Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16

Titel: Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Nevill
Vom Netzwerk:
Stimme. Sie nahm ihre Kinder, presste sie an sich und stürzte davon. Noch im Weggehen sah sie immer wieder über die Schulter zu ihm zurück. Sogar aus einigen Metern Entfernung konnte er ihren Schnurrbart erkennen.
    Die Thunfischdosen, die er sich aus dem Regal genommen hatte, hatten irgendwas Klebriges auf der Oberseite, das auch ranzig roch. Garantiert verseucht. Er stellte sie zurück. Was die Sardinendosen betraf, so wusste er ganz genau, dass die silbrigen Leiber der Weibchen mit kleinen braunen Eiern prall gefüllt waren. Seth musste aufstoßen und wischte sich den milchigen Schweiß von der Stirn.
    Im angrenzenden Gang konnte er einfach nicht glauben, was er sah: Ein ganzer Haufen Leute in übel riechenden Mänteln kauften massenweise Reis, in dessen durchsichtiger Plastikverpackung deutlich die Exkremente von Nagetieren zu sehen waren.
    In seinem Korb befand sich nichts weiter als schlapper Sellerie und ein bräunlicher Salatkopf. Er stellte noch ein paar Flaschen stilles Mineralwasser hinzu. Der Drahtgriff schnitt in seine Hand. Er warf den Sellerie und den Salat wieder raus. Er musste etwas finden, das in Metall eingeschweißt war, das niemand angefasst oder manipuliert hatte, das niemand angeschnüffelt oder angehaucht hatte. Aber keinen Fisch. Er wollte unverdorbene, essbare Ware, am besten irgendeine geschmacklose Paste, die von Robotern mit sauberen Metallfingern hergestellt worden war, die in einer langen Reihe am Fließband einer desinfizierten Fabrik arbeiteten. Er wollte nichts von dem Zeug haben, das mit Menschen in Berührung gekommen war.
    Suppe! Natürlich. Seth lächelte, eilte in den Mittelgang und sah nach oben zu den Hinweisschildern. Nachdem er zum dritten Mal den Gang entlanggelaufen war, tat ihm der Nacken weh und er hatte noch immer keine Suppe gefunden.
    Jemand berührte ihn am Ellbogen. »Entschuldigen Sie, bitte.«
    Seth wirbelte herum und bemerkte einen dunkelhäutigen Mann in einem weißen Hemd mit blauer Krawatte. Seine Augen waren gelblich und blutunterlaufen. Über der Brusttasche an seinem Hemd war ein Namensschild angebracht: Er hieß Fabris.
    »Suppe«, sagte Seth hastig und froh, endlich jemanden fragen zu können. »Die Suppe! Ich kann die Suppe nicht finden.« Er sprach undeutlich, verschluckte die Silben und brachte die Worte viel zu langsam hervor, weil er zwischendurch immer wieder schlucken musste. In seinem Kopf schien eine Art Sperre zu sein, die verhinderte, dass er die Worte in der richtigen Reihenfolge herausbrachte. Seine Zunge war geschwollen und schwerfällig. Er hatte seit Tagen kaum gesprochen, es war fast, als hätte er schon vergessen, wie man mit dem Mund Töne erzeugt. Er räusperte sich so stark, dass der Wachmann ein Stück zurück trat und abwehrend die wasserstoffgebleichte Hand ausstreckte.
    »Nein, nein«, sagte Seth. »Suppe. Darum geht’s. Ich kann die verdammte Suppe nicht finden.« Endlich! Seine Stimme funktionierte wieder. »Wo zum Teufel ist die denn nur?«
    »Folgen Sie mir, bitte«, sagte Fabris.
    Seth lächelte und nickte. »Sie muss in Dosen sein«, erklärte er dem Mann. »Ich hab ja Wasser. Aber die Suppe muss trotzdem in Dosen sein. Das andere Zeug fass ich nicht an. Die Leute … na ja, Sie wissen’s ja, Sie arbeiten hier. Ich mag dieses Zeug nicht, das andere angefasst haben. Die Leute hier in London waschen sich nicht so oft. Ihre Kleider stinken. Außerdem hat jemand auf das Brot gepinkelt, Fabris.«
    Seth wurde den Gang entlanggeführt, zurück zu dem Stand mit den Früchten und dem Gemüse. Zwei weitere dunkelhäutige Männer, ebenfalls mit blauen Krawatten und blauen Hosen, gesellten sich zu Fabris. Zu viert sollten sie es eigentlich schaffen, die Suppe zu finden.
    »Das ist aber auch ein verrückter Platz dafür«, sagte Seth. »In der Ecke mit den Zeitungen. Die Dosen sind doch normalerweise da drüben. Das ist ja total schräg.« Er hob seinen freien Arm und deutete in die entsprechende Richtung.
    Fabris nahm ihm vorsichtig den Korb aus der Hand.
    »Nicht doch, das geht schon«, sagte Seth gerührt. »Ich kann den doch selbst tragen.«
    Fabris bestand darauf und nahm den Korb an sich.
    Fabris und die anderen beiden Männer lächelten nun und versuchten, nicht in Lachen auszubrechen – wahrscheinlich lag es daran, dass er sie darauf aufmerksam gemacht hatte, wie absurd es war, die Suppen zu den Zeitungen zu stellen – , und formierten sich nun zu einem Halbkreis hinter seinem Rücken und führten ihn mit festem Griff an

Weitere Kostenlose Bücher