Apocalyptica
verübeln? „Die Angelegenheit ist überaus dringlich, wir mussten unser gesamtes Heer mitbringen, weil wir keine Zeit hatten, ihnen vorher noch Befehle zu erteilen, was sie in Abwesenheit der Em hätten tun sollen.“ In Equesters Rücken wurde verhaltenes Gelächter laut, und der Kustos musste einen strafenden Blick seiner Herrin hinnehmen, doch hatte er sich diesen bissigen Kommentar nicht verkneifen können. Langsam begann ihn diese Art der Unterhaltung zu langweilen.
Auf der anderen Seite des Tibers hatte man hingegen augenscheinlich wenig Sinn für Humor. „Hochehrwürdige Em, ihr solltet Eure Kettenhunde im Zaum halten. Es ist nicht die Zeit für Heiterkeit. Wir befinden uns im Krieg, und weder Seine Heiligkeit noch sein Beraterstab haben in diesen Tagen etwas für derben Humor übrig.“
Mit einer herrischen Geste schnitt Em Susat Equester von Tübingen das Wort ab, der gerade zu einer Antwort ansetzen wollte. Dann wandte sie ihren Rappen dem Sprecher zu, um ihm Auge in Auge gegenüberzustehen. „Magister-Armatura!“ Ihre Stimme klang rau und scharf. „Ich befehle dir, sofort die Brücke freizugeben und mich zu deinen Herren zu bringen. Oder ich schwöre, ich werde im Namen des Erzengels Gabriel meine Engel über deine Templer kommen lassen und die ganze Insel in Schutt und Asche legen.“
Wie als stumme Antwort auf die Forderung der Em wurden an vielen Stellen hoch oben über ihren Köpfen Flammenschwerter entfacht. Die Engel warteten nur auf einen Wink der obersten Gabrielitin, um ihren Worten Taten folgen zu lassen.
Wieder geschah lange nichts, doch die Gabrieliten konnten erkennen, dass es auf der gegenüberliegenden Seite geschäftiges Treiben gab. Bald darauf kam die Brücke unter gewaltigem Stöhnen und Ächzen in Bewegung, als ihre gewaltigen Segmente sich in Richtung Uferpromenade schoben.
Kapitel 9
1.Juni 2035
DaiisSen Industries (DSNHI) stellt Supersoldat vor – Eindrücke, die buchstäblich unter die Haut gehen
Unspektakulär, aber revolutionär: Bei der diesjährigen Leistungsschau der Biotechnik-Unternehmen in Tokio sorgt DaiisSen Industries für Gänsehautstimmung.
Tokio - Modernes High-Tech-Kriegsgerät wie lichtbrechende Textilien, Galileo-gesteuerte Laserzieloptik und Exoskelette gehören bald der Vergangenheit an, wenn es nach Hitori Sanders, Sprecher von DaiisSen Industries, dem japanischen und weltweit führenden Biotechnik-Unternehmen und Zulieferer der UEF, geht. Nanoviren bestimmen in Zukunft, was der Soldat von heute benötigt, um sich jeder Situation bestmöglich anzupassen. Egal, ob der Soldat der Zukunft Unterwasser-Operationen durchführen oder schweres Gerät tragen muss, die Miniroboter erkennen sofort seine Bedürfnisse und unterstützen den Körper mit natürlichen Ressourcen bei seiner Aufgabe. „Natürlich befinden wir uns noch in der Erprobungsphase, und der Weg ist noch weit, bis man von einer breitgefächerten Nutzung sprechen kann, doch die Ergebnisse zahlreichender Tests seien richtungsweisend und eindeutig“, bekundete Prof. Dr. Dr. Hitomi Watanabe, Leiter des Anjo-Projekts bei DaiisSen Industries. [al]
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M idael fühlte sich benommen , als habe man ihn unter eine riesige Glaskuppel gelegt, in der alle Sinneseindrücke nur gedämpft zu ihm vordringen konnten. Er wusste nicht, wo er war oder wie viel Zeit vergangen war, seit er sich in die angsteinflößende Maschine hatte einspannen lassen, die ihn wieder zum Engel machen sollte. Der Samaelit spürte seinen Körper kaum. Es war wie eine flüchtige Bekanntschaft. Man erinnerte sich aneinander, wenn man sich nach vielen Jahren wiedersah, aber man konnte sich nicht an den Namen seines Gegenübers erinnern. Haakon von Melhus hatte gesagt, es werde nicht einfach werden. Sein Körper könne den Strapazen der Operation erliegen. Er hatte geantwortet, er sei ein Engel und sein Körper stärker als der jedes anderen Wesens. Der alte Ab hatte ihn angelächelt und nichts erwidert, in seinen Gedanken jedoch hatte Midael eine Ahnung dessen aufgeschnappt, was Haakon eigentlich hatte sagen wollen, und dieser Gedanke hatte den Samaeliten zutiefst erschreckt.
Jetzt bekam der Engel eine vage Vorstellung dessen, was Haakon gemeint haben mochte. Midael war nicht mehr Herr seines Körpers, und das Gefühl der Benommenheit rührte sicherlich von den zahlreichen Mitteln her, die man ihm verabreicht hatte, um die Schmerzen, die sicherlich bald folgen würden, einigermaßen in Schach zu halten. Unter unendlicher
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