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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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Hügel! Wenn doch wenigstens Max noch hier wäre! Der könnte das Tier unten ablenken!
    Kasi kletterte zurück und dabei einmal um den Stamm herum. Kasi wollte nicht ins Gefängnis, wollte auch nicht, dass Mama und Papa sich seinetwegen Sorgen machen mussten! Durfte man Zehnjährige schon einsperren? Und wenn ja, wie lange und wo? In normale Gefängnisse, zusammen mit anderen, mit erwachsenen Verbrechern? Wahrscheinlich eher nicht, davon hätte er schon gehört.
    Auf seinem Ast sitzend, den Kopf in die Hände gestützt, starrte Kasi nach unten. Warten. Warten auf Seiler und die Polizei. Und seine Eltern. Vor ihnen hatte er am meisten Angst, nein, nicht dass Schläge drohten, aber Mama würde dann wieder diesen Blick bekommen, den ganz traurigen …
    Wieso ist die Leine auf einmal kürzer?
    Kasi richtete sich auf, blickte zuerst rechts um den Stamm, dann links. Seilers Hund hatte bei seinen Sprüngen um den Stamm die Leine einmal um den Baum gewickelt. Das war die Lösung!
    Ohne weitere Gedanken an Seiler, Telefon und Polizei zu verschwenden, kletterte Kasi von einem Ast zum nächsten, immer links herum. Er kletterte langsam, damit Hasso auch genügend Zeit fand, das Ziel im Auge zu behalten und ihm zu folgen. Nach drei Umrundungen hing Hassos Kopf unmittelbar am Stamm, so nah, dass er sich nicht einmal mehr hinlegen konnte, dazu hätte er zuerst einmal in entgegengesetzter Richtung marschieren müssen. Kasi lächelte, sich seines Sieges über das Tier gewiss. Er setzte sich auf einen starken Ast und rutschte auf diesem so weit wie möglich nach außen. Hasso beobachtete ihn dabei, kläffte noch wütender, blieb aber notgedrungen mit dem geiferndem Maul nah am Stamm und musste von da aus mit ansehen, wie das Kind, auf das er doch aufpassen sollte, plötzlich an den Vorderpfoten vom Baum hing, kurz hin und her pendelte und zuletzt aus zwei Metern Höhe ins Gras fiel. Das Tier zerrte, kläffte, riss an der Leine, aber der alte Seiler kaufte nur wirklich gute Sachen. Wir sind zu arm, um uns billiges Zeug zu kaufen , hatte seine Mutter immer gesagt und an diesen Spruch hatte ihr Sohn sich bis ins hohe Alter gehalten. Leider. Denn Hassos Leine hielt und Kasi, das Mädchen, rannte über die Wiese, frei und unbestraft.

7 Leni

    » Gute Nacht, ihr zwei. Schlaft schön.«
    » Gute Nacht, Mama.«
    » Nacht.«
    Die Tür schloss sich und nahm den schmalen, aus dem Flur hereinfallenden Lichtkegel mit sich. Leni konzentrierte sich auf die winzigen Lichtpunkte, die ihre geblendeten Augen ihr vorgaukelten und wie jeden Abend fragte sie sich, wo das Licht eigentlich hinging zum Schlafen. Wenn man, wie Mama eben, eine Tür schließt und das Licht mitnimmt, wo ist es dann? Und wie sieht schlafendes Licht aus? Wahrscheinlich rot, vermutete die Kleine, denn rot leuchtete der Himmel, wenn das Licht am Morgen erwachte, rot auch, wenn die Sonne und damit das Licht verschwand. Es gab aber auch graue Tage mit grauem Licht, sogar grün konnte es manchmal leuchten oder weiß, aber Leni mochte die Vorstellung, dass schlafendes Licht in allen nur möglichen Rottönen schien, die Frage hieß nur: Wo?
    » Schläfst du schon?« Alex hatte bereits auf diese Frage gewartet, sie erklang jeden Abend, so sicher wie Fräulein Gerstners Geschrei in der großen Pause, wenn die Siebtklässler unter Alex’ Führung mal wieder einen Jüngeren kopfüber ans Klettergerüst auf dem Hof gebunden und ihm das Shirt über den Kopf gezogen hatten. »Schläfst du?«
    » Ja.« Pause, aber nur ganz kurz.
    » Wieso hörst du mich dann?«
    » Kann ich eben.«
    » Ich kann nichts hören, wenn ich schlafe. Ich bin dann – weg .« Leni drehte sich auf den Rücken, verschränkte die Arme unter dem Kopf und sah hinüber zum Fenster. Schade, dass Mama jeden Abend das Rollo herunterließ und extra noch die dunklen Vorhänge zuzog. Draußen leuchtete bestimmt noch der Himmel. Rot?
    » Nimmst du mich morgen mit?«
    » Mitnehmen? Wohin?« Alex wollte schlafen und das Anhängsel sollte endlich einmal den Mund halten.
    » Na, in die Höhle, die du gefunden hast.«
    Die Worte hingen noch im Kinderzimmer, da stand Alex schon am Bett seiner kleinen Schwester.
    » Was hast du eben gesagt?!«
    » Ich, ich …«
    » Was hast du vorhin mitbekommen? Hast du uns belauscht?« Alex’ Gesicht tauchte unmittelbar vor dem Lenis auf, Leni konnte Alex’ Atem spüren, ihn riechen. Er hatte sich die Zähne wieder nicht geputzt.
    » Ich hab nicht gelauscht.« Leni spürte diesen Kloß im Hals und

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