Apartment 16 - Nevill, A: Apartment 16 - Apartment 16
eines Autos, dessen Scheibenwischer nicht richtig funktionierten. Die Dunkelheit schluckte das gelbliche Licht der Straßenlaternen. Der Nieselregen machte alles diffus. Aber als er unter dem lädierten Schild des Green Man vor dem undichten Regenrohr stand, aus dem Wasser troff, bemerkte er dennoch die Gestalt auf der anderen Straßenseite: Es war der Junge mit dem Kapuzenmantel, der geduldig zwischen zwei geparkten Autos wartete.
Seth zuckte zusammen, als er den Bengel bemerkte, der ihn durch seine Albträume begleitet hatte. Aber als der kurze Schock vergangen war, sah er zu dieser kleinen Gestalt mit einem Anflug von Unverschämtheit hinüber und stellte sich vor, dass sich unter der Kapuze der Kopf eines Wiesels verbarg, das sich über die Verwunderung und die Angst im Gesicht seines Opfers lustig machte.
Seth duckte sich gegen den entgegenkommenden Regen, stopfte die Hände tief in die Taschen seines Mantels und verließ das Haus und die davorstehende Gestalt.
Ein frischer Wind blies gegen seinen ungeschützten Kopf. Herumfliegende Zeitungsseiten, schwer vom aufgesogenen Wasser, klatschten gegen seine Beine. Er versuchte, den klebrigen Wust abzuschütteln, verlor das Gleichgewicht und stolperte gegen das Schaufenster eines Wettbüros. Glücklicherweise hielt die Scheibe. Fluchend richtete er sich auf und eilte weiter durch den heftigen Wind und den sprühenden Regen. Sogar die Busse und Autos auf der Straße schienen zu stöhnen und gegen die Kraft anzukämpfen, die ihnen auf der Straße wie eine Flut entgegenströmte. Er hob den Kopf, ließ die Tropfen in sein Gesicht prasseln, trotzte dem Wind und verfluchte das ganze Universum.
Vor dem Schreibwarenladen hing der Standard in einer Halterung, und er konnte die Schlagzeile lesen: Polizei hat keine Hoffnung mehr, die vermisste Mandy zu finden.
Seine Wut verwandelte sich in Scham. Der Junge mit der Kapuze stand da draußen mitten im Regen und in der Dunkelheit. Unwillkürlich drehte Seth sich um und hob den Arm. Aber seine Hand schwankte hilflos und unentschlossen im Wind. Winkte man heutzutage überhaupt noch oder hob man einfach den Daumen? Oder wäre ein Rapper-Gruß angebrachter, um einen cool auftretenden Jugendlichen zu einer Antwort zu bewegen? Er schob seine Hand wieder in die Manteltasche und wartete ab, bis der Bus sich von der Stelle fortbewegt hatte, wo er eben noch den Jungen gesehen hatte. Aber als er endlich wieder freies Blickfeld hatte, war der Junge verschwunden.
Er wischte sich die dicken Tropfen von der Nase, drehte sich um und ging weiter Richtung Supermarkt. Er hatte nur noch neun kupferne Pennies in der Jeanstasche und musste irgendwo hingehen, wo er mit EC -Karte bezahlen konnte. »Dieser blöde Bengel«, murmelte er vor sich hin und drängte sich zwischen zwei Frauen hindurch, die Regenschirme aufgespannt hatten, um zum Fußgängerüberweg zu gelangen, der sich gegenüber dem Laden des Tierpräparators befand.
Aber irgendwas stimmte nicht mit dem Supermarkt.
Obwohl in fast allen Regalen eine große Bandbreite verschiedenster Produkte aufgestellt war, konnte er nichts Essbares finden.
Wie üblich drängten sich zahlreiche Kunden aneinander vorbei und füllten ihre Einkaufskörbe. Aber Seth fragte sich, wie sie es schafften, hier etwas zu essen zu finden. Er war schon versucht, jemanden zu fragen, wie sie denn diese Sachen, die sie da aus den Regalen holten, überhaupt zubereiten und verzehren wollten. Aber die junge Frau, die neben ihm stand, ekelte ihn an. Was war nur mit ihrer Haut passiert? Sie war mit grauen, rosafarbenen und weißen Flecken übersät. Es sah aus wie dieses Frühstücksfleisch, das man in Dosen kaufen konnte. Und ihre roten Füße stießen ihn geradezu ab. Mitten im Dezember trug sie Flip-Flops. Kein Wunder, dass ihre Füße aussahen wie aufgetautes Rindfleisch. Ihre gelben ungeschnittenen Zehennägel hingen über die Enden der Gummisohlen herab. Ihre Kleider rochen feucht.
Seth ging weg von den überreifen Tomaten, die sie mit den Fingern betastete. Niemals wäre er in der Lage, irgendetwas hier in der Frischgemüseabteilung zu berühren, wo er doch wusste, dass sie mit ihrer Pökelfleischvisage in der Nähe gewesen war. Sie drehte sich zu ihm, und drängte ihn mit dem Arm beiseite, damit sie die harten, vertrockneten Zwiebeln betasten konnte. Aus trüben Augen glotzte sie ihn stumpf an. Dann klingelte ihr Handy. Sie zerrte es aus ihrer Einkaufstasche, legte den Kopf zurück und war offensichtlich sehr
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