Apartment in Manhattan
Sekretärin als du, Tracey.“
Sekretärin. Ich hasse das.
Okay, das ist es, was ich bin. Aber das ist es nicht, was ich sein sollte, und ich werde es auch nicht lange sein. Obwohl ein Teil von mir davon überzeugt ist, dass es besser ist, Sekretärin in Manhattan zu sein als
alles
andere in Brookside. Und ich sage mir selbst immer wieder, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ich was Besseres finde. Aber jetzt sitze ich hier bei Blaire Barnett Advertising fest und arbeite für Jake.
Ich lächle Latisha an. „Danke für deine Hilfe.“
„Kein Problem.“ Sie wedelt mit den Fingern in ihrer kecken Mach-kein-Theater-Art vor meiner Nase herum. „Geh schon zu Jake und finde heraus, was die alte Nervensäge will, damit du dann mit uns essen gehen kannst. Wir haben uns für mexikanisch entschieden. Chips. Guacamole. Margaritas.“
Meine Laune hellt sich auf. „Margaritas? Zum Mittagessen?“
„Himmel, es ist Freitag.“
Ja, es ist Freitag. Will wird in weniger als achtundvierzig Stunden die Stadt verlassen. Übermorgen um diese Zeit sitzt er schon im Zug Richtung Albany.
„Ich könnte einen Drink dringend gebrauchen“, sage ich. „Einen starken.“
„Was soll ich da erst sagen. Für den Fall, dass du es nicht bemerkt hast, meine Jungs stecken gerade in einer tiefen Krise.“
Ihre Jungs sind die New York Yankees. Sie ist ein besessener Fan, hat überall um ihren Arbeitsplatz herum Fanartikel verteilt. Nach ihrer eigenen Aussage und der von allen anderen, die sie kennen, war der Höhepunkt ihres Lebens, als sie vor ein paar Jahren von ihrer Chefin Rita Sellers in letzter Sekunde Karten für ein World-Series-Spiel geschenkt bekam. Ich kenne Rita, sie ist stellvertretende Abteilungsleiterin, und auf gar keinen Fall hat sie das aus reiner Gutmütigkeit getan. Laut Brenda gab es an diesem Abend praktisch einen Hurrikan, und die Sitze waren im Freien, denn sonst hätte Latisha die Tickets nie und nimmer bekommen.
Zufälligerweise saß sie neben dem Bürgermeister und zwei der Backstreet Boys. Sie hat für ihre Tochter Keera, die damals zehn war, Autogramme bekommen. Autogramme von den Backstreet Boys, nicht vom Bürgermeister.
„Schaust du dir heute Abend das Spiel an?“ frage ich Latisha. „Vielleicht bringst du dem Team ja Glück.“
„Würde ich ja gerne. Aber sie spielen auswärts in Seattle.“
„Oh.“ Verdammt. Ich habe mir den Finger an Jakes Fax geschnitten. Ich stecke ihn in den Mund und schmecke Blut. Na wunderbar.
Unbeeindruckt von meiner Arbeitsverletzung fährt Latisha fort: „Aber Anton und ich werden am Samstag hingehen, wenn sie wieder ein Heimspiel haben.“
Anton ist Latishas Freund. Ich habe ihn nur einmal getroffen und finde ihn ganz nett, aber nach allem, was ich von Brenda und Yvonne gehört habe, soll er ein richtiger Vollidiot sein. Ihre Beziehung ist offenbar eine Einbahnstraße, Latisha scheint es jedoch nichts auszumachen, dass sie nirgendwohin führt. Sie sagt, sie wird ihn verlassen, wenn etwas Besseres auftaucht, aber bis jetzt ist das nicht der Fall gewesen.
„Ich weiß jedenfalls, wo ich Sonntag sein werde“, sage ich. „Heulend in meinem Bett.“
„Weil Will geht?“ Sie schüttelt den Kopf. „Er ist doch in ein paar Monaten wieder zurück, oder?“
„Ja.“ Ich streiche das Fax glatt und nehme die Empfangsbestätigung an mich. „Aber in ein paar Monaten kann eine Menge geschehen, Latisha.“
„Wenn du dir solche Sorgen machst Mädchen, solltest du lieber deinen Hintern bewegen und mit ihm fahren.“
Ich habe ihr nie von meinem Versuch erzählt, Will genau diesen Vorschlag zu unterbreiten, und schon gar nicht davon, dass er mich daraufhin ein paar Tage lang gemieden hat. Seine Begründung war zwar, er sei mit Packen beschäftigt, aber wie kompliziert kann es wohl sein, ein paar Hosen und Hemden in Kartons zu werfen und sie zu verschicken?
„Ich kann nicht mit ihm gehen, Latisha“, sage ich jetzt, als ob es das Absurdeste sei, das ich jemals gehört habe. „Ich meine, was soll ich denn tun? Einfach mein ganzes Leben einen Sommer lang hinter mir lassen?“
„Das würde ich zumindest tun, wenn Anton jemals versuchen würde, ohne mich zu gehen.“
„Und was ist mit Keera?“
„Die würde ich mitnehmen“, antwortet Latisha. „Es würde ihr sowieso gut tun, mal von ihren Freunden wegzukommen. Mir gefällt es nicht, was ich mir von denen in letzter Zeit so anhören muss. Ich traue ihnen nicht, und ich will nicht, dass sie genauso endet wie meine
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