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Apocalyptica

Apocalyptica

Titel: Apocalyptica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Graute
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verführerische. Doch ist er nicht der redliche Weg, der gottgefällige, wie ihn uns der Herr, mein Vater, lehrt.
    Unser Volk muss sich erheben. Aus Not, Elend und Schmach müssen wir trotzig wiederauferstehen und denen, die uns unser Geburtsrecht nehmen wollen, voller Abscheu entgegenbrüllen: Wir wollen überleben!
    Unter diesen Umständen glaube ich, es vor meinem Gewissen und vor der Geschichte Europas verantworten zu können, nicht nur diesen Abtrünnigen und Heuchlern, sondern dem Widersacher höchstselbst den Fehdehandschuh hinzuwerfen und ihm den Krieg zu erklären.
    Engel! Templer! Geschwister im Glauben!
    In diesem Moment vollzieht sich ein Aufmarsch, der in Ausdehnung und Umfang der größte ist, den die Welt bisher gesehen hat. Der Widersacher hat mit seinen Legionen vor Cordova Stellung bezogen und fordert uns voller Hohn heraus. Boten wurden in die Welt entsandt, um unsere Geschwister zu sammeln und in Mont Salvage zu vereinen. Die Aufgabe dieser Front ist nicht der Schutz einzelner Länder, sondern die Sicherung Europas und damit die Rettung der Welt.
    Dies sind die letzten Tage der Angst. Die Apocalypse naht. Doch nicht unser Untergang droht, sondern unsere Wiedergeburt ruft.
    Ich habe mich deshalb entschlossen, das Schicksal und die Zukunft der Menschheit in die Hände der himmlischen Heerscharen zu legen.
    Templer! Damit tretet ihr in einen harten, verantwortungsschweren Kampf ein. Seht das leuchtende Beispiel der Engel. Zeigt dem Bösen eure Unbeugsamkeit. Verzagt nicht im Angesicht des drohenden Endes. Das Schicksal der Welt, die Zukunft Europas, das Dasein unseres Volkes liegen nunmehr auch in eurer Hand.
    Deus vult! Der Herr ist auf unserer Seite!
    Für Gott und die Angelitische Kirche!“
    Wie ein fernes Donnergrollen oder das Anbranden einer mächtigen Woge durchzog Jubelgeschrei die Reihen der Zuhörer und schwang sich in bisher unerreichte Höhen. Doch die Machthaber der Angelitischen Kirche hatten an diesem denkwürdigen Tag nichts dem Zufall überlassen. Wie schlafende Titanen einer längst vergangenen Zeit erhoben sich über den Dächern der Stadt mit lautem Dröhnen fünf gigantische rechteckige Objekte und donnerten über die Köpfe der Massen hinweg. Die längst vergessenen schwebenden Plattformen des Chors der Sarieliten, Vermächtnisse aus einer Zeit, die im Dunkeln lag, die nur auf diesen Tag gewartet zu haben schienen, versetzten selbst den letzten Zweifler an der Allmacht der Angelitischen Kirche und ihres Herrn in atemloses Erstaunen. Dicht gedrängt auf den etwa hundert Meter langen schwebenden Schilden hatten sich Sarieliten versammelt. Wie Feuervögel der Asche entstiegen, waren die flügellosen Engel nach Jahrzehnten scheinbarer Nutzlosigkeit ihrer wahren Bestimmung zugeführt worden. Hoch oben am Himmel stimmten sie eine Hymne zu Ehren der Engel und ihrer Erzengel an. Die Stimmen des Chors trugen so weit, dass der donnernde Applaus der versammelten Menge hinweggefegt wurde wie ein Blatt im Wind.
    Johannes zu Gemmingen legte eine Hand auf die Schulter des Pontifex und tätschelte sie leicht, dann sagte er: „Dies ist ein großer, denkwürdiger Tag für uns alle, meine Freunde.“ Dabei hielt er den Blick starr auf das Geschehen unter ihnen gerichtet, so als spräche er viel mehr zu sich selbst als zu den Umstehenden.

    Nachdem ein Großteil der Feierlichkeiten zum Auszug der angelitischen Armee aus Roma Æterna abgeschlossen war, machte sich zu Gemmingen zum wiederholten – er hatte aufgehört zu zählen – Male auf den Weg in die unterirdischen Gewölbe unterhalb des Laterans, um sich erneuern zu lassen. Viel zu lange hatte er sich diesem Ritual nicht unterzogen, und gerade jetzt, in diesen schweren Zeiten, benötigte er die jugendliche Kraft und Energie, die ihm der Prozess verlieh, mehr denn je.
    Doch spürte er nichts von der Vorfreude, die sich seiner in früheren Zeiten bemächtigt hatte, wenn er diesen Weg zurücklegte. Überhaupt waren in den vergangenen Monaten seine eigenen Bedürfnisse beinahe untergegangen. Er hatte sich dem Druck, den sein Amt mit sich brachte, unterworfen und war zum Schatten seiner selbst geworden, wie er bemängeln musste. Er hatte ungeliebte Entscheidungen treffen müssen, darunter das Schicksal Midaels, des Engels ohne Flügel. Es hatte schon einmal einen Engel ohne Flügel gegeben, der ihnen Probleme bereitet hatte. Damals waren die Dinge allerdings deutlich einfacher gewesen. Damals war es ein Raguelit gewesen, soviel konnte zu

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