Anwältin der Engel
ich Sie beide seit Freitagnachmittag nicht mehr gesehen habe, sollte ich Ihnen sagen, dass Lindsey sich strikt geweigert hat, den Raubüberfall einzugestehen – und dass Cordy nun mit Volldampf auf einen Prozess hinarbeitet. Sie,Petru, müssen also so viel wie möglich über Probert ermitteln, vor allem, ob es jemanden gab, der aus irgendeinem Grund zornig auf ihn gewesen sein könnte. Benutzen Sie das Internet und stellen Sie eine Liste zusammen. Und Sie, Ron, müssen sich mit dem Unfall auf der Skidaway Road befassen, der noch einmal aufgerollt werden muss. Außerdem möchte ich, dass Sie sich beide Chandlers Antrag auf einen neuen Prozess durchlesen. Ich brauche einen Überblick über all die Fälle, die in der ursprünglichen Anklageschrift angeführt werden.«
»Das ist Aufgabe einer juristischen Hilfskraft«, stellte Petru fest. »Ronald ist nicht in der Lage, diese Schriftstücke zu beurrteilen.«
»Ich möchte, dass wir alle sie lesen«, sagte Bree energisch. »Vielleicht fällt einem von uns ja etwas auf, das den anderen entgangen ist. Damit meine ich auch mich. Okay? Weiß nun jeder, was er zu tun hat? Morgen Vormittag um die gleiche Zeit treffen wir uns wieder, um zu berichten, was wir herausgefunden haben.«
»Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem Fall dieses jungen Mädchens und dem unseres Klienten«, sagte Petru. »Aber ich werde fleißig Nachforrschungen anstellen, liebe Bree.«
»Danke. Das werde ich auch tun, und zwar indem ich mit Miss Madison Bellamy rede.« Sie lächelte, als sie den verständnislosen Ausdruck in den Gesichtern ihrer Kollegen bemerkte. »Niemand kennt ein Mädchen so gut wie ihre beste Freundin. Und wenn Lindsey nicht bereit ist, sich selbst aus dem Schlamassel zu ziehen, in dem sie steckt, dann kann man nur hoffen, dass Madison es ist.«
Petru und Ron verließen das Zimmer, um sich ihren jeweiligen Aufgaben zuzuwenden. Bree wusste noch genug über Jugendrecht, um sich darüber im Klaren zu sein, dass es für alle Beteiligten besser war, wenn sie sich zuerst an Madisons Eltern wandte. Deshalb rief sie Madisons Mutter an, um einen Termin auszumachen.
»Sie ist in der Schule, bis drei Uhr nachmittags«, sagte Andrea Bellamy am Telefon. »Soll ich in der Schule anrufen und sie nach Hause schicken lassen?« In ihrem Ton schwang jene Genervtheit mit, den die meisten Eltern an den Tag legen, wenn sie von ihren halbwüchsigen Kindern sprechen.
»Ich kann auch gern am späten Nachmittag vorbeikommen«, schlug Bree vor. »Es ist wirklich nicht nötig, sie extra aus dem Unterricht zu holen.«
»Unterricht«, schnaubte Andrea Bellamy. »Das ist ihr letztes Jahr, danach geht sie aufs Pepperdine College. Mag ja sein, dass sich Maddys Körper im Klassenzimmer befindet, aber mit den Gedanken ist sie ganz woanders. Die Schule hat es zwar geschafft, die Fernsehleute vom Schulgrundstück fernzuhalten, aber die lauern jetzt natürlich draußen, um bei Schulschluss wie die Geier über die Kinder herzufallen. Dieser ganze Trubel ist doch wirklich schrecklich.«
Bree, die merkte, dass Andrea Bellamy dabei war, sie komplett vollzuquatschen, fiel ihr energisch ins Wort. »Könnte ich dann heute Nachmittag gegen halb vier vorbeikommen?«
»Na klar! Ich mach uns einen Latte. Und vielleicht können Sie mir noch verraten, wann sich dieser ganze Trubel wieder legt.«
»Bald, hoffe ich.« Vorausgesetzt, ich kann diese grässliche Lindsey davon abhalten, erneut eine Show abzuziehen .
Bree legte erleichtert auf. Auf der Videoaufnahme hatte Madison wie ein kluges, vernünftiges Mädchen gewirkt. Vielleicht kam sie auf diese Weise ja endlich mit Lindseys Verteidigung weiter. Doch bevor sie zu den Bellamys musste, hatte sie noch genug Zeit, um sich mit einer anderen Frage zu beschäftigen – mit der nämlich, was Probert Chandler am letzten Abend seines Lebens alles getan hatte.
Sie würde mit dem Miner’s Club beginnen, in dem Probert Chandler seine letzten Stunden auf Erden verbracht hatte.
Der Miner’s Club, eine Bastion von Savannahs alter Garde, lag am Colonial Park Cemetery Square. James W. Oglethorpe hatte die von ihm gegründete Stadt auf vielfältige Weise geprägt, doch am großartigsten war ihm die Anlage der Altstadt gelungen, die er in vierundzwanzig Plätze aufgeteilt hatte. Ursprünglich diente jeder Platz einem bestimmten Zweck und war um eine Kirche, eine Schule oder ein Regierungsgebäude herum oder als Park angelegt. Jeder der Plätze wurde von Wohnhäusern
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