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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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Leitplanke. Die Böschung fiel jäh ab und führte zu einer Senke, die mit Kudzu überwuchert war. Bree schnitt eine Grimasse. Vor vier Monaten war das Auto hier hinuntergestürzt. Seitdem waren die Pflanzen so üppig gewachsen, dass sich nicht mehr erkennen ließ, wo der Wagen gelandet war.
    »Sandflöhe«, sagte Bree. Diese kleinen aggressiven Biester würden ihr innerhalb weniger Sekunden die Beine blutig beißen. Ganz zu schweigen von Schlangen, Spinnen und was sonst noch in dem grünen Gestrüpp lauernmochte. Seufzend richtete sie sich auf. Das Klügste wäre, später wiederzukommen, in Jeans, Gummistiefeln und langärmeligem Hemd.
    Sie kniff die Augen zusammen, weil sie hoffte, doch noch irgendetwas zu entdecken, das sie davon abhalten würde, sich durch dieses Grünzeug zu arbeiten, in dem es mit Sicherheit auch Giftsumach und dergleichen gab.
    Und sie entdeckte tatsächlich etwas. Etwa fünfunddreißig Meter von der Böschung entfernt stand eine Trauerweide, deren Stamm eine große Schramme aufwies – eine Schramme von der Art, wie sie ein Auto verursacht, wenn es gegen einen Baum prallt. Bree zögerte einige Sekunden, schalt sich schließlich feige und kletterte hinunter.
    Im Gras bewegte sich etwas. Sie hielt inne, dann machte sie einen Schritt vorwärts …
    In eisige Kälte. In eine Kälte, die sich wie mit Krokodilszähnen in ihre Knochen grub. In einen Wind, der nach Tod und Verwesung roch und ein Geräusch herantrug, als risse ein Presslufthammer die Erde auf .
    Vorsichtig wich Bree zurück, worauf die Vision verschwand. Als sie noch weiter zurücktrat, stolperte sie über einen glatten runden Gegenstand, der zuvor – dessen war sie sich sicher – nicht hier im Gras gelegen hatte.
    Es war ein Briefbeschwerer aus Plexiglas, versehen mit dem unverkennbaren Logo von Marlowe’s, einem kunstvollen M .
    Sie hob ihn auf und wartete, hörte jedoch nichts, spürte auch nichts. Was immer es gewesen sein mochte, wer immer es gewesen sein mochte, war verschwunden.
    Sie sah auf ihre Armbanduhr. Es war höchste Zeit, die Bellamys aufzusuchen. Doch zuerst würde sie noch ins Büro fahren, um Bellum und Miles zu holen. Ohne die Hunde würde sie nirgendwo mehr hingehen.
    Nie mehr.

Ein treuer Freund ist wie eine lebenspendende Medizin.
Jesus Sirach 6,16
    »Ich weiß wirklich nicht, wie lange sich die Medien noch für den Fall interessieren werden«, sagte Bree, um Andrea Bellamys ständig wiederholte Frage zu beantworten. Madisons Eltern wohnten in einem großen, kostspielig ausgestatteten neuen Haus in der Nähe des Sweetlands-Golfplatzes. Die Fußböden waren mit Bambus ausgelegt, die Wände in kräftigen modischen Farben wie Stahlgrau oder Grasgrün gestrichen. In der Küche, in der sie saßen, schien ebenfalls alles vom Feinsten zu sein: Smallbone-Schränke, Arbeitsplatten aus schwarzem Granit, Viking-Apparaturen aus rostfreiem Stahl. Der Kaffee kam heiß und mit der richtigen Beimischung von Milch aus einer eingebauten Espresso-Maschine.
    »Entkoffeiniert. Oder möchten Sie etwas anderes?« Andrea stellte die Tassen auf ein Platzdeckchen, das farblich mit den dunkelgrünen Wänden harmonierte. Dann nahm sie Bree gegenüber am Küchentisch Platz.
    »Nein, das ist prima so.«
    Andrea betrachtete sie mit offenem, interessiertem Blick. Sie war ein wenig zu mager, hatte gut geschnittenes brünettes Haar und einen glatten Teint. »Sie sind also Bree Beaufort«, sagte sie im Plauderton. »Wir haben natürlich schon viel über Ihre Familie gehört. Ihre Tante Cissy spielt ja eine ziemlich große Rolle im Miner’s Club.«
    »Dann kennen Sie sie also?«, fragte Bree.
    »Ich? Nein! Wir haben uns nie um die Mitgliedschaft beworben. Könnten wir uns wahrscheinlich auch gar nicht leisten. Außerdem glaube ich kaum, dass die uns überhaupt aufnehmen würden. Mason«, fügte sie hinzu, »mein Mann, ist Klempner. Sind Sie im Miner’s Club vielleicht schon mal Klempnern begegnet?«
    Bree ignorierte den scharfen Ton, in dem Andrea gefragt hatte. »Ich verbringe nicht viel Zeit im Club.« Sie lächelte, öffnete ihre Aktentasche und nahm ihren Kugelschreiber sowie einen Notizblock heraus.
    Andrea neigte den Kopf lauschend zur Seite. »Ah! Madison ist da. Schade. Ich hatte mich auf ein bisschen Klatsch und Tratsch über die oberen Zehntausend gefreut.« Theatralisch verdrehte sie die Augen.
    »Da hätte ich Sie ohnehin enttäuschen müssen.«
    Andrea lächelte verkrampft. Und wirkte irgendwie gekränkt. Bree, der

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