Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
den Zeitungen und dem Zigarettenstand vorbei. Erst als Seth auf seinem Gesicht die kalte Luft spürte, die von der dämmrigen Straße durch den Haupteingang drang, bemerkte er, was hier gespielt wurde. Es würde keine Suppe geben. Fabris und seine Kollegen warfen ihn aus dem Laden.
Noch im Eingangsbereich drehte er sich um, sah den drei Männern ins Gesicht und bemerkte die Menschenmenge hinter ihnen, die ihn anstarrte. Die drei Kassiererinnen hielten beim Scannen der Waren inne und schauten zu, wie er hinausgedrängt wurde. »Was denn? Warum?«, fragte er.
In diesem Augenblick bemerkte er die Mutter mit ihren drei Kindern, die mit den langen gelblichen Zähnen und dem Schnurrbart. Sie stand neben dem Filialleiter, der einen Anzug mit Krawatte trug, direkt neben den orangefarbenen tiefgefrorenen Hühnchen, die nach Desinfektionsmittel rochen. Offenbar hatte sie sich über ihn beschwert.
Er fühlte sich als Opfer einer himmelschreienden Ungerechtigkeit. »Was? Weil diese fette Schlampe mit dem beschissenen Schnurrbart rummeckert, schmeißen Sie mich raus?« Fabris und seine Kollegen starrten ihn an. »Die hat mich mit ihrem Einkaufswagen gerammt. Die ist total verrückt. Und die Sachen, die hier verkauft werden, sind alle verdorben! Sie können froh sein, dass überhaupt noch jemand kommt.«
Fabris trat einen Schritt auf ihn zu. »Ich muss Sie bitten, jetzt zu gehen.«
»Arschloch!«, schrie Seth, und in seiner Stimme lag ein triumphaler Unterton, den er nicht beabsichtigt hatte. Er verließ den Supermarkt mit einem dramatischen Wehen seiner Mantelschöße und drängelte sich durch die Menge auf dem Gehsteig hindurch, um endlich von diesem brennenden weißen Licht wegzukommen.
Als er die Hauptstraße erreichte, lachte er laut in den prasselnden Regen. Er konnte sich kaum noch halten vor Lachen. Sein Bauch tat ihm weh, und er bekam fast keine Luft mehr. Einige Minuten lang fühlte er sich völlig frei und schwerelos.
Zitternd vor Aufregung ging er zum nächsten Geldautomaten. Dort zog er eine Zehn-Pfund-Note. Ein Bettler, der in einem Pappkarton hockte, fragte ihn nach Kleingeld.
Der Regen wurde immer stärker, und er brauchte dringend Suppe. Mit dem Geld, das er jetzt hatte, konnte er auch in den Tag und Nacht geöffneten Minimarkt gehen. Da gab es fast alles nur in Dosen. Das war zwar teuer, aber er hatte ja keine Wahl, oder? Außerdem war er kurz davor, in Ohnmacht zu fallen. Von jetzt an würde er seine Gunst den kleinen lokalen Ladenbesitzern schenken.
Während er durch den kalten Regen lief, konnte er kaum glauben, dass sich der Zwischenfall im Supermarkt tatsächlich ereignet hatte. So etwas war ihm noch nie passiert. Im Allgemeinen benahm er sich sehr gut, er hatte eine gute Erziehung genossen. Aber das war eben die Stadt. Sie veränderte die Menschen auf unangenehme Weise: Ihre Haare wurden fettig, ihre Haut fleckig und grau. Alle Leute hier litten an dieser eigenartigen Blässe, die von der verbrauchten Luft herrührte, von den ganzen Staubpartikeln, dem schlechten Wasser aus den uralten Rohren, dem verdorbenen Essen zu überteuerten Preisen, dem Stress, der Einsamkeit, dem Schmerz. Hier funktionierte nichts: weder die Lichter noch die Telefone, die Leitungen, die Straßen, die Züge. Man konnte sich auf nichts mehr verlassen. Und dann diese Dunkelheit, diese ewig verrußte schwarze Luft. Seine Brust wurde enger, er konnte kaum noch atmen. Wo waren nur all die Hunde und Katzen und die Babys in den Kinderwagen?
Der Besitzer des Mini-Marktes schlief nie. Er stammte aus Bangladesch, hatte eine kohlschwarze Hautfarbe und bearbeitete seine Registrierkasse mit halb geöffneten Augen, ohne hinzusehen, wie die Finger über die Tasten glitten. »Dankschön, mein Herr«, sagte er Tag und Nacht im Licht der glimmenden Glühbirnen über seinem Kopf. Er verkaufte Wodka an Teenager und Zigaretten an Kinder. »Dankschön, mein Herr.« Hier war es gefährlich, zu jemandem Nein zu sagen. Die leeren Flaschen wurden dann draußen vor dem Green Man oder vor der Bushaltestelle irgendwo auf den Boden geschmissen.
»Haben Sie Suppe?«, fragte Seth.
»Ja, mein Herr.« Er deutete in den hinteren Bereich des Ladens. Seth schob sich um ein paar ältere irische Männer herum, die torkelten und vor sich hinfluchten, während sie nach Zwei-Liter-Flaschen mit Cidre griffen. Sie stanken. Heute stank einfach jeder. Hatten die Leute denn keine Zeit mehr, sich zu waschen?
Seth kaufte sechs Dosen Suppe und Kekse, die so hart
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