Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
Vom Netzwerk:
über dem Wasser ist. So aber«, er zeigte auf die pfanduntaugliche Hoffnung, »so aber legt sie sich auf die Seite und Wasser läuft rein .«
    Timis Flasche am Haken, setzte sich Alex an die Brunnenkante. Kasi und Timi lagen auf dem Bauch und beobachteten jede von Alex’ Bewegungen. Die Flasche verschwand und Kasi leuchtete ihr hinterher. Keiner sagte ein Wort, alle warteten auf das entscheidende Geräusch aus der Tiefe, vorausgesetzt, das Seil reichte. Und es reichte. Als Alex ein ganz schwaches Klatschen vernahm, lagen hinter ihm noch gut drei oder vier Meter von Rufus’ Seil.
    » Jetzt ist sie unten«, sagte Kasi.
    » Hat sich so angehört«, antwortete Alex. Er zählte bis zwanzig – jetzt sollte die Flasche voll sein.
    Neben Alex wuchs der Seilberg und mit jedem über die Kante gezogenen Zentimeter ging es leichter. Am Schluss bezweifelte Alex schon, dass überhaupt noch etwas am anderen Ende hing, aber dann hielt er plötzlich das letzte Stück Seil in der Hand, es fühlte sich feucht und kalt an! Er sah seine Schnur, von dieser Schnur tropfte es und an ihrem Ende hing Timis Flasche. Und in der Flasche – Wasser!
    » Wir haben es geschafft!«
    Kasimir und Timi sprangen auf. Das Gefäß in beiden Händen, rutschte Alex vom Brunnenrand zurück. Drei Augenpaare strahlten um die Wette, gierten nach der Flüssigkeit, die das Zittern von Alex’ Händen aufnahm und ebenfalls zitterte, als wäre sie ebenso aufgeregt wie die Kinder.
    » Ist es kalt?«, fragte Timi. Alex nickte. Er roch an der Flasche, wollte schon kosten, da hielt er sie plötzlich Kasi hin.
    » Da, nimm du den ersten Schluck.« Kasi zögerte. Er dachte an Rufus, der nie wieder etwas trinken sollte und an Max und an dieses Gefängnis und …
    » Los jetzt«, sagte Alex und wedelte mit beiden Händen, »wir haben auch Durst!«
    Kasimir nahm die Flasche und setzte sie an den Mund. Als könnte das Wasser vergiftet sein, benetzte er zuerst nur seine Lippen, nahm dann einen ersten, winzigen Schluck, der nicht einmal seine Kehle erreichte, sondern auf dem Weg dahin einfach so verschwand. Erst der dritte Schluck rann dann in seinen Körper. Niemals zuvor hatte er etwas Köstlicheres getrunken. Wasser.
    Er gab die Flasche an Timi weiter, der sie wie ein Heiligtum in den Händen hielt und anstarrte.
    » Was ist«, fragte Alex, »willst du nicht trinken?«
    Timi schluckte und sah abwechselnd zu Alex und dem Schatz in seinen Händen. »Doch«, sagte er schließlich und nickte, »aber wir dürfen das nicht trinken.«
    » Wie?«
    » Mama hat gesagt, dass ich krank werden kann, wenn ich draußen Wasser trinke. Da ist Pesti …, Pes … Da ist eben Pest drin.«
    » Pestizide!« Kasi lachte.
    In der Tat hatte Timi, den Warnungen seiner Mutter folgend, immer nur das getrunken, was diese ihm erlaubt hatte. Die allermeisten dieser erlaubten Getränke kamen aus Flaschen, normales Wasser höchstens aus dem Wasserhahn. Niemals zuvor hatte Timi seine Hände in einen Bach getaucht und Wasser geschöpft, niemals den Mund unter ein von einem Stein tropfendes Rinnsal gehalten.
    » Tja«, sagte Alex und streckte die Hand nach der Flasche aus, »dann musst du eben warten. In ein paar Stunden siehst du ja, ob Kasi und ich noch leben oder ob dein Pestwasser uns umgebracht hat.« Alex’ Finger berührten bereits die Flasche, als Timi sich wegdrehte, ansetzte und gar nicht wieder aufhören wollte. Er trank in großen, gierigen Schlucken das eisig kalte Wasser. Er hatte solchen Durst! Es würde schon nichts passieren! Vielleicht gab es die Pestdinger nur oben und hier unten war alles sauber? Timi wollte nicht vertrocknen und dann sterben, er wollte trinken und leben! Plötzlich aber setzte er ab, streckte Alex die Flasche hin, stürzte zur Wand und übergab sich. Und lächelte, als er sich wieder umdrehte.
    Auch Alex trank. Anschließend schüttete er sich ein wenig Wasser auf die Hand und verrieb es in Gesicht und Nacken. Jetzt besaßen sie also Wasser und damit auch wieder eine Zukunft. Timis Hand wanderte zu Jesus und umschloss diesen. Er hatte sie gerettet, daran bestand für den Achtjährigen kein Zweifel. Er hatte sie mit (hoffentlich sauberem) Wasser versorgt und als Nächstes würde er sie aus diesem Gefängnis führen. Ganz bestimmt.

24 Die urinierende Königin und ihr Sklave

    Max kauerte am Ausgang seines selbst gewählten Exils. Er lauschte, konnte aber die zu ihm dringenden Geräusche nicht einordnen. Da vorn, in dieser anderen Welt, da schien alles in bester

Weitere Kostenlose Bücher