrufen folgte eine lange Liste weiterer Telefonate. Bree überflog die aufgeführten Gespräche. Der Anzahl nach zu schließen hatte Chandler offenbar ununterbrochen telefoniert. Sie konzentrierte sich auf die Telefonate, die er am frühen Abend im Miner’s Club geführt haben musste. Ein Anruf von Chad Martinelli. Ein anderer bei dessen Vater, Peter Martinelli. Und zwei weitere Anrufe Proberts, erst bei Chad, dann bei Lindsey.
    Bree lehnte sich zurück. Chad hatte also bei Probert angerufen. Warum? Um ihm zu drohen? Ratlos schüttelte sie den Kopf. Das ergab einfach keinen Sinn. Noch nicht.
    Sie wandte sich den Unterlagen zu, den Zeugenaussagen, dem Unfallbericht, der Zusammenfassung ihrer Gespräche mit dem Rest der Familie Chandler. Noch einmal las sie den Autopsiebericht, wobei ihr auffiel, dass Probert Chandler die Blutgruppe o gehabt hatte.
    Das ließ sie innehalten.
    Bree war realistisch genug, um sich darüber im Klaren zu sein, dass sie als Anwältin für Körperschaftssteuer recht – ihr eigentliches Spezialgebiet, bevor sie an diese verrückte Aufgabe als Verteidigerin von Toten geraten war – nur über ein einziges wirkliches Talent verfügte, nämlich: sich auch die nebensächlichsten Einzelheiten gut merken zu können. Und irgendetwas an dieser Blutgruppe störte sie.
    Den Laborbericht über Carrie-Alices Blutgruppe hatte sie immer noch in der Tasche. Sie holte ihn heraus und strich ihn glatt.
    Carrie-Alice hatte ebenfalls o.
    Und Lindsey …
    Bree blätterte die medizinischen Unterlagen des Mädchens durch. Da war es. A negativ.
    »Wow«, sagte Bree laut. Lindsey war nicht Proberts Tochter. Das konnte sie gar nicht sein. Es war einfach nicht möglich, dass ein Elternpaar mit der Blutgruppe o ein Kind mit der Blutgruppe A hatte. So gut waren Bree die Mendel’schen Gesetze noch in Erinnerung.
    Bree hob den Kopf und starrte aus dem Fenster, wobei sie angestrengt darüber nachdachte, warum ihr diese Information eigentlich so entscheidend vorkam. Sie griff nach dem Telefon. Carrie-Alice. Bei Lindseys Mutter musste sie anfangen, um Antworten zu erhalten.
    Ein Donnerschlag ließ das Haus erbeben. Draußen heulte der Wind auf. Miles und Bellum saßen wie aus Stein gemeißelt da. Um sie herum wirbelten welke Blätter und Staub auf. Bree erhob sich – zumindest Sascha wollte sie nicht draußen lassen, falls es anfing zu regnen.
    Langsam teilte sich der morastige Schlamm, der
    Josiahs Grab bedeckte. Miles drehte sich herum, der Öffnung zu. Bellum wich ein Stück zurück, senkte den Kopf und fletschte die furchterregenden Zähne. Ihre Augen leuchteten rot.
    In den Tiefen des offenen Grabs entstand ein seltsam unheimliches, feuriges Leuchten. Dann schlängelte sich ein breiter Strahl aus schmutzig-grünem Licht über den Rand der Grube und kroch über die Erde.
    Bree stellte fest, dass sie gegen den Schreibtisch zurückgewichen war. In dem Lichtstrahl tauchte eine Gestalt auf, die die Umrisse eines Menschen hatte, zugleich aber merkwürdig verzerrt wirkte, so als nehme Bree sie durch die Oberfläche eines mit einer Schleimschicht bedeckten Teichs wahr. Sie schien aus Fleisch und Knochen zu bestehen, doch das Fleisch war totenbleich und stark verwest. Der Mann – oder das, was einmal ein Mann gewesen war – hob, eine entsetzlich wirkende Geste, auffordernd die Arme.
    » Bree! «
    Plötzlich tauchte Sascha wie aus dem Nichts auf, mit wütend schlagendem Schwanz, und bellte, als wolle er die Toten zum Leben erwecken.
    Was allerdings gar nicht mehr nötig schien.
    Miles und Bellum sprangen nach vorn. Die Erde gab unter ihnen nach, und sie verschwanden lautlos in der Grube.
    Sascha sprang zurück und vermied es um Haaresbreite, ebenfalls in die Grube zu stürzen. Josiah – wer sollte es sonst sein? – hob den Kopf und starrte Bree unverwandt an. Die Augen in seinem zerstörten Gesicht waren von grässlichem, menschlichem Blau. Er grinsteauf eine ganz entsetzliche Weise. Dann wirbelte er herum und trat so zu, dass sein Stiefel Sascha unter dem Kinn traf. Der Hund heulte auf, wurde hochgeschleudert und prallte mit dumpfem Knall gegen den Magnolienbaum.
    Bree rannte zur Hintertür und riss sie auf. Der Wind schlug ihr so heftig entgegen, dass sie ins Wanken geriet. Nachdem sie das Gleichgewicht wiedergewonnen hatte, stürzte sie sich wie ein
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