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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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die Wiese hinterher.
    » Also, bis morgen früh, ja?«, rief Alex über die Schulter zurück und winkte.
    » Bis morgen.«
    Alex und sein Anhängsel verschwanden, Max aber bewegte sich keinen Schritt weiter, sondern betrachtete mit unverhohlenem Interesse die in seinen Augen viel zu vollen Zweige, Äste, die sich unter dem Gewicht des Obstes bogen und teilweise mit langen Stangen abgestützt werden mussten. Für die meisten Äpfel war es noch zu früh, allerdings aber eben nur für die meisten. Kasimir wusste genau, welche Früchte (reif und saftig und süß) nur darauf warteten, gepflückt und gegessen zu werden.
    » Soll ich hochklettern und ein paar nach unten werfen?«, fragte Timi. Zwar hasste er Obst in all seinen Variationen und da besonders Äpfel, Abenteuer aber liebte er umso mehr. Er sah zu seinem Bruder auf und hoffte mit jeder Faser seines Körpers, dass Max endlich einmal sein Okay gäbe. Aber wie zu erwarten war, schüttelte der nur den Kopf.
    » Noch nicht. Hast noch viel zu kurze Arme.«
    » Soll ich?« Max drehte sich um.
    Die Frage war Kasimir einfach so herausgerutscht, er wusste auch nicht, wo sie plötzlich her kam. Am liebsten hätte er sie sofort wieder verschluckt, aber dazu war es schon zu spät, Timi hatte ihn verstanden und – viel schlimmer – Max ebenfalls.
    » Du?«
    » War nur so eine Idee. Ist schon gut.« Kasimir trat aus dem Schatten des Baumes, wollte schnellstmöglich Richtung Dorf davon, aber Max hielt ihn zurück.
    » Hätte ich dir gar nicht zugetraut. Also los, zeig mal was du kannst.« Kasi drehte sich um.
    » Und wenn jemand kommt?« Wiese und alles, was darauf wuchs, gehörte dem alten Seiler, ein Junggeselle, der jedem aus dem Weg ging und den im Gegenzug keiner aus dem Dorf sonderlich mochte. Gesprochen hatte Kasi mit dem alten Mann bisher kein einziges Wort, im ganzen Leben nicht. Und, um ganz ehrlich zu sein, sehr viel Lust auf ein Gespräch mit dem alten Seiler verspürte er wirklich nicht. Aber das änderte nichts daran, dass es, selbst wenn die Äpfel nur dem alten Seiler gehörten, Diebstahl wäre.
    » Wer soll schon kommen, he? Klettre einfach rauf und wirf ein paar Äpfel runter, das merkt der Seiler nie und nimmer. Wir bleiben hier und passen auf.«
    » Und lesen die Äpfel auf und Max probiert, ob sie gut sind«, ergänzte Timi.
    » Ich weiß nicht«, sagte Kasi. Max verzog das Gesicht, als hätte er gerade in einen absolut unreifen Apfel gebissen.
    » Also doch bloß wieder Geschwätz, wie von einem Mädchen eben.« Max drehte sich um, packte seinen Bruder am Arm und zog ihn mit sich fort. »Hätten wir uns eigentlich denken können, dass der es nicht draufhat, was?« Timi nickte und warf einen sehnsüchtigen Blick auf den Baum, einen enttäuschten zu Kasimir.
    Er könnte dazugehören. Er könnte … Kasimir betrachtete den Baum, der riesig und wie zum Hinaufklettern gemacht in der Abendsonne stand und nach ihm rief. Frühe rotwangige Äpfel leuchteten wie Farbkleckse. Bis auf Max und Timi weit und breit niemand zu sehen, die Dächer des Dorfes noch hinter dem Hügel verborgen.
    » Wartet.« Etwas lauter: »Wartet, ich mach’s.«
    Wenige Sekunden später lehnte Max mit dem Rücken am Stamm, verschränkte die Hände vor seinem Körper und Kasi kletterte, ohne weiter über Recht oder Unrecht seines Tuns nachzudenken, die Räuberleiter hinauf, bekam den ersten Ast zu fassen und zog sich nach oben. Mit einer Leichtigkeit, die Kinder wie Max an ihm bewunderten, bewegte er sich und je höher er kam, desto mehr Spaß bereitete ihm die ganze Sache. Für einen zehnjährigen Jungen viel zu zierlich und zu leicht, kehrte sich beim Klettern der angebliche Makel in einen herrlichen Vorteil um. Kasi kletterte immer weiter und weiter, von Höhenangst keine Spur. Hier oben, wo der Wind anders wehte und die Luft anders roch, wo Vögel nur wenige Zentimeter vor der eigenen Nase aufflogen, hier oben fühlte er sich frei. Er zog sich von Ast zu Ast, immer weiter hinauf und hielt erst inne, als er oben aus dem Baum herausschauen konnte. Er schloss die Augen und atmete durch. Nein, er war kein Mädchen, ganz bestimmt nicht.
    » Und wo bleiben die Äpfel?«
    » Hier oben ist es herrlich«, rief er.
    » Äääpfel!«
    » Ja, ja.« Kasi kletterte zwei Äste zurück, suchte nach einem besonders roten und makellosen Exemplar. Er fand es und warf die Frucht nach unten.
    » Der ist gut«, hörte er kurz darauf Max schmatzen, »wirf noch ein paar runter, für morgen. Wir nehmen jedem

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