Apartment in Manhattan
hat.
Will nimmt meine Tasche, die ich einfach vor seine Füße geworfen habe, als ich mich auf ihn stürzte.
Ich stelle fest, dass die Luft hier viel weniger feucht ist als in New York, sie ist erfrischend kühl. Daran könnte ich mich gewöhnen.
„Wie war deine Fahrt?“ fragt er und führt mich die Straße entlang.
Nun, irgendwo in der Nähe von Albany hatte ich eine Panikattacke. Aber davon abgesehen …
„Gut“, antworte ich fröhlich. „Ich habe eine Menge gelesen.“
Wir laufen jetzt. Durch einen Ort, der kein bisschen malerisch ist. Er ist sogar eher schäbig. Außer dem Imbiss gibt es noch eine Reinigung, ein Polizeirevier, in dem zugleich auch das Postamt untergebracht ist, eine Tankstelle, die zugleich als Mini-Supermarkt dient, eine Kneipe namens
Komm rein
und ein paar alte Häuser. Nicht alt im Sinne von hübsch viktorianisch-alt, nur alt. Zerbrochene Fensterläden. Fehlende Dachziegel. Ausgetretene Stufen.
„Und was hast du gelesen?“ möchte Will wissen.
„Gullivers Reisen“
, verkünde ich.
Ich warte.
Worauf, fragen Sie?
Nun, darauf, dass sein Kiefer herunterklappt.
Er lacht. „
Gullivers Reisen
? Mein Gott, warum?“
„Weil ich den Sommer damit verbringe, Klassiker zu lesen, wie ich es schon lange hatte tun wollen.“
In anderen Worten, ich erlebe gerade den langweiligsten Sommer meines Lebens, während du Dampf ablässt und dir Selbstbräuner auf die Hüfte schmieren lässt.
Oh, verdammt. Warum habe ich nicht behauptet, dass ich irgendeinen Bestseller lese? Oder, noch besser, dass ich gar keine Zeit zum Lesen hatte?
„Das ist toll, Trace“, sagt er. „Ich bin froh, dass du dich beschäftigen kannst.“
Ich bin froh, dass du dich beschäftigen kannst?
Ich bin froh, dass du dich beschäftigen kannst?!
Das ist etwas, was man vielleicht zu einer frisch verwitweten Rentnerin sagt.
„Entsetzlich beschäftigt wäre richtiger“, informiere ich ihn. „Ich habe schrecklich viel zu arbeiten.“
„Wirklich? Was ist denn los?“ fragt er, und in seiner Stimme schwingt ein Hauch von Interesse mit.
Er ist schließlich Schauspieler, nicht wahr?
Aber er hat gefragt, und ich will verflucht sein, wenn ich es ihm nicht erzähle.
Natürlich lasse ich den Teil über die verschwundene Geburtstagsschokolade und die Angelrute aus.
Als wir das enttäuschende Geschäftsviertel von North Mannfield hinter uns lassen und eine mit Bäumen gesäumte Straße am See entlanggehen, erzähle ich ihm von dem Deodorant-Namen und sorge dafür, dass es klingt, als ob die Zukunft von McMurray-White alleine von mir abhängt.
„Bisher sind mir ein paar Ideen eingefallen, die meinem Chef wirklich gefallen“, behaupte ich.
„Echt? Weißt du, was ein toller Name für so ein Produkt wäre?“ fragt er.
Eigentlich würde ich ja gerne erst mal meine eigenen Vorschläge aufzählen, aber ich frage: „Was?“
„Maintain“
, sagt er mit einem bedeutungsvollen Nicken, als ob er soeben mit absoluter Gewissheit den Namen eines Oscar-Gewinners verkündet hätte.
„Maintain“
, wiederhole ich und versuche, beeindruckt auszusehen. „Wow, das ist toll, Will. Das werde ich im Hinterkopf behalten, für den Fall, dass
Persist
nicht funktioniert.“
Um ehrlich zu sein, ist das wirklich kein schlechter Name.
Maintain.
Ich fahre fort, ihm zu erzählen, wie beschäftigt ich mit meinem glamourösen Werbeagentur-Job und bei Milos bin. Ich halte mich nicht allzu lange bei letzterem Thema auf, weil ich Angst habe, dass er Zoe erwähnen könnte. Stattdessen mache ich sofort weiter und schildere in einem Atemzug all meine Wochenendreisen, angefangen bei den Hamptons über Brookside bis nach Jersey wegen der Hochzeit.
„Wie war es denn?“ fragt Will. „Hattest du Spaß mit … wie heißt er nochmal?“
„Buckley.“
Buckley, der sich an Wills Namen erinnert.
Buckley, der gesagt hat, ich könne ihn ruhig per R-Gespräch anrufen.
„Ja, wir hatten Spaß“, sage ich. „Wobei mir einfällt: Ist Jimmy Stewart eigentlich tot?“
„Klar“, sagt er.
Mir fällt auf, dass er mich nicht fragt, wie ich darauf komme. Was mich auf den Gedanken bringt, dass er unserem Gespräch nicht sonderlich viel Aufmerksamkeit schenkt. Oder mir.
Und plötzlich möchte ich ihm erzählen, wie Buckley und ich darüber gestritten haben, ob Jimmy Stewart noch lebt oder nicht. Ich möchte, dass er weiß, wie witzig das war. Ich will verdammt noch mal, dass er eifersüchtig ist.
„Bist du dir sicher, dass er tot ist?“ frage
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