Apartment in Manhattan
falscher Reihenfolge. Sie wissen schon, diese Anzeigen, in denen die schlanke, lächelnde Schönheit behauptet, dass sie vor nur sechs Wochen eine unansehnliche, schweineähnliche Schlampe war. Dann hat sie damit angefangen, vor jedem Essen Extra-Schlank-Dragees zu kauen, und
voilà
!
Während ich die Speisekarte studiere und Kates Geplapper über andere Leute lausche, schwebt Raphael herein. Er trägt eine Designer-Sonnenbrille, ein ärmelloses orangefarbenes Hemd, das in enge, abgeschnittene Hosen gesteckt ist, Espandrillos und dazu eine ähnliche schwarze Schultertasche wie Kate und ich. Er könnte nicht schwuler aussehen, selbst wenn er seine Zehennägel lackiert hätte. Er umarmt uns beide, lässt sich auf den Stuhl fallen und flüstert hinter vorgehaltener Hand: „Ist der Barkeeper ein heißer Vogel, oder was?“
„Auf drei Dinge im Leben kann man sich einfach immer verlassen“, sagt Kate gedehnt. „Auf den Tod, die Steuer und Raphaels Libido.“
„Wenn es hier drin noch etwas heißer wird, muss er sein Hemd ausziehen“, stellt Raphael fest, wischt einen Tropfen Schweiß von seiner Stirn und wirft dem ahnungslosen Barkeeper einen lustvollen Blick zu.
„Wenn es hier noch heißer wird, werde ich mein T-Shirt ausziehen müssen“, informiere ich ihn. „Und glaube mir, das wird kein angenehmer Anblick sein.“
„Wenn wir schon von angenehm sprechen, ist Wills Abreise gut gelaufen, Tracey?“ fragt Raphael.
Kate schnaubt.
Ich ignoriere sie und erzähle Raphael, dass Will tatsächlich weg ist. „Und bitte frag mich nicht, ob ich am Boden zerstört bin, okay? Weil ich das nicht bin.“
„Natürlich nicht. Du siehst großartig aus.“
„Es gibt vier Dinge im Leben, auf die man sich verlassen kann“, verkünde ich. „Den Tod, die Steuer, Raphaels Libido und Raphaels Lügen.“
„Tracey! Das ist nicht nett. Ich wollte dir ein Kompliment machen, und ich meine es ernst“, protestiert er, klingt aber nicht im Geringsten verletzt.
„Also, was wollen wir bestellen? Bloody Marys? Mimosas? Oder sollen wir uns gleich für was richtig Scharfes entscheiden? In dem Fall nehme ich den Barkeeper.“
„Ich nehme die Bloody Mary“, sage ich.
„Für mich Mimosa“, entscheidet Kate.
„Ich schließe mich dir an, Tracey. Ich bin in der Stimmung für etwas Würziges. Wie eine Bloody Mary. Oder …“
„Den Barkeeper“, vollenden Kate und ich gleichzeitig.
Ich berühre Raphaels Arm, um seine Aufmerksamkeit von dem aktuellen Objekt seiner Begierde auf mich zu lenken. „Raphael, wer war der Mann, den ich im Hintergrund habe sprechen hören, als ich dich heute Morgen angerufen habe? Ich dachte, du schmachtest noch immer Buckley O’Hanlon hinterher?“
„Wer ist Buckley O’Hanlon?“ will Kate wissen.
„Du erinnerst dich doch an ihn, er war auf meiner Geburtstagsparty, Kate. Oh, stimmt ja, du hattest dieses Damenbart-Problem und musstest früher gehen.“
„Das war kein Damenbart-Problem“, unterbricht Kate entrüstet, blickt schnell über ihre Schuler um sicherzugehen, dass die beiden Männer am Nebentisch nichts gehört haben. Einer von ihren trägt einen Turban, der andere hat eine Tätowierung, und die beiden scheinen sehr vertieft in ihr Gespräch zu sein, das sie nicht auf Englisch führen.
Raphael spricht unbeeindruckt weiter. „Buckley war der hübsche Typ in dem blauen Pulli – der, der mit Joseph und Alexander gekommen ist. Er schreibt die Texte für ihre neue Broschüre. Weißt du Kate, Tracey wollte mich eigentlich mit ihm verkuppeln, hat ihn aber dann lieber selbst verführt.“
„Das habe ich nicht“, kreische ich. In einem schwachen Moment habe ich ihm dann doch erzählt, was bei unserem Treffen geschehen ist. Blöde Idee.
„Doch das hast du, und das kann ich dir nicht vorwerfen. Du konntest einfach nicht anders.“
„Du hast mit dem Typ geschlafen?“ fragt Kate ungläubig.
„Nein! Wir sind nur einmal miteinander ausgegangen, und mir war nicht einmal klar, dass das ein Date war, bis …“
„Sie sich geküsst haben.“ Raphael sieht sehr fröhlich aus.
„Bis
er
angefangen hat,
mich
zu küssen. Aber das war, als ich noch gedacht habe, dass er schwul ist.“
„Und das ist er also nicht?“
Raphael und ich sagen gleichzeitig „doch“ und „nein“.
„Raphael kann die Tatsache nicht akzeptieren, dass er hetero ist“, erkläre ich Kate und werfe einen bedeutungsvollen Blick auf Raphael. „Er ist noch nicht mal über John Timmermans Frau und Kinder
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