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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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zusammenlaufen. Ausden Zelten schimmerte das Licht der Kerzen, die auf den Tischen standen. Auf der anderen Seite der niedrigen Mauer, die das Grundstück gegen die Baumwollfelder abgrenzte, war ein riesiger Holzstapel aufgeschichtet worden, der um Mitternacht angezündet werden sollte. Als Bree acht oder neun Jahre alt gewesen war, hatte ein Verwandter eine Strohpuppe mitgebracht, wie man sie in England am Guy-Fawkes-Tag ins Feuer wirft. Einer ihrer Cousins hatte Antonia allerdings eingeredet, dass es sich dabei um einen richtigen Menschen handle. Damit Tonia aufhörte, wie wahnsinnig zu schreien, hatte Bree ins Feuer gegriffen, um die Strohpuppe herauszuholen. Danach hatte Francesca allen verboten, jemals wieder eine Strohpuppe mitzubringen. Brees Verbrennungen hatte sie mit Olivenöl bestrichen und verbunden.
    Der Abend war kühl. Bree hüllte sich in eine silberne Stola, die ihre Mutter ihr gegeben hatte. Sie blieb am oberen Ende der Treppe stehen und betrachtete die zahlreichen Gäste, die sich auf dem Rasen drängten. Die meisten waren alte Freunde der Familie. Einige waren Klienten ihres Vaters. Und nicht wenige waren Verwandte, Winston-Beauforts wie auch Carmichaels.
    Bree entdeckte Tante Cissy, winkte ihr zu und stürzte sich ins Gedränge.
    »John Lindquist? Darf ich Ihnen meine Tochter Brianna vorstellen? Bis vor Kurzem hat sie in meiner Kanzlei gearbeitet. Jetzt hat sie in Savannah eine eigene aufgemacht.« Royal hatte Bree beim Handgelenk gepackt und zog sie mit sanfter Gewalt zu dem Kreis von Männern,mit denen er sich zuvor unterhalten hatte. Um dem Lärm, den die plaudernden Gäste machten, und der Musik des Pianisten zu entgehen, war Bree zu der Mauer hinübergeschlendert, hinter der man den Holzstapel aufgeschichtet hatte. Von dort hatte sie beobachtet, wie ihr Vater eine kleine Gruppe von Männern geschickt in ihre Richtung gelenkt hatte.
    »Hab ich schon gehört.« Lindquist sah ganz wie ein Pharmazeut aus, falls es so etwas wie das typische Aussehen eines Pharmazeuten überhaupt gab. Er wirkte äußerst proper, seine mittelgroße, schlanke Gestalt zeugte von regelmäßigen Besuchen im Fitnesscenter. Dabei machte er einen irgendwie akkuraten Eindruck, so als beginge er höchst selten einen Fehler. Er hatte blassblaue Augen und strahlte eine gewisse Unnahbarkeit aus. Als Bree später darüber nachdachte, kam sie zu dem Schluss, dass er auf einer Party lieber Beobachtungen anstellte als daran teilzunehmen. Sie hatte einen Mann vor sich, für den es wenig Unterschied machte, ob er durch ein Museum schlenderte oder sich mit lebendigen Menschen unterhielt.
    »Sehr erfreut!« Bree streckte die Hand aus, die Lindquist mit leicht erstauntem Gesichtsausdruck schüttelte. Möglicherweise hielt er sie ja für ein interaktives Exponat.
    »An Francis und Arnie wirst du dich sicher erinnern, Bree.« Sie lächelte den beiden Männern zu, mit denen ihr Vater immer Golf spielte, und wartete, bis sie sich entfernt hatten. Dann wandte sie sich wieder Lindquist zu, der gerade den Holzstapel betrachtete. »Hauptsächlich Kiefernholz, wie? Und ein bisschen Zedernholz.«
    Bree blickte verblüfft drein. Von Holz verstand sie nicht allzu viel. »Ja, wahrscheinlich. Wir sammeln das ganze Jahr über abgefallene Äste und heben sie auf.« Sie sah sich das Holz genauer an. »Allerdings vermute ich, dass auch noch was von dem alten Hühnerstall dabei ist.«
    »Mm.« Er ließ das Eis in seinem Glas kreisen und trank aus. »Carolyn hat mir erzählt, Sie hätten Lindseys Verteidigung übernommen.«
    »Carolyn? Sie meinen Carrie-Alice?«
    »Für mich war sie immer Carolyn, und das wird sie auch bleiben«, erwiderte er pedantisch. »Mit dieser Carrie-Alice-Sache hat sie erst angefangen, als wir einen Teil unseres Betriebs nach Georgia verlagerten.«
    »Marlowe’s hat also auch hier einen Herstellungsbetrieb? Ich dachte, die meisten Ihrer Fabriken befänden sich entweder in Iowa oder in China.«
    »Nur eine kleine Forschungseinrichtung ist hier«, sagte er. »Und natürlich der Laden. Beide unterstehen mir. Bert mochte die Gegend. Die Lebenshaltungskosten sind günstig, keine Einkommenssteuer, die anderen Steuern niedrig. Die Arbeitskräfte sind ebenfalls billig.«
    Und rekrutierten sich hauptsächlich aus armen, verschuldeten Leuten ohne Ausbildung. Plötzlich fiel ihr die Geschichte ein, die vor mehreren Jahren durch die Medien gegangen war. »Und bei uns gibt es nicht so viele Kontrollen wie in anderen Staaten«, sagte sie.

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