Apocalypsis 1 (DEU)
zwei Stunden eine komprimierte Datei über den verschlüsselten Kanal senden konnte. Und damit hätte er, der kleine Pawel aus Poznan, wirklich die Welt gerettet. Da konnte man sich in der Zwischenzeit auch mal um eine defekte Toilette kümmern.
Allerbester Dinge war Pawel gerade damit beschäftigt, die störrische Vakuumpumpe in der Schwerelosigkeit auszubauen – als die Havarie eintrat.
Der kleine Wettersatellit, der seine Umlaufbahn aus ungeklärter Ursache verlassen hatte und scheinbar steuerungslos durchs All trudelte, traf die Station ohne Vorwarnung. Der Satellit war nicht größer als eine Mülltonne, aber er rammte die Raumstation mit 25.000 Stundenkilometern. Er durchschlug die Segel der Solarpanels, die sich wie große Engelsflügel entlang der Station spreizten, zerfetzte die Auslegersegmente 2 bis 6 und riss das Columbusmodul ab. Von der Wucht des Treffers löste sich auch das Mannschaftsmodul, wo drei Besatzungsmitglieder schliefen. Die ganze Station kippte seitlich weg und begann, sich unaufhörlich zu drehen, was die Struktur der Station durch die enormen Fliehkräfte weiter belastete, bis weitere Module abrissen. Innerhalb weniger Sekunden verpuffte der gesamte Sauerstoff ins All und bildete durch die enthaltene Luftfeuchtigkeit eine schneeweiße Eiswolke um die zerstörte Station. Die überirdische Schönheit dieses Anblicks konnte Pawel nicht mehr bewundern. Ohne Raumanzug starb er sofort an einer schweren Form der Taucherkrankheit. Durch das Vakuum im All riss seine Lunge, und sämtliche im Blut gelösten Gase gingen wieder in den gasförmigen Zustand über. Sein gesamtes Blut begann schlagartig zu schäumen. Sämtliche Blutgefäße platzten auf einen Schlag. Der Tod trat sehr rasch ein. Durch die Embolie blähte sich das Gehirn auf und drückte den Hirnstamm in den Rückenmarkskanal. Gleichzeitig wurde Pawels Körper durch den rapiden Temperaturabfall schockgefroren. Nur wenige Sekunden nach dem Aufprall lebte kein einziges Besatzungsmitglied mehr. Die geborstene Station trudelte wie ein Geisterschiff im All, irgendwo über dem Indischen Ozean, und sackte auf ihrer Umlaufbahn nun langsam aber unaufhaltsam ab. In einigen Wochen würde sie in der Erdatmosphäre in tausend Teile zerbrechen und wie ein kurzer Meteoritenschauer verglühen.
Die Bordelektronik arbeitete noch volle drei Tage weiter. Der Rechner, dem Pawel die Daten zur Auswertung übergeben hatte, stellte pünktlich eine komprimierte Datei bereit, die jedoch niemand mehr zur Erde funken konnte. Nicht einmal der Erzengel Michael.
III
Courier Online, 1. Mai 2011
Papst Johannes Paul III. tritt zurück!
Autor: Peter Adam
R om. Bei einer kurzfristig angesetzten Pressekonferenz um 11 Uhr heute Vormittag verkündete Vatikansprecher Franco Russo, dass Papst Johannes Paul III. mit sofortiger Wirkung als Oberhaupt der katholischen Kirche zurückgetreten sei.
Diese äußert knapp gehaltene Mitteilung kommt völlig überraschend. Selbst der routinierte vatikanische Pressesprecher Russo rang sichtlich um Fassung und schien von der Entscheidung des Papstes erst kurz zuvor informiert worden zu sein.
Der Rücktritt eines der wichtigsten Religionsführers der Welt wird nicht nur die weltweit über eine Milliarde Katholiken zutiefst verunsichern. Er dürfte die gesamte Weltordnung erneut erschüttern – mit unabsehbaren globalen Folgen.
Über die Gründe für den unerwarteten Amtsverzicht kann derzeit nur spekuliert werden. Russo machte auch auf Nachfragen der versammelten Journalisten keine weiteren Angaben. Hinweise auf Amtsmüdigkeit oder gesundheitliche Probleme des Papstes gab es im Vorfeld keine. Aber Rom ist verliebt in Intrigen. Hinter vorgehaltener Hand wurde in letzter Zeit immer wieder über Anzeichen von »Geistiger Schwäche« des ansonsten robusten Papstes gemunkelt.
In der offiziellen Erklärung heißt es jedoch nur lapidar, Papst Johannes Paul III. habe seine Entscheidung aus »Persönlichen Gründen« getroffen, sie sei unwiderruflich. Der Papst werde keinerlei Stellungnahmen abgeben und stehe auch für Interviews nicht zu Verfügung. Der apostolischen Verfassung folgend sei Kardinalstaatssekretär Menendez, zweiter Mann in der Kirchenhierarchie, ebenfalls unmittelbar darauf zurückgetreten. Das Kardinalskollegium, das heißt die in Rom anwesenden Kardinäle, werde bereits in den nächsten Stunden zusammentreten. Der Päpstliche Kämmerer werde die Amtsgeschäfte des Papstes nun während der Sedisvakanz , also bis zur Wahl
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