Apartment in Manhattan
„Hier, setz dich, Tracey“, ruft er.
„Nein, ist schon okay“, sage ich, in der Hoffnung, dass er mir nicht glaubt und sich nicht wieder hinsetzt. Weil ich mich stehend wie das fünfte Rad am Wagen fühle.
Er glaubt mir nicht. Er ist Gentleman genug, um darauf zu bestehen, dass ich seinen Platz nehme.
Warum eigentlich, frage ich mich, fühlt sich Sonja nicht wie das fünfte Rad am Wagen?
„Also, seit wann seid ihr schon befreundet?“ fragt sie.
Oh. Deshalb.
Weil Buckley mich als seine Bekannte vorgestellt hat. Ganz offensichtlich hat er das getan, damit sie weiß, dass ich keine Konkurrenz bin.
Bin ich auch nicht.
Denn wenn ich auch nur den geringsten Verdacht hätte, dass irgendetwas Romantisches zwischen ihm und mir entstehen könnte, dann wäre ich ja gar nicht erst gekommen.
Deswegen sollte ich auch nicht so unsicher sein, sobald Sonja Buckley dieses breite Lächeln, das ihre weißen Zähne zeigt, zuwirft oder ihn wie aus Versehen am Arm berührt, wann immer er einen Witz reißt – was er sehr regelmäßig tut.
Sehen wir der Wahrheit ins Gesicht, dieser Typ ist wirklich witzig. So richtig lustig, er hat einen supertrockenen Humor und eine subtile Art, ironische und so wahre Kommentare über das Leben abzugeben.
Weil auch ich über Buckleys Witze lachen muss, bessert sich meine Laune, der Alkohol trägt auch dazu bei, und ich finde Sonja ein klein wenig erträglicher. Ich meine, schließlich hat sie das Recht, sich in Buckley zu verknallen. Das ist absolut fair. Und ich habe Will.
Davon abgesehen, kann sie ja gar nicht wissen, dass Buckley und ich uns geküsst haben – obwohl mir selbst nicht klar ist, was das damit zu tun haben soll. Aber irgendwie scheint es plötzlich, als ich die Wirkung des fruchtigen, eisgekühlten Drinks spüre, an Bedeutung zu gewinnen.
Ich habe mein erstes Glas geleert, und Buckley und Sonja sind schon fast mit dem zweiten fertig, als Sonjas Mitbewohnerin Mae endlich auftaucht. Sie stellt sich als eine erstaunlich schöne asiatische Investment-Bankerin heraus, und jetzt wäre ich auch auf sie eifersüchtig, wenn sie nicht schon bei der Begrüßung erwähnen würde, dass sie einen Verlobten an der Westküste hat.
„Warum lebt du hier, wenn er dort ist?“ fragt Buckley, nachdem er zwei weitere Getränke bestellt hat, einen für Mae und einen für mich.
„Weil ich hier zuerst einen Job gefunden habe“, sagt Mae. „Wir wollen uns gemeinsam in New York niederlassen. Er muss aber erst noch seinen Doktor machen, und dann kommt er nach.“
„Allerdings erst nach Weihnachten“, erklärt Sonja uns. „Ich sage ihr immer wieder, dass sie verrückt sein muss, ihn so viele Monate allein zu lassen. Distanzbeziehungen funktionieren einfach nie.“
Bilde ich mir nur ein, dass Buckley mir einen bedeutungsvollen Blick zuwirft?
„Natürlich funktionieren sie“, rufe ich – offenbar ein wenig harsch, denn Sonja blinzelt, und Buckley macht sich über mich lustig, indem er meine Worte mit einem wilden Knurren wiederholt und so tut, als ob er Krallen ausfährt.
„Buckley!“ Aber ich muss lächeln.
„Ihr müsst Tracey verstehen“, erklärt er den anderen. „Ihr Freund ist für ein paar Monate fort. Spielt Sommertheater“, fügt er flüsternd hinzu und schüttelt mitleidig den Kopf, als ob er gerade gesagt hätte, dass Will Opfer einer schrecklichen Naturkatastrophe geworden sei.
„Tut mir Leid“, sagt Sonja und täuscht Betretenheit vor. Ich sage
täuscht vor
, weil ich davon überzeugt bin, dass nichts an ihr echt ist, angefangen bei ihren perfekt manikürten, langen Nägeln bis zu ihren straffen, großen Brüsten.
Sieht so aus, als ob ich sie wieder hassen würde.
„Ich wollte dieses traurige Thema nicht aufbringen, Tracey“, sagt sie, und es fehlt nur noch, dass sie mir die Schulter tätschelt.
„Es ist kein trauriges Thema.“
„Ich wollte auch nur sagen, dass ich persönlich nie Glück mit einer Distanzbeziehung hatte, und dass ich niemanden kenne, bei dem es funktioniert hat. Aber das heißt ja nicht, dass es unmöglich ist.“
„Natürlich ist es nicht unmöglich“, sagt Mae.
Sie
mag ich.
„Ich vertraue Jay total“, fährt sie fort. „Und er vertraut mir. Nur weil wir eine Weile getrennt sind, heißt das noch lange nicht, dass unsere Beziehung auf dem Spiel steht.“
„Aber ihr beide seid auch verlobt“, sagt Sonja. „Und wenigstens ist er kein Schauspieler – oh, Tracey, tut mir Leid, jetzt habe ich es schon wieder getan. Ich meinte
Weitere Kostenlose Bücher