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Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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kleine Roboter zu steuern und natürlich nachbarschaftliche Speichernetzwerke zu bilden. Ihre trüben Kristallkugeln enthüllten also mehr geistreiche Visionen als die der Halbleiterhersteller. Die meisten Marketingprofis dieser Firmen dachten nämlich, Mikrocomputer würden benutzt werden, um Maschinen wie Motoren, Aufzüge und Haushaltsgeräte zu steuern.
    Um den ersten Homebrew-Newsletter zusammenzustellen, musste Fred Moore auf den unerbittlichen Feind zurückgreifen: Er tippte die zwei Seiten mitten in der Nacht im Whole Earth Truck Store nämlich auf einer IBM-Schreibmaschine. Sie enthielten eine Zusammenfassung der ersten Versammlung, die nach Moores Überzeugung einen „spontanen Geist des Teilens“ offenbart hatte. Außerdem führte Moore die Adressen und Interessen der ersten Clubmitglieder auf. Der Newsletter verriet, dass Stephen Wozniak Folgendes mochte: „Videospiele, kostenpflichtige Spielfilme im Hotel, wissenschaftliche Taschenrechner konstruieren, Fernsehterminals konstruieren“.
    Ob es nun an Moores Newsletter lag, am Erscheinen des Altair oder an den riesigen Fortschritten des Halbleiterdesigns – der Homebrew Club wuchs wie ein Kettenbrief oder ein Schneeballsystem. Innerhalb von acht Monaten war die Mitgliederzahl auf rund 300 gestiegen und für eine Weile waren die Homebrew-Mitglieder gewissermaßen fahrendes Volk, das seine zweiwöchentlichen Versammlungen in Klassenzimmern oder im Artificial Intelligence Laboratory von Stanford abhielt.
    Der Club wuchs und zog alle möglichen Leute aus allen Städten auf der Halbinsel an. Die meisten waren Bastler wie Wozniak und der Telefon-Phreak John Draper. Manche, wie zum Beispiel Adam Osborne, ein großer, dunkelhaariger Mann mit britischem Akzent, hatten geschäftliche Gründe, mitzumachen: Osborne zog ein Buch über Mikrocomputer, das er geschrieben hatte, aus einem Karton und verkaufte es den Clubmitgliedern. Andere kamen von den Elektronikunternehmen, vom Stanford Research Institute, vom Stanford Artificial Intelligence Laboratory und von der Free University of Palo Alto – einer Institution, die Kurse in Astrologie, Zen und Gewaltlosigkeit anbot. Trotzdem betrachteten die meisten Mitarbeiter der nahe gelegenen Universitäten und Colleges sowie die meisten Ingenieure in den Halbleiter- und Elektronikfirmen Mikrocomputer als Spielzeuge. Der Homebrew Club übte eher Anziehungskraft auf diejenigen aus, die einen schmalen Geldbeutel und einen Hang zum Praktischen und nicht zum Theoretischen hatten, was Mitglieder wie Allen Baum enttäuschte. „Ich langweilte mich da ziemlich schnell.“
    Als klar wurde, dass die Anzahl der Teilnehmer stetig anschwellen würde, wurden die Versammlungen des Homebrew Club in einem großen Hörsaal mit steilen Sitzreihen im Stanford Linear Accelerator Center abgehalten. Zwar schlugen einige Mitglieder vor, der Club solle „Eight-Bit Byte Rangers“, „Midget Brains“ oder „Steam Beer Computer Group“ heißen, doch der Name „Homebrew“ hielt sich. Der Ton der Versammlungen war stark durch den ersten Abend in Gordon Frenchs Garage geprägt. Es gab kein Quorum, keine formellen Mitgliedsbeiträge und kein Ringen um die Wahl von Vorstandsmitgliedern. Der Homebrew Club entwickelte seine eigenen Rituale und wurde ähnlich wie ein Basar zur Drehscheibe für Vorführungen, Tauschgeschäfte und Gerüchte. Die Versammlungen wurden in „Random Access“-Zeiten und „Mapping“-Zeiten aufgeteilt, in denen Menschen mit gemeinsamen Interessen zusammenkommen konnten.
    Die 14-tägigen Versammlungen lieferten Anreize, Fristen, Kritik und Dorfbrunnenklatsch. Für Wozniak „waren die Homebrew-Versammlungen die wichtigste Sache in meinem Leben“.

    Neue Bauteile zu Schnäppchenpreisen tauchten auch im Homebrew Club auf. Die Stanford University, die ängstlich um die Wahrung ihres Rufs bemüht war, verbot jeglichen Handel auf dem Campus, aber das führte dazu, dass sich Mitglieder wie Marty Spergel andere Orte suchten. Spergel wurde zur bekanntesten Verkaufsdrehscheibe und fuhr immer mit einem Auto herum, dessen Kofferraum mit Elektronikteilen vollgestopft war. Er hatte einen breiten Brooklyn-Akzent, trug Dreiteiler, hatte ein heiseres Lachen und stechende Augen und wohnte auf einem Wohnmobilparkplatz in Sunnyvale. Sein Geld verdiente er damit, dass er Mikrocomputer-Bausätze auf Basis des Intel 8008 zusammenbaute. Er bewegte sich in einer Grauzone, in der ein im Dauereinsatz befindliches Telefon Kontakte zu Vertrieben,

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