Apocalyptica
stimmte, hätte die Traumsaat die Menschheit ohne die Engel bereits unterjocht oder vollständig ausgemerzt. Konnte es sein, dass die Absichten der Kirche doch nicht ausschließlich aus Habgier und Machtbesessenheit erwuchsen? Hatte sich alles erst zum Schlechten gewandt, als man bemerkte, über welche Macht man mit den Engeln an seiner Seite verfügte? Waren die Gründerväter zu Anbeginn der Angelitischen Kirche von hehren Idealen und dem Willen zu überleben getrieben gewesen? Wenn ja, war es dann richtig gewesen, was sie getan hatten? Oder dennoch falsch? Sollte nicht jeder über sein eigenes Schicksal entscheiden dürfen? Hätte er sich wirklich gegen den Dienst als Engel entschieden, wenn er die Wahl gehabt hätte, und war der gesamte Überbau von Religion und Glaube überhaupt notwendig, wenn es doch in Wahrheit nichts gab, an das man glauben konnte?
Ein Kreischen und Kratzen von Metall auf Metall riss Midael aus seinen Überlegungen. Jemand machte sich an der Zellentür zu schaffen. Reglos beobachtete der ehemalige Engel, wie das stählerne Gitter sich erst einen Spalt breit öffnete und dann leise quietschend aufgezogen wurde.
Im Türrahmen stand eine Gestalt, die Midael kannte, aber mit Sicherheit nicht erwartet hatte.
„Nun kommt schon, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“
Kapitel 6
16.April 2037
Größtes Bauprojekt aller Zeiten geht in die finale Planungsphase
Das größte Bauunternehmen der Geschichte nimmt Formen an: Die Samsung E&C Bilfinger AG will laut „Süddeutsche Online“ in den kommenden Monaten mit den Arbeiten in Spanien und Italien beginnen. Vorher muss noch der Chefposten besetzt werden.
Nürnberg – Die Operation Atlas kommt voran. In wenigen Wochen soll das größte Bauprojekt der Geschichte Formen annehmen. „Wir werden im Mai, spätestens im Juni mit Gründung der Samsung E&C Bilfinger AG an den Start gehen“, sagte René Bodner, Chef der Division Better Worlds des chinesischen Megakonzerns CSCEC der „Süddeutsche Online“. Die Entwürfe seien weit fortgeschritten. „Wir kümmern uns um die Details.“ In wöchentlichen Treffen würden die Mitglieder der Initiative derzeit an einer Geschäftsordnung und dem Gesellschaftervertrag arbeiten.
Als brisanteste Entscheidung gilt in Kreisen des Konsortiums die Besetzung des Samsung E&C Bilfinger AG-Chefpostens. Nach Informationen der Zeitung ist der koreanische Ex-Minister für Inneres, Hen Sei-Pak, Wunschkandidat mehrerer Mitglieder. Derzeit werde über Besetzung und Zuschnitt der Führungsposten gesprochen, sagte Bodner, ohne Namen zu nennen. In den kommenden gut zwei Monaten wolle das Konsortium aber alle wichtigen Entscheidungen treffen. „Es geht voran“, sagte Bodner.
„Die zunächst sieben Wolkenkratzer in Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Griechenland, Tschechien und Norwegen stellen das größte europäische Gemeinschaftsbauprojekt der Geschichte dar und können bei Fertigstellung durchaus als achtes Weltwunder angesehen werden“, so Bodner. Jeder der sieben Wolkenkratzer wird eine Höhe von 1500 Metern haben und somit das derzeitig höchste Bauwerk, das Supercity One in Japan, um 214 Meter überragen. [hs]
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F lucht war eine unausgesprochene Vereinbarung zwischen dem ungleichen Paar.
Wie auf Kommando hatte das ungleichmäßige Knattern der Fahrzeuge sowohl Naphal als auch den Engel herumfahren und im selben Augenblick den Entschluss fassen lassen, dass sie keinen Wert auf ein Zusammentreffen mit den Häschern aus Cordova legten. Der Junge rannte als erster los. Seine kleinen Beine kamen im Sand nur mühsam voran, und sein Arm schmerzte nach wie vor, obwohl der Fremdkörper endlich entfernt worden war. Der Engel in der stählernen Rüstung verharrte noch eine Weile, um zu beobachten, wie die Wachen aus Cordova weiter vorgehen würden. Ihm drohte keine Gefahr, da er sich einfach in die Lüfte emporschwingen und sich so ihrem Zugriff entziehen konnte. Dennoch legte er keinen Wert auf eine Begegnung. Er erkannte die Waffen in den Händen der Verfolger und wusste um die zerstörerische Kraft, die sie besaßen, auch – oder vielleicht gerade – auf große Distanz. Schließlich drehte er sich zu Naphal um und erkannte, dass dessen Flucht aussichtslos war. Der Junge war zu geschwächt und wenig ausdauernd, um diese Herausforderung zu bestehen. Dennoch kam es nicht in Frage, ihn zurück nach Cordova zu bringen. Entschlossen breitete der Engel seine mächtigen Schwingen aus und erhob sich mit einem
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