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Apocalypsis 1 (DEU)

Apocalypsis 1 (DEU)

Titel: Apocalypsis 1 (DEU) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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aufzuschrauben. Er genoss es, sie bei dieser alltäglichen Tätigkeit zu beobachten. Die Frau, die ihn gerettet hatte. Die Frau, die ihm etwas verschwieg.
    »Laurenz’ geheime Wohnung in der Via Palermo wurde durchsucht«, erklärte Luigi unvermittelt und blieb vor Peter stehen. »Regelrecht verwüstet, völlig auf den Kopf gestellt. Der Mörder des Chauffeurs hat dort offenbar etwas gesucht.«
    »Was?«
    Don Luigi setzte sich wieder.
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass er es nicht gefunden hat.«
    »Aha. Und was macht sie da so sicher?«
    »Weil es sich nie in dieser Wohnung befunden hat, was auch immer es war.«
    Don Luigi schien Peters und Marias erstaunte Blicke wieder zu genießen und fuhr fort. »Nachdem Papst Johannes Paul II. gestorben war, wurde das Appartamento endlich renoviert. Die ganze Elektrik war noch auf dem Stand der Dreißiger Jahre, die Wasserleitungen verrottet, es tropfte durchs Dach und roch nach dem Dunst von vierundzwanzig Jahren schwerer polnischer Küche. Also nutzte man die Sedisvakanz für die längst überfälligen Arbeiten.«
    Don Luigi nahm einen Schluck Wasser.
    »Eines Tages wurde ich zur Baustelle gerufen. Ein Notfall. Einer der Arbeiter hatte offenbar einen Anfall von Besessenheit. Als ich auf die Baustelle kam, sah ich, dass es wirklich schlimm war. Der arme Teufel – er war noch sehr jung – schrie lästerlicher Flüche auf Aramäisch. Also in der Ursprache der Bibel, die dieser Junge aus den Vororten von Rom nie gehört haben konnte. Was war passiert?«
    Don Luigi wartete das Achselzucken gar nicht erst ab.
    »Ich konnte es nur aus dem erschließen, was er zwischendurch auf Italienisch stammelte. Er hatte während der Mittagspause alleine noch eine Wand für die neuen Leitungen schlitzen wollen. Und hat dabei offenbar aus Versehen einen Hohlraum in der Wand getroffen. Was danach passierte, bleibt rätselhaft.«
    »Was befand sich in dem Hohlraum?«, fragte Maria. Peter ahnte die Antwort bereits. Don Luigi hob bedauernd die Arme.
    »Das ist es ja! Man hat ihn nie gefunden! Ich habe mir die Stelle, wo der Mann gearbeitet hatte, genau angesehen. Ich sah die Schlitze in der Wand für die Leitungen, aber keinen Hohlraum. Auch in den anderen Räumen war nichts Derartiges zu finden. Ich zog später sogar die Bauzeichnungen aus dem 15. Jahrhundert zu Rate, aber auch dort war nirgendwo ein Hohlraum in der Wand verzeichnet. Blieb allerdings immer noch die Frage, was so plötzlich mit dem Bauarbeiter passiert war.«
    »Was haben Sie dann getan, Don Luigi?«, hakte Peter nach.
    »Ich habe natürlich sofort versucht, dem Mann zu helfen und den Dämon in ihm auszutreiben. Leider vergeblich. Er wurde in eine Klinik eingeliefert und starb dort am nächsten Tag an Herzversagen. Gott möge seiner armen Seele gnädig sein.«
    »Und nun denken Sie, dass Laurenz von diesem Hohlraum wusste und dort etwas versteckt hat, was mit seinem Rücktritt in Verbindung steht?«, rief Peter gereizt.
    Don Luigi zuckte mit den Achseln. »Es ist nur eine Vermutung. Selbst falls dieser Hohlraum wirklich existiert, wird es ohne deutlichen Hinweis fast unmöglich sein, ihn zu finden.«
    »Abgesehen davon, um wie viel unmöglicher es ist, unbemerkt in den Apostolischen Palast einzudringen, an den Schweizergarden vorbei in den dritten Stock hinaufzuschleichen und in die versiegelte und bewachte Papstwohnung einzudringen«, bemerkte Peter sarkastisch.
    Don Luigi zuckte gleichmütig mit den Achseln. »Oh, das würde ich so nicht sagen.«

XVIII
    10. Mai 2011, New York City
    F rank Babcock wollte ein besserer Mensch werden. Er wollte es wirklich. Er wollte stark sein, er wollte sein Leben ändern, dieses schäbige Leben voller Schmutz und Verzweiflung, er wollte seine Seele retten. Er wollte endlich aus dem Schatten seines Bruders Steve heraustreten, seines großen Bruders Steve, den sie auf und ab in der Lower East-Side fürchteten, und der ihm zu dem gemacht hatte, was er nun war. Er wollte es wirklich. Ein Leben lang dem großen Bruder hinterherzudackeln, ihn zu bewundern und stets zu tun, was Steve sagte, war genug. Aber Frank Babcock wusste selbst, dass er schwach war, so schwach, viel schwächer als Steve.
    Dass er es allein nicht schaffen würde.
    So hatte Frank zum Glauben zurückgefunden. Er hatte sich darauf besonnen, dass er immer noch katholisch war, und sich der heiligen Mutter Kirche überantwortet. Er besuchte jeden Tag die Messe, er beichtete Vater Hanson nach und nach einen Pfuhl von Sünden,

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