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Apartment in Manhattan

Apartment in Manhattan

Titel: Apartment in Manhattan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wendy Markham
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wieder mal ausgehen. Ich kann immer einen weiblichen Kumpel brauchen.“ Er schnappt sich eine Serviette und zieht einen Stift aus der Tasche.
    Ja, er hat einen
Stift
in seiner Tasche. Verdammt. Wie überaus praktisch von ihm.
    „Wie ist deine Nummer?“ fragt er.
    Ich rassle sie herunter.
    „Habe ich“, sagt er und kritzelt auf die Serviette.
    Nein, hat er nicht. Ich habe ihm die Nummer meiner Großeltern mit der Vorwahl von Manhattan gegeben.
    „Steck das wieder ein“, sagt er und schiebt mir den Zwanziger zu. „Du bist eingeladen. Du kommst ja nicht einmal mehr dazu, die Chips zu essen.“
    „Ist schon in Ordnung. Ich habe doch nicht so viel Hunger.“
    Er hält den Schein noch immer in der ausgestreckten Hand, und ich starre ihn an, als ob er ein ekliges Insekt wäre.
    „Nimm ihn“, sagte er.
    „Nein, das ist schon in Ordnung. Ich will nicht, dass du zahlst.“
    „Warum nicht? Ehrlich, ich werde nicht denken, dass es ein Date war, nur weil ich bezahle“, grinst er.
    Das reicht. Ich muss hier raus.
    Er steckt mir den Zwanziger in die Tasche, und ich renne mit offenem Mantel und ohne Kapuze durch die Tür in den Regen.
    Ich bin völlig durchnässt, bevor ich die nächste Ecke erreicht habe.
    Mein erster Instinkt ist, gleich bei Will vorbeizuschauen.
    Wenn ich bei Verstand wäre, hätte ich noch einmal nachgedacht und wäre meinem zweiten Instinkt gefolgt, der lautet, mit der U-Bahn nach Hause zu fahren, eine heiße Dusche zu nehmen und ins Bett zu krabbeln, auf meinen Futon vielmehr.
    Stattdessen folge ich meinem ersten Instinkt.
    In der Lobby von Wills Gebäude klingle ich.
    Nerissas hohle Stimme ertönt über die Sprechanlage.
    „Ich bin’s“, sage ich. „Tracey.“
    „Hi, Tracey“, sagt die englische Miss mit ihrem polierten Akzent. „Will ist nicht da.“
    Ist er
nicht
?
    Er muss aber da sein. Er packt doch.
    Nun, vielleicht hat er ja gelogen.
    Nein, das ergibt keinen Sinn.
    Vielleicht ist er schnell weg, um Klebeband zu kaufen oder einen neuen Markierstift.
    „Weißt du, wo er ist?“ frage ich sie.
    „Nein, keine Ahnung. Ich bin gerade von der Probe zurückgekommen. Ich werde ihm sagen, dass du hier warst.“
    Sie bietet mir nicht an, nach oben zu kommen und auf ihn zu warten. Nun, das Apartment ist ja auch ziemlich winzig, und wahrscheinlich hat sie keine Lust, mit mir da rumzusitzen, bis Will von woher auch immer nach Hause kommt.
    Aber trotzdem habe ich das Recht, dort zu sein, wenn ich auf ihn warten will. Mehr Recht als sie, nachdem Wills Name auf dem Mietvertrag steht, denke ich wütend.
    „Bis später, Tracey“, sagt sie fröhlich.
    „Ja. Tschüss.“
    Ich stolziere hinaus in den strömenden Regen.

6. KAPITEL
    „K ommst du mit zum Essen, Tracey?“ fragt Brenda mit ihrem starken Jersey-Akzent von der Bürotür aus.
    „Wenn ihr noch kurz warten könntet, bis ich das an Jakes Klient gefaxt habe“, sage ich und schaue nicht von dem Faxformular auf, das ich gerade ausfülle. „Ansonsten, geht doch einfach ohne mich los, und ich lasse mir was kommen.“
    „Wir warten auf dich, Schätzchen“, ruft Yvonne mit ihrer kratzigen Raucherstimme aus der anderen Ecke des Büros, und schon ist ein verräterisches Geräusch zu hören, als sie Haarspray über Biancas Frisur sprüht. Sie und meine Großmutter sind ehrlich gesagt die Einzigen, die ich so etwas je habe benutzen sehen.
    Andererseits ist sie wahrscheinlich auch ungefähr so alt wie meine Großmutter, auch wenn Yvonne viel jünger aussieht. Sie ist groß und superdünn mit himbeerrotem Haar und passendem Lippenstift, den sie ritualartig nach jeder Zigarette neu aufträgt. Davon abgesehen, dass sie Sekretärin vom großen Abteilungs-Chef Adrian Smedly ist, begründet sich ihr Ruhm vor allem auf ihre früheren Erfolge in der Radio City Music Hall. Sie erzählt gerne Geschichten aus den guten alten Zeiten und streut Namen von Berühmtheiten ein, von denen ich meistens nie zuvor gehört habe – von Leuten, die in den fünfziger und sechziger Jahren berühmt waren.
    Sie ist die Art von Mensch, die mein Vater eine echte Persönlichkeit nennt, und sie würde das als Kompliment verstehen.
    Was eigentlich ein ganz schneller Arbeitsschritt werden sollte, entpuppt sich als eine wahre Geduldsprobe. Alles, was ich tun muss, ist, Jakes Notiz an die Firma McMurray-White, die Deodorants und Abführmittel und andere unabdingbare Produkte herstellt, zu faxen. Doch aus irgendeinem Grund zeigt das Faxgerät ununterbrochen „Fehler“ an. Ich

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