Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
Vom Netzwerk:
gesäumt.
    In den über dreihundert Jahren seiner Geschichte war Savannah mehrmals niedergebrannt, von Hurrikanen verwüstet und von Piraten beschossen worden. Ein Charakteristikum der Stadt war der Mischmasch von Baustilen, sodass Häuser im Queen-Anne-Stil, im georgianischen oder im viktorianischen friedlich neben Gebäuden im neogriechischen oder im spanischen Stil oder neben Jugendstilbauten standen. Der Miner’s Club befand sichin einem großen Gebäude des in New Orleans üblichen Typs, das nacheinander einen emigrierten französischen Herzog, ein Bordell, ein Waisenhaus und einen Mehlmagnaten beherbergt hatte. Bree fuhr die Liberty Street hinunter und parkte in der Nähe des Clubhauses, dessen Fassade blau-grün verputzt war. Scharlachrote Bougainvilleen rankten sich um die schmiedeeisernen Veranden und Balkons. Am schmiedeeisernen Zaun blühten die letzten Hortensien.
    Bree schob die schwere Mahagonitür auf und trat in die kleine Eingangshalle, die mit dickem blauem Teppichboden ausgelegt war. Von der Eingangshalle ging eine zweite Mahagonitür ab, die halb offen stand. Bree hörte das Klirren von Gläsern und leises Gemurmel. Sie schob die Tür ganz auf und kam in einen holzgetäfelten Raum, der als Bar und Speisesaal diente.
    Die Decke des Raums war niedrig. Vor den Fenstern zur Straße standen zahlreiche kleine runde Tische, an denen etwa ein halbes Dutzend Gäste saßen, hauptsächlich Männer, die meisten davon in Anzügen. Bree wartete vor dem langen glänzenden Tresen, bis der Mann dahinter das Glas, das er in der Hand hielt, abgetrocknet und ins Regal gestellt hatte. »Montel«, sagte sie, »wie geht’s?«
    Er drehte sich um und neigte den Kopf ein wenig zur Seite. »Miss Beaufort«, erwiderte er und trat auf sie zu, während er das Geschirrtuch zusammenlegte. »Darf ich mir erlauben, Ihnen zu sagen, wie sehr wir den Richter vermissen?«
    Der Richter war Brees Großonkel Franklin. Sie hatte ihn sehr geliebt, obwohl das, was sie nach seinem Todüber ihn erfahren hatte, sie dann doch ziemlich aus der Fassung gebracht hatte. Und dass er ihr seine Kanzlei vererbt hatte, machte sie nach wie vor nicht sonderlich glücklich.
    »Er ist gern hierhergekommen, nachdem er den ganzen Tag im Gerichtssaal verbracht hatte«, sagte sie.
    »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?« Montel war ein ernster, schlanker Schwarzer, dessen Alter irgendwo zwischen fünfzig und siebzig lag. Er gehörte sozusagen zum lebenden Inventar des Clubs, wo ihn alle mochten.
    Bree ließ sich auf einem Barhocker nieder. »Nur ein Club Soda, bitte.«
    Montel nahm ein schlankes Glas vom Regal und füllte es mit Eis, Zitrone und Club Soda. Bree bedankte sich und nippte an ihrem Drink. Nachdem sie eine Weile geschwiegen hatte, sagte sie: »Onkel Franklin hat nie viel von Mr. Chandler erzählt. Soviel ich weiß, war er hier doch auch Mitglied, oder?«
    Montel nickte nachdenklich.
    »Gewiss erinnern Sie sich, dass er diesen tragischen Unfall hatte, kurz nachdem er von hier aufgebrochen war.«
    »Muss vor etwa vier Monaten gewesen sein.« Montel nickte. »Hm, ja. Ich kann mich an den Abend erinnern.«
    »Können Sie sich auch noch erinnern, mit wem er damals zusammen war?«
    »Also das hat die Polizei mich auch schon gefragt«, erwiderte Montel. »Er hat mit einigen Leuten gesprochen, obwohl er sich zu niemandem an den Tisch setzte. Er hat genau da gesessen, wo Sie jetzt sitzen.«
    Bree warf einen Blick auf den Barhocker. Sie hoffte, dass Probert ihr nicht gerade jetzt erscheinen würde.
    »Hat einiges weggeputzt an dem Abend.«
    »Drinks?«, fragte Bree.
    »Drinks. Manhattans, um genau zu sein.«
    »Hm«, sagte Bree. »War das so üblich bei ihm?«
    »Überhaupt nicht. No, Sir. Wenn er wochentags hier war, hat er immer nur ein Bier vom Fass getrunken, und bei der einen oder anderen besonderen Gelegenheit vielleicht einen Champagnercocktail. Aber das war sein Limit. Bis zu dem Abend.«
    »Wirkte er irgendwie erregt?«
    »Kann man wohl sagen«, erwiderte Montel.
    »Hat er etwas zu Ihnen gesagt? Hat er vielleicht erwähnt, warum er erregt war?«
    Ein seltsamer Ausdruck huschte über Montels Gesicht. »Nun ja, Mr. Chandler war aus dem Norden«, sagte er. »Über so was hätte er mit mir nicht gesprochen. Und mit anderen Clubmitgliedern auch nicht.« Bree fiel ein, was ihre Mutter darüber gesagt hatte, dass Probert kein Einheimischer war.
    »Sie haben nicht … äh … « Bree suchte nach einer diplomatischen Formulierung, um Montel zu

Weitere Kostenlose Bücher