Apfeldiebe
zwei Äpfel mit, Alex wird sich freuen.«
Alex wird sich freuen!
Kasi pflückte Apfel für Apfel und ließ sie nach unten fallen, meist direkt in Max’ Hände. Ab und an plumpste einer ins Gras, Max legte diese zur Seite, für Rufus, zu dem Äpfel mit braunen Stellen deutlich besser passten als unversehrte. Max lächelte bei diesem Gedanken und nach und nach entstanden am Fuße des Baumes zwei Häufchen, ein größerer mit den gefangenen Äpfeln, ein kleiner für Rufus.
» Genug?«, fragte Kasi.
» Noch zwei«, lautete die Antwort.
Kasi rutschte auf seinem Ast ein Stück nach außen, streckte sich, um ein besonderes Prachtexemplar zu erreichen. Seine Fingerspitzen berührten gerade den Traum in Rot und Gelb und Grün, da gellte ein Schrei über die Wiese.
» He!« Kasi zuckte zusammen, hätte um ein Haar das Gleichgewicht verloren. »Was macht ihr auf meinem Baum, ihr Diebe, ihr?!«
» Der alte Seiler mit seinem Hund!«
Auf dem Bauch rutschte Kasi zurück. Unter sich konnte er Max und Timi beobachten, wie sie eine ganze Menge Äpfel in ihren Hemden verschwinden ließen und anschließend, ohne noch einmal einen Blick nach oben zu werfen, in unterschiedliche Richtungen davonliefen.
» He, wartet!«
» Wir sehen uns morgen«, rief Max über die Schulter zurück und winkte. »Du schaffst das schon, bist ja schließlich kein Mädchen, oder?« Kasi hörte Max lachen, aber Zeit, über diesen angeblichen Freund nachzudenken, blieb ihm nicht. Vor dem alten Seiler, vor allem aber vor dessen Hund, hatte jeder Angst. Das riesige Tier lebte die meiste Zeit hinter einem Zaun und kläffte jeden an, der dem Grundstück nach Hundemeinung zu nahekam, was einer Distanz von etwa zehn Metern entsprach. Kinder mieden den Gang direkt an Seilers Haus vorbei und hielten den von seinem Mischling vorgegebenen Sicherheitsabstand ein, was im Laufe der Jahre zu einem exakt zehn Meter entfernten Trampelpfadgeflecht um das Grundstück des Alten geführt hatte. Aber selbst diese zehn Meter waren dem Tier an schlechten Tagen nicht genug und es sprang gegen den Zaun, fletschte die Zähne und sein Geifer spritzte.
Kasi musste sich beeilen. Er rutschte zurück, seine Fußsohlen berührten bereits den Stamm. Er ließ sich ein, zwei Äste tiefer gleiten, wollte gerade zu einem Zweimetersprung ansetzen, als Seiler den Fuß des Baumes vor dem Kind erreichte.
» Rotzlöffel, elende«, schimpfte der Alte den bereits außer Sichtweite gelangten Brüdern nach. Sein Hund schnüffelte im Gras und Seiler selbst schob mit seinem Stock die für Rufus reservierten Äpfel auseinander. Kasi richtete sich auf und drückte sich so eng wie möglich an den Stamm. Wenn der alte Mann seine Augen auf dem Boden lässt … Ließ er aber nicht!
» Da ist ja noch so ein kleiner Apfeldieb! Da Hasso, dort oben.« Kasi hörte Seilers Stock gegen den Baum klopfen, er spürte es sogar. Immer wieder schlug der Alte gegen das Holz und plötzlich geiferte sein Hund los, als säße auf dem Baum kein Zehnjähriger, sondern die gesamte Hundekonkurrenz des Dorfes. Hasso sprang gegen den Stamm, kläffte nach oben.
» Komm runter! Sofort!«
Kasi sagte kein Wort. Nein, ich bin nicht hier und ich höre nichts und ich komme nicht runter. Ich bin doch nicht verrückt!
» Hast du nicht gehört?! Komm jetzt sofort runter!« Seilers Hund kläffte weiter und Seiler selbst lief um seinen Apfelbaum und versuchte, den Dieb zu identifizieren. Schließlich, als das Kind keinerlei Anstalten machte, dem Erwachsenen Folge zu leisten und sich einer gerechten Strafe (Seilers Griff um seinen Stock wurde fester) zu stellen, als dieses sogar noch ein Stück höher kletterte, änderte der Alte seine Taktik. »Gut, wenn du es so willst, dann hole ich eben die Polizei.« Seiler band Hasso an den Baum, schielte dabei aus den Augenwinkeln nach oben. Aber entweder beeindruckte diese Drohung den Dieb da oben nicht weiter oder die Angst des Jungen vor Seiler und dessen Hund wog schwerer. Wie dem auch war, Seiler sollte es egal sein. Er gab Hasso einen Klaps, drohte noch einmal nach oben und ging.
Kasi kletterte einen weiteren Ast höher, dann noch einen. Durch die Zweige hindurch konnte er den alten Mann Richtung Dorf laufen sehen. Er ging langsam und sah sich immer wieder nach dem Apfeldieb um. Wenn er in diesem Tempo weitermarschierte, überlegte der Junge, würde er in zehn Minuten in seinem Haus sein. Und damit am Telefon. Und er würde die Polizei rufen! Und …
Jetzt verschwand Seiler hinter dem
Weitere Kostenlose Bücher