Anwältin der Engel
einen Scheck von meiner Klientin bekommen.«
»Prompte Zahlungen sind ein Segen«, stellte ihr Vater salbungsvoll fest und zwinkerte ihr zu. »Dann brauchst du wohl keinen Scheck von mir, um über die Runden zu kommen, wie?«
»Nein, Daddy, ganz sicher nicht.« Bree merkte, wie vertraute Gefühle in ihr aufstiegen – Verdruss, Ärger und Liebe. »Ich komme bestens zurecht.«
Die Haustür öffnete sich, und General steckte seinen dunklen Kopf zur Tür heraus. »Darf ich Ihnen allen etwas bringen? Einen Whiskey Soda, Mr. Royal?« Er schloss die Fliegentür behutsam hinter sich. »Und da ist ja Bree! Wie geht es Ihnen, mein Mädchen? Wir haben Sie ja ewig nicht gesehen.«
Bree sprang auf und umarmte General liebevoll. So weit sie zurückdenken konnte, war der alte Mann ein wichtiger Teil des Familienlebens gewesen. »Ich bin nur übers Wochenende hier, General, aber ich freu mich riesig, wieder zu Hause zu sein.«
»Ich muss gerade wegen der Lieferungen hinter dem Haus gewesen sein, als Sie angekommen sind«, sagte er voller Bedauern. »Und wie ich sehe, essen Sie nur wie ein Spätzchen. Ich hol Ihnen ein schönes Stück von Adelinas Pecannusskuchen, ja? Und den Whiskey Soda für Mr. Royal. Bin froh, dass Sie wieder da sind, wo Sie hingehören. Und einen netten Hund haben Sie auch mitgebracht. Werd mal sehen, ob ich ein paar Essensreste für ihn auftreiben kann.« Er zwinkerte Sascha freundlich zu und verschwand im Haus.
Bree lächelte in sich hinein. Ihre Mutter stupste sie an. »Was ist?«
»Es ist schön, wieder zu Hause zu sein, Mama.«
»Es ist schön, dich wieder zu Hause zu haben, mein Liebling.« Sie klatschte energisch in die Hände. »Hör mal, Royal. Meine diskreten telefonischen Nachforschungen über die Chandlers haben rein gar nichts ergeben. Über Probert konnte ich kaum etwas herausfinden. Er war wohl ziemlich eigenbrötlerisch. Scheint ein richtiger Methodist gewesen zu sein, und das ist nicht gerade ein Kompliment, wenn man an John Knox denkt.«
»Knox war Presbyterianer, Francesca«, stellte Royal richtig. »Was deine Mutter sagen will, Bree, ist, dass es für den Mann nur Geschäft und Familie gab und er in beiden Bereichen von einer gewissen Knauserigkeit war.«
»Das ist viel zu höflich formuliert, Daddy. Marlowe’s ist auf der ganzen Welt für seine rücksichtslose Preispolitik bekannt. Das Unternehmen ist dafür berüchtigt, dass es mit halsabschneiderischen Maßnahmen Konkurrenten ausbootet. Und die Zulieferbetriebe werden absolut schäbig behandelt. Das weiß ich, weil ich jedenTag einen Blick in den Wirtschaftsteil der Zeitung werfe.«
»In den Wirtschaftsteil einer liberalen Zeitung«, murmelte Royal. »Nun reg dich mal nicht auf. In jeder Laissez-faire-Ökonomie gibt es zwangsläufig Unternehmen wie Marlowe’s. Das ist der Preis einer freien Wirtschaftsordnung.«
»Das brauchte aber nicht so zu sein«, entgegnete Bree aufgebracht.
In diesem Augenblick kam General mit einem Whiskey Soda, einem Stück Pecannusskuchen und einer kleinen Kanne Tee zurück. Er reichte Royal den Drink, gab Bree den Kuchen (die ihn neben sich auf den Tisch stellte) und schenkte Francesca eine Tasse Tee ein. Sascha warf er einen großen Schinkenknochen hin. Dann entfernte er sich wieder.
Royal schlug die Beine übereinander und nippte an seinem Drink. »Ich habe wegen deiner jungen Klientin auch ein paar Telefonate geführt. Wusstest du eigentlich, dass Probert einen Geschäftspartner hatte?«
Bree dachte kurz nach. »Ja, glaub schon. Lindquist heißt er.«
»John Allen Lindquist. Er und Probert haben an der Universität von Oregon gemeinsam Pharmazie studiert und gehörten derselben Studentenvereinigung an. Lindquist hat sich in all den Jahren ziemlich im Hintergrund gehalten, hatte aber mehr Einfluss in der Firma, als man auf den ersten Blick annehmen würde. Er ist amtlich zugelassener Pharmazeut und gleichzeitig Doktor der Medizin und hat viel Arbeit in die Entwicklung von Billigpräparaten gesteckt.«
»Damit verdient Marlowe’s doch das meiste Geld, nicht wahr?«, sagte Bree. »Ich glaube, unten in Ames haben sie eine riesige Fabrik, wo sie viele dieser Präparate herstellen.«
»Nun ja, die größten Fabriken befinden sich allerdings in China.« Royal hielt sein Glas in die Sonne, um sich an der Bernsteinfarbe des Whiskeys zu ergötzen. »Dort sind die Arbeitskräfte billig und niemand kümmert sich sonderlich um die Arbeitsbedingungen. Außerdem sind die Einfuhrzölle
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