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Apocalyptica

Apocalyptica

Titel: Apocalyptica Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Graute
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Kraftanstrengung drehte Midael den Kopf zur Seite, um einen Eindruck davon zu bekommen, wo er sich befand. Schweiß rann sein Gesicht herab, als es ihm endlich gelungen war. Er konnte es nicht wirklich spüren, aber das Brennen in seinen Augen, als die Flüssigkeit hineingeriet, war Indiz genug. Er lächelte innerlich. Immerhin konnte er das noch spüren.
    Er war nicht allein. Der Raum, der Saal, in dem er sich befand, war voller Menschen. Midael konnte sogar zwei der bizarren Maschinenkreaturen ausmachen, die er bei seinem ersten Besuch in der Arx für Traumsaatdämonen gehalten und die eine der Beginen als Mantis bezeichnet hatte. Auch jetzt, im Licht betrachtet, sahen sie nicht weniger beunruhigend aus als früher. Ein Köpfchen mit kuppelartigen Facettenaugen thronte auf einem langgestreckten Leib, der von acht spindeldürren Gliedmaßen gehalten wurde. Bei jeder Bewegung surrten und schnurrten die bizarren Kreaturen. Es missfiel dem Engel, dass sie in der Nähe gewesen waren, während er hilflos und ohne Bewusstsein in eine Maschine eingespannt dagelegen hatte. Sein Freund Haakon von Melhus diskutierte außer Hörweite des Engels mit drei anderen Personen, die Midael schon einmal flüchtig gesehen hatte. Es handelte sich um zwei Männer und eine Frau, die alle zu Haakons engerem Beraterstab gehörten. Die Frau hieß Svantje und war die erste Raguelitin, die er bei seinem ersten Besuch in der Arx kennengelernt hatte. Er hatte bei ihr keinen guten Eindruck hinterlassen. Daran war besagte Mantis-Kreatur schuld. Midael war sich nicht sicher, ob sie das Ding wieder hatten in Stand setzen können, nachdem er mit ihm fertig gewesen war und ob eines der Wesen jetzt gerade im Raum war und düstere Rachepläne schmiedete. Sie sahen alle gleich aus.
    „Er ist wach.“ Die Stimme kam von irgendwoher, und Midael glaubte, dass auch sie einer Frau gehörte. Sofort unterbrachen Haakon und die drei anderen ihre Unterhaltung und wandten sich dem Engel zu.
    Jemand hielt einen länglichen Stab vor seine Augen. Ein greller Lichtstrahl ließ den Engel zurückzucken und die Lider zusammenkneifen. „Alles bestens.“
    Midael wollte eine Frage stellen, doch seine Zunge versagte ihm den Dienst. Ein blubberndes Lallen war das Einzige, das er zustande brachte.
    „Ruh dich aus, mein Freund.“ Das Gesicht des alten Abs war dicht vor seinem. „Es hat besser funktioniert, als wir dachten. Dein Körper zeigt keinerlei Abstoßungsreaktionen. Ich habe zwar keine Ahnung, wie lange es dauern wird, bis du wieder fliegen kannst, aber laufen wirst du sicher schon in ein paar Tagen wieder können.“ Er lächelte väterlich.
    Midael versuchte, das Lächeln seines Gegenübers zu erwidern und fand, er habe seine Sache ganz gut gemacht. Dann wanderte sein Blick über die Schulter, auf das, was er so lange hatte missen müssen und das ihn jetzt wieder komplettieren sollte. Die Schwinge hatte keinerlei Ähnlichkeit mit seinen alten Flügeln. Das Gefieder hatte die Farbe von Asche, und der mächtige Schwungarm war überzogen von kleinen, metallenen Objekten, die ihre Wurzeln wie kleine Gewächse tief in das Fleisch der Schwinge gruben. Midael hatte befürchtet, dass er nie wieder in vollem Glanz erstrahlen würde, aber dass er zu einer solchen Abscheulichkeit geraten würde, hatte er nicht erwartet. Das wenige, was er von seinen neuen Flügeln sehen konnte, wirkte, als sei er eine unheilige Allianz mit der verbotenen Technologie eingegangen. Als sei er das Produkt eines Schrottbarons. Midael erinnerte sich, dass der raguelitische Engel Thariel damals bei ihrem Treffen ganz ähnliche Verunstaltungen seines ansonsten makellosen Körpers aufgewiesen hatte. Er hoffte inständig, dass er seine Entscheidung nicht doch noch teuer würde bezahlen müssen.

    Rodez war eine sehr alte Stadt. Offenbar war sie bereits vor der zweiten Flut alt gewesen und entsprechend heruntergekommen. Viele der Gebäude mit Ausnahme der klotzigen Kirche im Zentrum, die den gesamten Innenstadtkern dominierte, wirkten zerbrechlich und vom Verfall bedroht. Die viereckigen Türme erinnerten an die Trutzkirchen der Gabrieliten, doch die filigrane Buntglasrosette über dem Portal brach den Eindruck auf und verlieh der Konstruktion letztlich doch etwas Leichtes und Verspieltes.
    Schawâ klagte bereits seit Stunden über ihre müden Füße und die Blasen, die sie sich gelaufen hatte. Einer der Engel hatte sich ein Herz gefasst und die Kleine auf die Schultern genommen. Lâle hatte zuerst

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