Apocalypsis 3.10 (DEU): Die Reinen Orte. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)
Sie?«
»Ja, was denke ich, Nakashima … Was denke ich, wenn man mich unterbricht …«
Nakashima ignorierte die unverhohlene Warnung.
»Ich meine, halten wir uns an die Vereinbarung?«
»Warum sollten wir das nicht tun? Vertrauen gegen Vertrauen.«
»Ich gebe nur zu bedenken, Präsident, dass wir den Tesserakt nicht mehr verschließen können, wenn Peter Adam tot ist. Wir würden vollkommen die Kontrolle verlieren. Wir werden ihn brauchen. Aber er wird uns wohl kaum vertrauen, wenn wir Schwester Maria töten.«
»Wo sind die beiden jetzt gerade?«, zischte ihn Flamel an.
»In der Dormitio. Zusammen mit Dr. Tanaka, Pater Anselmo und Shimon Bar-Kleophas. Hanson ist irgendwo in der Nähe und berichtet Seth, wie wir uns verhalten. Jedes Zögern unsererseits wird Seth als Bruch der Vereinbarung auslegen.«
»Ich verstehe Sie nicht, Nakashima. Erst raten Sie mir zum Bruch der Vereinbarung, und dann warnen Sie mich davor?«
Nakashima atmete durch. »Es gäbe vielleicht noch einen dritten Weg. Aber dafür gibt es nur noch ein sehr kleines Zeitfenster. Sie müssen eine Entscheidung treffen, Präsident. Jetzt.«
»Was ist das für ein dritter Weg?«
»Wir müssen unsere Vereinbarung mit Seth erfüllen. Und zwar ehe Hanson selbst aktiv wird. Wir müssen Peter Adam und Schwester Maria töten. Das heißt, Seth muss überzeugt davon sein, dass wir sie getötet haben. Dazu müssen die beiden vollkommen von der Bildfläche verschwinden. So lange, bis die errechnete optimale weltweite Bevölkerungsdichte erreicht ist. Dann taucht Peter Adam wieder auf und verschließt – mit unserer Unterstützung – den Tesserakt. Leider sterben er und Schwester Maria dabei. Wir präsentieren die beiden als Retter der Menschheit, und errichten eine neue Weltordnung unter Ihrer Führung, Präsident. Danach kümmern wir uns um Seth.«
Flamel neigte ihm sein weniger schwerhöriges Ohr zu und schüttelte die ganze Zeit über mit dem Kopf. Die anderen Mitglieder der Konferenz hielten sich wie vereinbart zurück. Nakashima wusste, dass er sich im Augenblick auf sie verlassen konnte. Die Furcht, dass der Plan, auf den die Konferenz jahrhundertelang hingearbeitet hatte, in letzter Sekunde ausgerechnet an der Altersschwäche ihres Gründers scheitern könnte, beunruhigte sie alle.
»Das gefällt mir nicht, Nakashima«, murmelte Flamel und kratzte sich unter seiner Mütze. »Das gefällt mir überhaupt nicht.«
»Was gefällt Ihnen daran nicht?«
»Alles, Nakashima, einfach alles. Zu viele unbekannte Faktoren. Zu viele Fragezeichen. Zu viele Risiken.«
»Natürlich bleibt ein Risiko«, gab Nakashima unumwunden zu, »Aber uns gehen langsam die Optionen aus. Wir haben die Amulette, wir haben die Technologie, und können damit präzise …«
Flamel schlug unvermittelt mit der flachen Hand auf den Tisch. Die anderen Mitglieder der Konferenz zuckten zusammen. »Viel zu viele Risiken!«, rief er. »Sie gefährden den ganzen Plan! Was soll das werden, ein Putsch? Wir stehen kurz vor dem Ziel! Ich treffe immer noch die Entscheidungen!«
Niemand reagierte. Flamel beruhigte sich und wandte sich dann wieder dem Buch Dzyan zu. Aber ehe Nakashima den Mut fand, ihn erneut zu unterbrechen, zischte er: »Vereinbarungen, Nakashima, müssen eingehalten werden. Immer.«
»Jawohl, Präsident.«
Daumen lecken. Umblättern.
»Wie viel Zeit bleibt uns bis zum Tag Zero?«
»Wenn die Maya sich nicht verrechnet haben, noch siebzehn Monate. Das klingt viel, aber wir sollten nicht …«
»Das ist genug!«, schnitt Flamel ihm scharf das Wort ab, ohne ihn anzusehen. »Irgendwann, Nakashima, wenn alles vorbei ist, werde auch ich sterben. Falls Sie so lange leben, werden Sie Präsident sein. Aber bis dahin – treffe ich die Entscheidungen.«
»Ich wollte nicht respektlos sein, Präsident.«
Flamel sah ihn wieder an. In seinem trüben Blick lag etwas Uraltes, Mächtiges. Etwas, das alle körperliche Schwäche überdauerte. Nakashima verstand, dass er zu weit gegangen war. Die Zeit war einfach noch nicht reif.
Flamel wandte sich ab, als habe er das Interesse an Nakashima verloren, sank in sich zusammen und faltete die knochigen Hände vor der Brust, wie immer, wenn er über etwas nachbrütete. Mit seiner roten Mütze wirkte er wie ein erstarrtes giftiges Insekt, das man besser auf der Stelle erschlug. Nakashima überlegte, ob es nicht einfach genau das tun sollte. Ihn erschlagen. Hier und jetzt. Es war schließlich nur ein alter Mann, der beim Nachdenken
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