Apocalypsis 3.10 (DEU): Die Reinen Orte. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)
Anselmo hätte ich es ohnehin nie geschafft. Ich habe das gemacht, was ich immer mache, wenn ich nicht weiterkomme – einfach mal herumgespielt.«
Sie zog ein großes Poster mit einer Abbildung von Peters Tätowierung auf beiden Körperhälften aus der Papprolle.
Maria, ihre Mutter, Peter, Anselmo und Bar-Kleophas traten näher, um die Zeichnung betrachten zu können.
»Du, Maria, hast mich eigentlich darauf gebracht«, fuhr Yoko fort. »Aus der Analogie zur mittelalterlichen mappa mundi hast du geschlossen, dass die Amulette eine Art gigantischer Speicher sind, ein Welt…gedächtnis.« Yoko hustete wieder und deutete dann auf die Abbildung der Tätowierung. »Seht ihr dieses seltsame Gitternetz? Auf den Armen ist es am deutlichsten zu sehen. Es zieht sich über den ganzen Körper. Manchmal ist es durch andere Symbole verdeckt, aber es bildet sozusagen die Grundierung der gesamten Tätowierung. Ich habe es anfangs für das Gittermodell einer Kristallstruktur oder eines komplexen Moleküls gehalten. Dann wieder hat es mich an Nervenstränge und Ganglien erinnert. Aber vielleicht ist es viel konkreter gemeint.«
»Eine Karte«, sagte Maria.
Yoko nickte. »Ich habe diese Gitterstruktur von einer Spezialsoftware isolieren und zusammenfügen lassen. Die einzelnen Teile passen haargenau zusammen.« Sie zog einen weiteren Papierbogen aus der Rolle. Darauf war eine fächerförmige Abbildung der seltsamen Gitterstruktur zu sehen. Yoko zog eine letzte Folie heraus. Zu erkennen war eine schematische Weltkarte mit den Umrissen sämtlicher Kontinente und Ozeane. Sie legte die Folie über den Fächer mit dem Gitternetz.
»Die Projektion dieser Weltkarte ist winkeltreu. Ich musste mit der Größe der Abbildung etwas herumexperimentieren, bis der Effekt eintrat.«
»Welcher Effekt?«
Yoko legte jetzt das Medaillon mit dem Doppelkreis an den Scheitelpunkt des Gitternetzfächers. »Hoffen wir mal, dass es auch mit diesem Amulett klappt.«
Sie schaltete den Laserpointer ein und zielte mit dem blauen Punkt auf das Medaillon in der Mitte der Zeichnung. Augenblicklich reagierte das blaue Material. Es begann, von innen heraus zu leuchten. Maria hatte fast den Eindruck, es würde unter dem blauen Licht aufweichen. Dann sah sie, dass sich von dem Material ein bläulicher Lichthof um die Zeichnung herum ausbreitete und die Linien und Punkte entlangkroch, wie Farbe in die Linien hineinsickerte. Als erkenne das Medaillon die Zeichnung und taste sie ab.
»Es klappt.« Yoko wirkte erleichtert.
Einige Linien und Punkte traten im blauen Licht jetzt deutlicher hervor und bildeten eine neue Netzstruktur. Yoko schaltete den Laserpointer ab. Das blaue Leuchten wurde schwächer, glühte aber noch deutlich nach. Mit einem Filzstift pauste Yoko zügig die Linien und Punkte auf die Folie mit der Weltkarte ab. Als das Leuchten ganz erlosch, war sie fertig und hielt die Weltkarte hoch, sodass alle sie sehen konnten.
»Die Reinen Orte!«, flüsterte Maria.
»Die Positionen sind natürlich sehr grob«, sagte Yoko und hustete wieder. Anselmo rückte ängstlich von ihr ab.
»Mit Anselmos Hilfe, der einen Algorithmus programmiert hat«, fuhr Yoko fort, »konnte ich die Geokoordinaten aber annährungsweise bestimmen. Sämtliche Punkte, die auf Landflächen liegen, stimmen mit den Positionen alter Heiligtümer, Kultstätten oder Kathedralen überein. Magische Orte der Menschheit. Heilige Orte. Ich glaube, wenn wir die Tätowierung auf der Mumie von Nikolas Adam auf die gleiche Weise untersuchen, kommen noch ein paar Orte dazu.«
Maria konnte den Blick nicht von dieser Weltkarte abwenden. Die Punkte und Linien erinnerten sie an eine Karte mit ›Traumpfaden‹ der australischen Aborigines.
»Das ist fantastisch, Yoko!«, sagte sie beeindruckt. »Falls deine Vermutung stimmt, wären das also Orte, an denen Menschen Zuflucht vor der Infektion finden könnten?«
»Ich weiß es nicht«, gestand Yoko. »Es ist nur eine Vermutung.«
»Aber es sind zu wenig Orte«, wandte Anselmo ein. »Die gesamte Menschheit wird sich unmöglich an diesen Orten zusammenballen können.«
Maria richtete sich auf und sah ihn an. »Es sind Inseln der Hoffnung!«, sagte sie mit fester Stimme. »Und die Welt muss erfahren, dass es sie gibt.«
»Selbst, wenn sie dir glauben«, wandte Anselmo erneut ein. »Das wird eine unvorstellbare Massenpanik auslösen. Die Menschen werden sich schon auf dem Weg dorthin tottrampeln. Und wenn diese Orte erst überfüllt sind – und sie
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